Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Meine Impfung war ein glücklicher Zufall“
XANTEN Eberhard Ritter aus Xanten gehört zu denjenigen, die schon die Corona-schutzimpfung erhalten haben. Im Interview erklärt der Psychotherapeut den Grund und beschreibt, wie er den Impfstoff vertragen hat.
Herr Ritter, Sie sind schon geimpft worden, obwohl Sie weder in einem Pflegeheim, noch in einem Krankenhaus arbeiten oder wohnen.
Wie kam es dazu?
EBERHARD RITTER Ich arbeite als Psychotherapeut in einer Arztpraxis und sitze täglich mit Menschen jeweils eine gute Dreiviertelstunde in einem Raum. Deshalb habe ich von einem Arzt, der Bewohner und Mitarbeiter in einem Seniorenheim versorgte, eine Impfung erhalten, als Impfstoff übrig war. Wenn Impfstoff über bleibt, sollte er schnell weiterverarbeitet werden, weil er sich schlecht lagern lässt – zum Beispiel der Impfstoff von Biontek bei minus 80 Grad. Da wir zurzeit noch Impfstoffengpässe haben, wäre es eine Schande, wenn der Impfstoff verfallen würde.
Aber Sie gehören nicht zu einer der ersten Risikogruppen, und andere müssen warten, obwohl sie den Schutz dringend brauchen. Ist das nicht unfair?
RITTER Die Verwertung des Rests aus dem Seniorenheim fand erstmalig Mitte Januar statt. Sie erfolgte für die Praxis zum Schutz der Patienten und von einem selbst. Die zweite Impfung war am vergangenen Freitag. Der täglich intensive Kontakt mit Patientinnen und Patienten in der Praxis ist dem von Pflegerinnen und Pflegern fast gleichzusetzen, von daher ist es eine sinnvolle Schutzmaßnahme, um erstens andere zu zirka 70 Prozent nicht mehr anstecken zu können und um zweiten selbst zu zirka 85 Prozent auch immun zu sein.
Wie haben Sie die Impfung vertragen? Gab es Nebenwirkungen? RITTER Da ich einen Tag vorher lange gewalkt war, dachte ich erst, es sei Muskelkater, aber es waren Gliederschmerzen. Der Impfarm tat etwas weh, dann die Gliederschmerzen und leichte Kopfschmerzen für einen Tag. Es ist ja wie ein kleiner Corona-infekt, der das Immunsystem anregt. Alles hielt einen Tag nach der Impfung an, dann war alles normal, wie immer.
Wie fühlen Sie sich jetzt?
RITTER Ich kann meinen Patienten eine größere Sicherheit geben und werde mich genauso verhalten wie ungeimpft, also eine Maske tragen, Distanz halten und wenige persönliche Sozialkontakt haben. Und ich stehe meinen Patienten ohne längere Ausfallzeiten zur Verfügung. Durch meine Aktivitäten, durch Sport, gesunde Ernährung und weil ich Nichtraucher bin, hätte ich bei mir auch keinen schweren Krankheitsverlauf erwartet, obwohl ich aufgrund meines Alters zur zweiten Risikogruppe gehöre. Ich sehe meine Impfung nicht als Privileg, sondern als glücklichen Zufall und bin dankbar für die Chance, die ich gehabt habe, auch wenn ich mir den Shitstorm von Neidern, Impfgegnern und Menschen, die dies nicht nachvollziehen wollen, vorstellen kann.