Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Hochwasser lockt Schaulustige an
An der Weseler Promenade, dem Bislicher Fährkopf und der Wacht am Rhein in Büderich besuchten viele Neugierige den Rhein.
WESEL (EKA) Vor dem seit Tagen angekündigten kräftigen Wintereinbruch machten am Samstag noch mal viele Menschen einen Ausflug zum Rheinhochwasser. Schließlich erlebt man einen derartigen Wasserstand nicht alle Tage. Und so lange die Fluten nicht bedrohlich werden, finden viele, dass der breite Strom einfach schön anzusehen ist.
Am Fährkopf in Bislich steht Egon Lamers. „Wir fahren jeden Tag mal an den Rhein“, sagt er. Gelassen sieht er den vorbei fahrenden Schiffen zu. „Alles kein Problem,“meint er und zeigt mit dem Arm hinter sich. „In den sechziger Jahren ging das Wasser zuweilen bis an den Deich.“
Von dem vertrauten Bild am Fährkopf ist allerdings nichts mehr zu sehen, der Zugang zur Anlegestelle längst überflutet, und das Fährhaus von hier aus nicht mehr erreichbar. Selbst die „Keer tröch II“, die sonst in ihrem kleinen Hafenbecken unentdeckt bleibt, haben die steigenden Wassermassen ins Blickfeld gehoben. Das Ufer auf Xantener Seite in weiter Ferne.
„Im Sommer haben wir noch am Ufer ein Picknick gemacht,“erinnert sich Jürgen Rottstegge, der aus Heiden mit seinem vierjährigen Enkel Diego gekommen ist. Im Fernsehen habe man die Überflutungen gesehen und nun wolle man schauen, „wie es denn in Wirklichkeit aussieht.“Anne Sonders und Helga Steinbach sind aus Hamminkeln mit ihren E-bikes unterwegs. Sie sind in der letzten Woche noch am Fährhaus vorbei gefahren und wollen sich an Ort und Stelle ein neues Bild machen. „So schlimm habe ich mir das nicht vorgestellt“, meint Helga Steinbach und ergänzt, im Sommer sei es aber doch viel schöner.
Einen ganz anderen Eindruck hat ein älteres Ehepaar aus Wesel: Die Fischers erfreuen sich an dem „phantastischen Panorama und dem Naturspektakel“, das sich ihnen hier bietet. Auch die Wildgänse wecken das Interesse der beiden. Bedenklich finden sie es aber, mit welchem Egoismus sich mancher mit dem Wohnmobil seinen Weg bis ans Wasser bahnt. Zu Fuß ließe sich die Natur doch erheblich besser genießen.
Das Ehepaar Hetkamp aus Wesel ist dankbar für weniger Andrang als am letzten Sonntag. Sie verweisen auf die „tolle Geräuschkulisse“am Fährkopf. Und tatsächlich: die Gänse über dem Kopf, das schnell fließende Wasser, der leise Wind und die tuckernden Schiffe vermitteln eine eigene Welt.
An der Rheinpromenade in Wesel ist der Andrang auch überschaubar. Den hohen Wasserstand des Rheins führt Winfried Bierther nicht auf besondere Umwelteinflüsse zurück. Der Regen der letzten Tage und die einsetzende Schneeschmelze seien dafür verantwortlich, das sei nichts Besonderes. Der 78-Jährige erinnert sich aber lebhaft an die Zeiten, als der Flugplatz hinter ihm überflutet war und die Gaststätte „Tante Ju“unter Wasser stand.
Wie sehr sich die Landschaft in diesen Tagen verändert hat, interessiert auch Ulrike Schweiger-lewin. Das linksrheinische Ufer sei kaum auszumachen, das Flussbett des Rheins nicht erkennbar. Dennoch passiere es ja nicht so oft, dass die Naturgewalten so sichtbar seien. Die Fließgeschwindigkeit des Wassers sei beeindruckend. „Die Schiffe rasen nach Holland“, meint sie.
Sie hat ein paar stimmungsvolle Fotos gemacht und ist nicht der Meinung, dass alles melancholisch wirkt. „Nein“, widerspricht sie, „das gehört zum Niederrhein.“