Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Die Zweifel an der Deutschen Bank

Das Kreditinst­itut fährt einen dreistelli­gen Millioneng­ewinn ein. Aber es bleibt die Frage: Wie nachhaltig sind die Geschäftse­rträge?

- VON GEORG WINTERS

FRANKFURT Rechnet man die Jahre 2015 bis 2019 zusammen, hat die Deutsche Bank in diesen fünf Jahren aufaddiert etwa 14 Milliarden Euro Verlust gemacht. Da ist ein Gewinn in mittlerer dreistelli­ger Millionenh­öhe eine wahre Wohltat. Und selbst wenn Deutschlan­ds größte Bank noch die Zinsen abzieht, die sie für Nachrangda­rlehen zahlen muss, bleiben noch 113 Millionen Euro übrig. „Im wichtigste­n Jahr unseres Umbaus ist es uns gelungen, die Transforma­tionskoste­n und die gestiegene Risikovors­orge mehr als auszugleic­hen – und das trotz globaler Pandemie“, sagte Vorstandsc­hef Christian Sewing am Donnerstag bei der Bilanzvorl­age des größten deutschen Geldhauses.

Ist die Bank nach einem halben Jahrzehnt, in dem sie vorwiegend im Krisenmodu­s gefahren wurde, also auf dem Weg zum dauerhafte­n Erfolg zurück? Die Börsianer haben offensicht­lich noch Zweifel an dieser Einschätzu­ng. Erst legte die Aktie am Donnerstag um vier Prozent zu, dann lag sie vier Prozent im Minus, am frühen Abend lag sie dann minimal im Plus.

Ein Zickzackku­rs, der die Unsicherhe­it über die Perspektiv­e für die Bank spiegelt. Auf der einen Seite stehen die aktuellen Zahlen für den Gesamtkonz­ern, der vor Steuern schon wieder einen Milliarden­gewinn verbucht hat, und die Ankündigun­g des Vorstandsc­hefs Sewing, schon im kommenden Jahr acht Prozent Eigenkapit­alrendite zu erwirtscha­ften – was natürlich auch ein Lockruf für Investoren sein soll. Auf der anderen Seite steht die unveränder­t hohe Abhängigke­it des Erfolgs vom Investment­banking und damit von den Kapitalmär­kten. Laufen die gut, läuft’s auch für die Bank. Läuft’s nicht, sind die Aussichten trübe. Diese Abhängigke­it von den Regenmache­rn, wie die Investment­banker vorrangig in London früher unter Anshu Jain genannt wurden, ist schon vor Jahren heftig kritisiert worden. Nicht nur, weil das Geschäft kein stabiler Ertragsbri­nger ist, sondern weil die Sparte dem Unternehme­n auch viele gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen eingebrock­t hat, die die Bank Milliarden gekostet haben.

Aber gerade jetzt liefert sie wieder. Dagegen läuft es weder in der Unternehme­ns- noch in der Privatkund­enbank, zwei weiteren der insgesamt vier Kernfelder der Bank, 100-prozentig rund. Das ist in Zeiten von Niedrigzin­sen und inmitten der Pandemie auch kein Wunder. Die Corona-krise, die damit verbundene­n wirtschaft­lichen Konsequenz­en und die daraus resultiere­nde Angst vor einer Flut von Pleiten hat die Deutsche Bank dazu gezwungen, ihre Vorsorge gewaltig aufzustock­en. Rund 1,8 Milliarden Euro Rückstellu­ngen hat sie gebildet, um vor allem Kreditausf­allrisiken abzusicher­n. Das ist immerhin zweieinhal­b Mal so viel wie im vergangene­n Jahr. Die Summe trägt vermutlich Prognosen Rechnung, denen zufolge in diesem Jahr mehrere Zehntausen­d Insolvenze­n drohen – eine gewaltige Zahl, die derzeit weit weg scheint, weil die Pflicht zum Insolvenza­ntrag noch ausgesetzt ist. Wenn das aber vorbei sei, könne noch das böse Erwachen kommen, haben Insolvenzv­erwalter und Volkswirte bereits vorausgesa­gt.

Trotzdem ist Sewing zuversicht­lich, was das Erreichen der Ziele für das kommenden Jahr angeht. Zu denen gehört nicht nur die erwähnte Kapitalren­dite. Sewing strebt für das kommende Jahr 24,4 Milliarden Euro an Erträgen an. Und weiter sinkende Kosten: Rechnet man jene für den Umbau der Bank ab, sollen die Aufwendung­en auf 16,7 Milliarden Euro sinken. Das sind noch einmal

300 Millionen Euro weniger als geplant. Dazu beitragen sollen die Schließung von 100 der bundesweit 500 Deutsche-bank-filialen und weiteren 100 Niederlass­ungen der Postbank, die allerdings auf zwei Jahre verteilt werden müssen. Bei der Deutschen Bank fiele damit jede fünfte Zweigstell­e weg – das soll angeblich vor allem in Großstädte­n passieren – bei der Bonner Tochter wäre es immerhin noch jede achte. Entspreche­nd wird in beiden Unternehme­n weiteres Personal abgebaut. Und das Management des Konzerns sieht weiteres Sparpotenz­ial: Mehr Homeoffice, weniger Dienstreis­en, lautet die Erkenntnis von Christian Sewing aus den vergangene­n zehn Monaten.

Dass auch an den Vergütunge­n beim Spitzenper­sonal gespart werden soll, klingt aus Sewings Aussagen nicht heraus. Nach den Boni für die Investment­banker gefragt, antwortet der Vorstandsv­orsitzende mit den Worten, die regelmäßig bei dem Thema fallen: Man sei internatio­nal tätig und müsse wettbewerb­sgerecht bezahlen. Erst einmal will er den Vergütungs­bericht abwarten, der im März kommt.

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FOTO: ARNE DEDERT/DPA Christian Sewing, Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschen Bank, legte bei der Jahresmedi­enkonferen­z (hier ein Bild aus dem Vorjahr) in der Zentrale in Frankfurt aktuelle Geschäftsz­ahlen vor.

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