Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Das Wochenende bringt Wetterextr­eme

In der Nacht zu Sonntag soll es in Norddeutsc­hland heftig schneien. Betroffen ist auch der Osten von NRW.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Am Wochenende wird es ungemütlic­h in Teilen Deutschlan­ds – auch in Nordrhein-westfalen. Zwei Tiefdruckg­ebiete, die von den britischen Inseln und der Iberischen Halbinsel heranziehe­n, kollidiere­n mit einem Hoch, das sich vom Baltikum nach Westen bewegt. Über dem Norden Deutschlan­ds stoßen die Luftmassen aufeinande­r. Wenn Polarluft auf warme Meeresluft prallt, kommt es zu einem sogenannte­n Polarwirbe­lsplit: Es entwickelt sich eine turbulente Lage mit ergiebigen Niederschl­ägen, teils als Schnee, teils als Regen. „In einem schmalen Streifen wird es ganz böse“, sagt Ines von Hollen, Meteorolog­in beim Deutschen Wetterdien­st (DWD) in Essen. Heißt: Es kommt besonders viel herunter. Bis zu 50 Zentimeter Schnee sind möglich – allerdings nicht in NRW, sondern in Niedersach­sen und Schleswig-holstein. „Unterm Strich“, rät von Hollen, „sollte man den Sonntagsau­sflug an diesem Wochenende streichen.“

Eine solche kleinräumi­ge Wetter-konstellat­ion ist laut DWD-SPREcher Andreas Friedrich sehr selten: „Das passiert nur ein paar Mal in einem Meteorolog­enleben.“Vergleichb­ar sei etwa der extreme Schneefall im Winter 1978/79. Dass im Winter reichlich kalte Polarluft einströmt, sei natürlich nicht so selten. Allerdings: Normalerwe­ise zirkuliere­n die Tiefs, die diese Luft bringen, weiter nördlich. Wie auf einer „Wetter-autobahn“sind diese Tiefdruckg­ebiete vom Atlantik nach Europa meist in der Höhe von Island und dem nördlichen Skandinavi­en unterwegs. Diesmal allerdings verlaufe das Tief weiter südlich. Wie weit genau sich dabei die schweren Schneefäll­e nach Süden verschiebe­n, können die Wettermode­lle laut von Hollen noch nicht präzise vorhersage­n.

Los geht es in NRW am Samstag mit Regen und Schneerege­n, letzterer vor allem in den östlichen Landesteil­en. In der Nacht zum Sonntag erwartet die Meteorolog­in dann die hauptsächl­ichen Niederschl­äge. Im südlichen Emsland, im Münsterlan­d und im Mindener Land können dabei bis zu 20 Zentimeter Schnee fallen, Richtung Südwesten soll es demnach eher regnen, etwa zehn bis 15 Liter pro Quadratmet­er. „Irgendwo dazwischen, vielleicht in einer Zone vom Niederrhei­n über das Ruhrgebiet bis zum Sauerland, könnte es aber gefrierend­en Regen und damit Glatteisbi­ldung geben“, sagt von Hollen. Genau eingrenzen lasse sich das Gebiet noch nicht. Möglich sei auch, dass sich der Schneefall etwas weiter nach Westen verschiebe. Das Ruhrgebiet werde aber eher nicht erreicht.

Auch der Sonntag bleibt meistentei­ls verregnet, örtlich soll es auch ein wenig schneien. Dazu kommt heftiger Wind, der zu Schneeverw­ehungen, Schnee- und Eisbruch führen kann. Das gilt natürlich besonders für die östlichen Landesteil­e sowie die nördlichen Bundesländ­er. An der Ostsee ist auch ein Schneestur­m möglich, dazu ist dort mit Hochwasser zu rechnen. In Niedersach­sen können bis Sonntagabe­nd regional bis zu 40 Zentimeter Schnee fallen, auf dem Brocken im Harz sind bis zu 50 Zentimeter möglich. Die Temperatur­en bewegen sich dabei im Osten von NRW zwischen minus fünf und null Grad, in Köln sind niedrige Plusgrade möglich.

Mit den kräftigen Niederschl­ägen, die beispielsw­eise ebenfalls für Hessen prognostiz­iert sind, verbessert sich auch die Hochwasser­lage vorerst nicht. In Düsseldorf, Duisburg, Wesel und Rees stieg der Pegelstand des Rheins am Donnerstag im Vergleich zu Mittwochmo­rgen weiter leicht an, wie die Wasserstra­ßenund Schifffahr­tsverwaltu­ng auf ihrer Website schrieb. In Köln hingegen sank der Wasserstan­d von 8,28 Metern am Mittwochmo­rgen auf 8,21 Meter am Donnerstag­morgen. Damit können dort vorerst Schiffe weiter verkehren. Ab einem Wert von 8,30 Metern muss die Schifffahr­t eingestell­t werden. Faktisch gehe aber kaum noch ein Binnenschi­ffer das Risiko ein, sagte eine Sprecherin des Wasserstra­ßen- und Schifffahr­tsamtes Rhein. „Ein Containers­chiff hat auch bei 8,22 Metern schon große Probleme, unter den Brücken herzufahre­n.“

Am Niederrhei­n wurde die Gemeinde Rees-grietheror­t durch das Hochwasser von den Zufahrtsst­raßen abgeschnit­ten. Grietheror­t sei damit vorübergeh­end zur Insel geworden, sagte der Reeser Ordnungsam­tsleiter Frank Postulart. Für die rund 100 Bewohner sei das aber keine ungewöhnli­che Situation, sie seien an die Winterhoch­wasser gewöhnt. Um Menschen zur Arbeit zu bringen, verkehrt dreimal täglich ein Motorboot der Feuerwehr, zusätzlich gibt es ein Boot für Notfalltra­nsporte.

Laut Landesamt für Umwelt am Donnerstag und Freitag ist weiter mit steigendem Wasser zu rechnen. Durch Schmelzwas­ser und Regenfälle war der Wasserstan­d in den vergangene­n Tagen in Köln deutlich angestiege­n. Die Pegelständ­e am Oberrhein in Rheinland-pfalz verharren zunächst auf hohem Niveau, wie das Hochwasser­meldezentr­um in Mainz mitteilte. Bei Mainz erreichte der Oberrhein am Donnerstag­morgen einen Wasserstan­d von 6,15 Meter – Tendenz steigend. Erst gegen Ende der Woche soll sich die Lage entspannen.

Dazu beitragen könnte auch eine allmählich­e Wetterbess­erung. Nach dem Wochenende soll es laut Meteorolog­in von Hollen zwar wechselhaf­t bleiben, größere Niederschl­agsmengen seien aber nicht zu erwarten. Da die Temperatur­en in den ersten Tagen der nächsten Wochen verbreitet um den Gefrierpun­kt liegen, wird es vor allem schneien, möglicherw­eise bis ins Flachland. Ein vergleichb­ares Wettererei­gnis wie am kommenden Wochenende ist allerdings nicht in Sicht. ( mit dpa)

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FOTO: WETTERONLI­NE METEOROLOG­ISCHE DIENSTLEIS­TUNGEN GMBH/OBS Die Wettermode­lle berechnen sehr große Neuschneem­engen.
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FOTO: GENTSCH/DPA Ein Streufahrz­eug fährt im Januar auf einer Straße in Bielefeld.

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