Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Dennis Müller lebt seinen Traum
Der Weseler ist seit zwei Jahren Profi-surfer und widmet sich nur noch seinem Sport. Heute bricht der 31-Jährige wieder ins spanische Tarifa auf.
Seit zwei Jahren ist der Weseler Profi-surfer. Am heutigen Freitag bricht er wieder zum Training in den Süden Europas auf – ins spanische Tarifa.
WESEL Wer bei Google den Namen Dennis Müller eingibt, der stößt schnell auf Videos von traumhaften Stränden, Surfern, die auf ihren Brettern über das Meer jagen, teils waghalsige Überschläge wagen und in der Sonne baden. Anblicke, die einen schnell neidisch werden lassen. Der Weseler Dennis Müller lebt diesen Traum. Aufgewachsen in der Hansestadt, liegt der Traum eines Surf-profis nicht unbedingt nahe. Auesee und Xantener Südsee hin oder her – es ist schlicht kein Wassersportparadies.
Nichtsdestotrotz zog es den damals Sechsjährigen im Jahr 1995 das erste Mal aufs Brett. Das Einmaleins des Windsurfens lernte Müller auf dem Auesee, ehe er sich in wildere Gewässer vor der Ostseeinsel Fehmarn wagte. Mittlerweile macht er vor nichts mehr halt, ist Dauergast beim Weltcup und seit über zwei Jahren auch Profi durch und durch. Seinen Job bei einem Kreditinstitut hat er inzwischen gekündigt. Das Zuhause ist für Dennis Müller die Insel Norderney. Dort verbringt er die meiste Zeit im Jahr, wobei er auch immer gerne nach Wesel zu seiner Familie zurückkehrt. Seit er seinen Job gekündigt hat und sich ausschließlich dem Reisen und Surfen widmet, ist Heimat für ihn eher ein Gefühl als ein Ort. Ungefähr vier Monate im Jahr lebt Müller derzeit auf der Nordseeinsel, in der restlichen Zeit stehen Trainingslager, Wettkämpfe und ähnliches an.
Auch die anhaltende Pandemie hat beim 31-Jährigen nicht viel verändert. 2020 war zwar ein Jahr ohne Weltcup für Müller, aber dennoch ein Jahr, das sich wieder voll und ganz um seinen geliebten Surfsport gedreht hat. „Ich hatte Zeit, einige Imagefilme für Sponsoren zu drehen und habe sehr viel trainiert. Außerdem habe ich einen ,Kids Day’ auf Norderney für den Nachwuchs veranstaltet.“Das Event lief derart gut, dass für 2021 sogar ein Camp über drei Tage geplant ist.
Müller schaut also nicht nur auf sich, sondern ist auch für andere da. Dies gilt übrigens auch für seine Heimatstadt Wesel. Bei seinem Verein RTG Wesel hätte im vergangenen Jahr zum dritten Mal das Foil-camp stattgefunden, bei dem Müller als Lehrer fungiert. Beim Foilsurfen ist unter dem Board ein Hydrofoil befestigt. Dieses hebt das Board aus dem Wasser, sobald durch eine Vorwärtsbewegung ein hydrodynamischer Auftrieb erzeugt wird. Eine Art Podest quasi, auf dem man surft.
Das Thema Reisen war 2020 zwar deutlich schwieriger und in Teilen eingeschränkter, aber Dennis Müller ist dennoch auf seine Kosten gekommen. Zuletzt war er im Herbst noch in der Bretagne – und besonders lange verzichtet er nun auch nicht aufs Reisen. Bereits am heutigen Freitag geht es für Müller und seine langjährige Freundin Katrin zum südlichsten Punkt des europäischen Festlands, in die spanische Stadt Tarifa.
Tarifa gilt als Surf-hochburg. Viele Profis leben dort, andere fahren hin, um zu trainieren. Aber auch das Segelloft von Müllers Sponsor ist dort. Zeit also, Material zu testen und eng mit den Herstellern zusammenzuarbeiten. Der 31-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass er auch gerne nach Neuseeland oder zumindest etwas weiter weg gereist wäre, aber die Pandemie macht dies unmöglich. „In Spanien ist es dann aber zumindest so, dass ich schnell und relativ einfach wieder zurück nach Deutschland komme, wenn sich die Lage verschlechtern sollte“, weiß Müller. Wenn aber alles glatt läuft, dann bleibt er bis Mitte April im Süden. Eigentlich wollte er dann pünktlich zur Messe „Boot“nach Deutschland zurückkommen, doch die ist bekanntlich wegen der Corona-pandemie abgesagt. Auf der „Boot“wäre er ein gefragter Mann gewesen, denn seine Sponsoren stellen dort aus. Fotos, Interviews und beratende Gespräche sowie das Treffen mit alten Weggefährten – dies muss er nun alles auf 2022 verschieben.
Ohne Sponsoren wäre Müllers Leben aber auch nicht vorstellbar. Auf die finanzielle Unterstützung ist er angewiesen und bis zuletzt führte er noch Gespräche für 2021. Trotz der Pandemie gibt es aber ausreichend Marketing-budgets. Die Reise geht also weiter. Unter dem Slogan „Eine Reise mit dem Wind“hatte Müller vor zwei Jahren mit dem Projekt begonnen. Der Slogan stammt aus einem Kinderbuch von Miriam Koch und ist laut Müller auch sehr treffend. Ursprünglich war das auf 24 Monate angelegt. Bei der Frage, wie lange er das noch machen will, lacht er kurz: „Eigentlich sind die zwei Jahre um, aber es läuft so gut und macht so viel Spaß. Ich kann mir auch vorstellen, das noch die nächsten fünf Jahre zu machen.“
Ob er danach wieder in seinen alten Job zurückkehrt, weiß er nicht. Eine Option sei dies immer, betont Müller, weiß aber auch um seine Freiheiten und die große Liebe zum Wassersport. Die vielen Camps und Kurse, die er mittlerweile gibt, könnten irgendwann noch interessanter werden. Aber so etwas lange zu planen, das ist nicht unbedingt Dennis Müllers Ding. Der sympathische Surfer hat gemeinsam mit Freundin Katrin den Wunsch, für immer auf Norderney die Zelte aufzuschlagen. „Da fühlen wir uns einfach zuhause.“Begonnen hatte seine Liebe zur Nordsee-insel im Jahr 2008, als er seinen Zivildienst dort leistete. „Für mich war gleich klar, dass ich dort bleiben möchte“, erinnert sich Müller an die Zeit zurück. Gesagt, getan.
In 2021 soll sich aber für den Profi sportlich wieder einiges verändern. Das Jahr, bestehend aus Werbekampagnen, Training und Camps, beinhaltet auch ehrgeizige Ziele. Müller will im Weltcup wieder angreifen, fleißig trainieren und sein Bestes aufs Brett bringen. Wie es auch ausgeht, eines steht fest: Langweilig wird es mit und um ihn mit Sicherheit nicht.