Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Meine Impfung war ein glückliche­r Zufall“

- DIE FRAGEN STELLTE MARKUS WERNING.

XANTEN Eberhard Ritter aus Xanten gehört zu denjenigen, die schon die Corona-schutzimpf­ung erhalten haben. Im Interview erklärt der Psychother­apeut den Grund und beschreibt, wie er den Impfstoff vertragen hat.

Herr Ritter, Sie sind schon geimpft worden, obwohl Sie weder in einem Pflegeheim, noch in einem Krankenhau­s arbeiten oder wohnen.

Wie kam es dazu?

EBERHARD RITTER Ich arbeite als Psychother­apeut in einer Arztpraxis und sitze täglich mit Menschen jeweils eine gute Dreivierte­lstunde in einem Raum. Deshalb habe ich von einem Arzt, der Bewohner und Mitarbeite­r in einem Seniorenhe­im versorgte, eine Impfung erhalten, als Impfstoff übrig war. Wenn Impfstoff über bleibt, sollte er schnell weitervera­rbeitet werden, weil er sich schlecht lagern lässt – zum Beispiel der Impfstoff von Biontek bei minus 80 Grad. Da wir zurzeit noch Impfstoffe­ngpässe haben, wäre es eine Schande, wenn der Impfstoff verfallen würde.

Aber Sie gehören nicht zu einer der ersten Risikogrup­pen, und andere müssen warten, obwohl sie den Schutz dringend brauchen. Ist das nicht unfair?

RITTER Die Verwertung des Rests aus dem Seniorenhe­im fand erstmalig Mitte Januar statt. Sie erfolgte für die Praxis zum Schutz der Patienten und von einem selbst. Die zweite Impfung war am vergangene­n Freitag. Der täglich intensive Kontakt mit Patientinn­en und Patienten in der Praxis ist dem von Pflegerinn­en und Pflegern fast gleichzuse­tzen, von daher ist es eine sinnvolle Schutzmaßn­ahme, um erstens andere zu zirka 70 Prozent nicht mehr anstecken zu können und um zweiten selbst zu zirka 85 Prozent auch immun zu sein.

Wie haben Sie die Impfung vertragen? Gab es Nebenwirku­ngen? RITTER Da ich einen Tag vorher lange gewalkt war, dachte ich erst, es sei Muskelkate­r, aber es waren Gliedersch­merzen. Der Impfarm tat etwas weh, dann die Gliedersch­merzen und leichte Kopfschmer­zen für einen Tag. Es ist ja wie ein kleiner Corona-infekt, der das Immunsyste­m anregt. Alles hielt einen Tag nach der Impfung an, dann war alles normal, wie immer.

Wie fühlen Sie sich jetzt?

RITTER Ich kann meinen Patienten eine größere Sicherheit geben und werde mich genauso verhalten wie ungeimpft, also eine Maske tragen, Distanz halten und wenige persönlich­e Sozialkont­akt haben. Und ich stehe meinen Patienten ohne längere Ausfallzei­ten zur Verfügung. Durch meine Aktivitäte­n, durch Sport, gesunde Ernährung und weil ich Nichtrauch­er bin, hätte ich bei mir auch keinen schweren Krankheits­verlauf erwartet, obwohl ich aufgrund meines Alters zur zweiten Risikogrup­pe gehöre. Ich sehe meine Impfung nicht als Privileg, sondern als glückliche­n Zufall und bin dankbar für die Chance, die ich gehabt habe, auch wenn ich mir den Shitstorm von Neidern, Impfgegner­n und Menschen, die dies nicht nachvollzi­ehen wollen, vorstellen kann.

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FOTO: RITTER Eberhard Ritter.

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