Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Brand in Altenheim: 79 Senioren gerettet

Im St.-christopho­rus-altenheim in Friedrichs­feld hat es in der Nacht gebrannt. Alle 79 Bewohner konnten unverletzt in Sicherheit gebracht werden. Ihnen schlug sogleich eine Welle der Hilfsberei­tschaft entgegen.

- VON SINA ZEHRFELD

Im St.-christopho­rus-altenheim in Friedrichs­feld hat es in der Nacht gebrannt. Alle 79 Bewohner wurden unverletzt in Sicherheit gebracht.

VOERDEGEGE­N 3.45 Uhr in der Nacht zu Donnerstag brach das Feuer im St.-christopho­rus-seniorenhe­im an der Wilhelmstr­aße in Friedrichs­feld aus. Der erste Alarm wurde automatisc­h durch die Brandmelde­anlage ausgelöst. Kurz darauf gab es Notrufe, und Zeugen berichtete­n von Feuerschei­n und viel Qualm. Als die Feuerwehr ankam, schlugen Flammen aus dem Dachstuhl.

„Die ersten Einheiten haben sofort mit Evakuierun­gsmaßnahme­n in der zweiten Etage angefangen“, berichtet Frank Bosserhoff, Chef der Feuerwehr in Voerde. Alle 79 Senioren aus der Einrichtun­g wurden mit vereinten Kräften unverletzt ins Freie gebracht. Zeitgleich starteten die Löscharbei­ten, und als nächstes lief eine gewaltige Hilfsaktio­n an.

Die „Betreuungs­einheit“der Rettungskr­äfte des Kreises Wesel baute beheizbare Zelte auf dem Friedrichs­felder Marktplatz auf. Die Pflegebedü­rftigen wurden dorthin gebracht. Von Angehörige­n, die seit den frühen Morgenstun­den Zeugen des Geschehens wurden, gab es großes Lob für die Abläufe. „Um kurz nach sechs Uhr war ich schon da“, erzählt Anna Komajda. „Die haben die Leute ganz schnell runtergebr­acht, sie haben warme Decken bekommen, Essen und Kaffee, wurden getröstet. Als ich zu meiner Mutti kam, da waren schon Leute da und haben sich um sie gekümmert.“

Sie bewundere die Ruhe, die die Helfer dabei ausgestrah­lt hätten. Es habe wohl gewirkt: „Meine Mutter war ganz gelassen. Es war kein Stress zu sehen und keine Angst, obwohl sie auf der zweiten Etage war.“

Im Ortskern rollte noch vorm Morgengrau­en eine große Welle der Hilfsberei­tschaft und Unterstütz­ung an. So brachten Mitarbeite­rinnen der ansässigen Bäckereien Ernsting und Jöhren Brötchen und Kaffee, kümmerten sich um die Leute und öffneten ihnen auch die Tür, damit sie sich aufwärmen konnten.

Als Stefanie Wirtz, Leiterin der Filiale von Edeka Stepper, gegen fünf Uhr den Laden aufschloss, wurden gerade die großen Zelte vor der Tür aufgebaut. „Da sind wir direkt durch den Markt gelaufen und haben mal einen Schubwagen gepackt mit Obst, Getränken, Waffeln, die die alten Leute gut essen konnten – die wurden ja alle aus dem Bett geholt“, erzählt Wirtz. Müde und erschöpft hätten die Senioren gewirkt, eingewicke­lt in ihre Decken: „Das war nicht schön zu sehen.“In den folgenden Stunden sorgten die örtlichen Geschäfte auch für die Verpflegun­g der vielen Einsatzkrä­fte.

Später am Vormittag wurde das Gymnasium Voerde zur Sammelstel­le für die Menschen und zur Organisati­onszentral­e für ihre Verteilung auf neue Unterkünft­e, denn das Christopho­rus-heim ist vorerst unbewohnba­r. Bis zum Nachmittag wurden die Menschen von dort nach und nach mit Bussen oder Krankenwag­en in andere Häuser gefahren.

„Die Bewohner wurden in eigenen Häusern der Pro Homine sowie in anerkannte­n Pflegeeinr­ichtungen befreundet­er Träger in Voerde, Wesel, Dinslaken, Hamminkeln und Xanten untergebra­cht“, erklärte Gerd Heiming, Sprecher der Einrichtun­gs-trägergese­llschaft Pro Homine. Es habe auch dabei große Hilfsberei­tschaft und Solidaritä­t gegeben. Wann die Senioren wieder zurückkehr­en können, sei zurzeit nicht abzusehen.

Alle Angehörige­n, die tagsüber zum Gymnasium kamen, um nach ihren Verwandten zu sehen, wurden mit Schnelltes­ts auf Corona untersucht. So wie Patricia Matzerath aus Emmerich, die mit ihrem Ehemann herbeigeei­lt war, um ihre Mutter zu sehen. „Wir wissen, dass es ihr so weit gut geht. Es gibt keine Verletzung­en“, sagte sie. „Aber wir wollen auch wissen, wie es im Herzen aussieht.“Denn erschrecke­nd und dramatisch sei das Ganze für die alten Leute bestimmt.

Im Altenheim selbst nahm die Polizei die Ermittlung­en zur Brandursac­he auf. Klar ist nach dem ersten Eindruck der Feuerwehr, dass der Brand sich in einem „Technikber­eich“entwickelt hat. Wie es dazu kam, ist aber noch unbekannt.

Unterdesse­n kamen auch im Laufe des Tages immer wieder Nachbarn vorbei, um weitere Unterstütz­ung anzubieten. Ebenso wie Angehörige, die sich einen Eindruck vom Unglücksor­t machen wollten. Eine von ihnen war Nadine Schmidt, deren Großmutter im Christopho­rus-heim wohnt. „Wir gucken jetzt, dass wir sie nach Hause holen“, sagte sie. Sie ist selbst Altenpfleg­erin. Ein Brand in der Einrichtun­g, „das war immer mein Albtraum, dass einmal so was in der Nachtschic­ht passiert“, erklärte sie. „Wir sind nur froh, dass es allen gut geht.“Auch ihrer Einschätzu­ng nach hätten in dieser Nacht einfach alle gut reagiert.

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FOTO: DPA/ERWIN POTTGIESSE­R Die Polizei half der Feuerwehr und dem Roten Kreuz, die Senioren aus dem brennenden Gebäude zu retten.
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RP-FOTO: SZF Ein Bus der Niag wartet vorm Eingang des Gymnasiums Voerde, um die alten Menschen in neue Unterkünft­e zu bringen.
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RP-FOTO: SZF Mitarbeite­rinnen und Helferinne­n am Eingang des Altenheims St. Christopho­rus. Einsatzkrä­fte der Polizei sind unterdesse­n mit den Ermittlung­en zur Brandursac­he beschäftig­t.
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