Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
So geht’s zum passenden Studiengang
Für viele Abiturienten steht nach dem Schulabschluss fest: Sie wollen studieren. Aber was? Die Möglichkeiten im Hochschulwesen scheinen schier unendlich. Experten geben Tipps.
DÜSSELDORF Es ist die eine große Frage, die viele Abiturienten beschäftigt: Was soll ich studieren?
Während einige wenige schon ganz genau wissen, wo es später einmal hingehen soll, fällt einem Großteil der Schüler bei den vielen Möglichkeiten, die sich ihnen bieten, eine Entscheidung schwer. Gerade in diesem Jahr, in dem so vieles anders, so vieles ungewiss ist, scheint sie umso schwerer zu wiegen.
Der Hochschulkompass, eine Internetplattform, die über deutsche Hochschulen und deren Studienangebote informiert, führt 20.534 Studiengänge auf. Das sind nicht wenige. Kein Wunder, dass da der eine oder andere verzweifelt. Aber keine Sorge, sagen Kathrin Wegner und Stephan Puls, die beide in der Beratung von Studieninteressierten tätig sind: Jeder findet seinen Weg. Auch wenn es bei manchen ein bisschen länger dauert.
„Dass Schüler von der Masse der Studiengänge überfordert sind, ist vollkommen nachvollziehbar“, sagt Kathrin Wegner. Sie ist Studienberaterin an der Heinrich-heine-universität in Düsseldorf. Vollkommen Unentschlossenen würde sie zu einem Besuch von Veranstaltungen zur Studienorientierung raten. „Auch wenn diese Veranstaltungen im Moment nur online möglich sind, bieten sie doch immer eine gute Möglichkeit, um mit dem Hochschulwesen ist Kontakt zu treten“, sagt Wegner, die unter anderem Projektleiterin für solche Veranstaltungen ist. Wenn Studieninteressierte sich in Vorträge „hineinsetzen“, Informationen aufnehmen und Eindrücke sammeln könnten, helfe das vielen schon weiter. Manchen reiche das sogar schon, um Interessen einzugrenzen.
„Die HHU bietet auch einen Studienwahl-workshop an, mithilfe dessen man sich eine Orientierung über die eigenen Interessen und Fähigkeiten verschaffen kann“, sagt Wegner. „Das kann auch ein guter erster Schritt sein.“Vielen Unentschlossenen würden solche Veranstaltungen auch allein dadurch helfen, dass sie merkten: Sie sind nicht alleine mit der Situation; es gibt viele andere junge Menschen wie sie, die vor ähnlichen Problemen stehen.
Die Frage nach der Studienwahl sei oft mit Unsicherheit und Ängsten behaftet, hat auch Stephan Puls festgestellt. Die müsse man den Schülern zu nehmen versuchen. Es gebe viele Methoden, um herauszufinden, welche Studiengänge für jemanden infrage kommen. Um den „richtigen“Studiengang zu finden, sei es wichtig, Interessen sowie persönliche und fachliche Fähigkeiten zu strukturieren und mit Wünschen zu Verdienst, Arbeitsbedingungen und dem eigenen Sicherheitsbedürfnis in Einklang zu bringen.
„Wer zum Beispiel sehr gerne Philosophie studieren will, aber ein hohes Sicherheitsbedürfnis hat und mit der Unsicherheit über seinen späteren Lebensweg nicht gut leben kann, weil der Studiengang nicht unmittelbar berufsführend ist, entscheidet sich deshalb häufig dagegen“, erklärt Stephan Puls. Es gebe immer mehrere Komponenten, die man beachten müsse. Manchmal ließen sich nicht alle Interessen und Wünsche problemlos vereinen, dann müsse man einen Kompromiss finden. „Grundsätzlich sollte man aber einige Eigenschaften für ein Studium mitbringen“, so der Berufs- und Studienberater der Agentur für Arbeit Düsseldorf, „ohne die kann das Studieren an einer Hochschule sehr schwer werden.“Dazu gehörten Motivation für fachliche Inhalte, die Fähigkeit zur Selbstorganisation, Selbstständigkeit, Lerndisziplin und Geduld.
Mit welchen Studiengängen gibt es gute Berufsperspektiven? „Das kann man so nicht kategorisieren. Es gibt viele Studiengänge, die klare Berufswege eröffnen, und auch welche, die nicht direkt in einen Beruf führen, aber keine, mit denen man schlechte berufliche Perspektiven hätte“, sagt Stephan Puls. „Deshalb würde ich von Studiengängen wie dem eben erwähnten auch niemals abraten.“
Aber es sei wichtig zu thematisieren, dass besonders bei Studiengängen, die nicht unmittelbar berufsführend seien, „Studienwahl und Berufswahl auch zwei völlig unterschiedliche Paar Schuhe sein können“, sagt Puls. Da müsse man die Berufswahl neben dem Studium mitunter mit viel Energie angehen. Das sei nicht für jeden eine einfache
Aufgabe. „Aber es sind bereichernde Studiengänge, mit denen auch tolle Karrieren möglich sind.“
Wenn man mit einem Studium beginnt, müsse man den konkreten Berufswunsch auch noch lange nicht im Kopf haben, sagt Kathrin Wegner. „Alle die, die auch während des Studiums keinen spezifischen Berufswunsch haben, müssen sich keine Sorgen machen“, sagt sie. Während des Studiums lerne man viele Leute kennen, Dozenten erzählten viel über mögliche Wege und geben Impulse, auch Praktika und Nebenjobs brächten Erkenntnisse. „In den drei Jahren des Studiums kann so viel passieren. Und am Ende weiß man dann doch, in welche Richtung es gehen kann. Es ist mir ein Herzensanliegen, die Sorge und die Angst vor der Zukunft zu nehmen, die viele Schüler umtreibt“, sagt Wegner.
„Berufswahl ist ein Prozess“, sagt auch Stephan Puls. „Bei manchen dauert er einige Monate, bei anderen einige Jahre. Es gibt Menschen, die müssen viel ausprobieren.“Aber jeder findet irgendwann seinen Weg.