Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

So lief der erste Tag im Impfzentru­m

Knapp 400 Senioren über 80 zählten am Montag zu den ersten mit einem Impftermin in der Niederrhei­nhalle. Das Wetter sorgte für Probleme bei der Anreise, manche konnten nicht kommen. Die, die geimpft wurden, waren glücklich.

- VON KLAUS NIKOLEI

Knapp 400 Senioren über 80 hatten am Montag als erste einen Impftermin. Wegen des Winterwett­ers waren nicht alle gekommen.

WESEL Hätte es nicht so geschneit, wäre Elisabeth Marx selbstvers­tändlich alleine mit dem Auto aus Wesel-flüren zur Niederrhei­nhalle gekommen. Sind ja nur ein paar Kilometer. Die 81-Jährige fühlt sich noch topfit. Doch weil längst nicht alle Straßen von Schnee und Eis geräumt sind, hat sie ihren Sohn Christoph Marx (57) gebeten, sie zum Impfzentru­m zu fahren.

Gegen 13.45 Uhr kommen sie an. „Ich habe um 14.08 Uhr einen Termin“, sagt Elisabeth Marx. Sie kann gar nicht verstehen, warum alle Welt so große Probleme hatte bei der Terminverg­abe vor einigen Tagen. „Ich hatte um 8 Uhr die 116 117 angerufen und bin sofort drangekomm­en.“Während ihr Sohn im beheizten Zelten am von Security-mitarbeite­rn bewachten Eingang warten muss, wird seine Mutter von einem Mitarbeite­r des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) zum Impfzentru­m geführt. In etwa 45 Minuten wollen sich Mutter und Sohn am Eingang treffen.

Im Minutentak­t fahren auf dem nur leidlich geräumten Parkplatz Autos mit WES-, MO- und DIN-KENNzeiche­n vor, auch Taxis sind dabei. Eine Frau aus Dinslaken, die anonym bleiben will, ist mit den Nerven am Ende. „Die Fahrt von Dinslaken-hiesfeld nach Wesel war eine Katastroph­e“, sagt sie. „Ganz Hiesfeld war dicht.“Um 15 Uhr hat die 80-Jährige einen Termin. Im beheizten Zelt können sie und ihr Mann nicht warten. „Es sei schon zu voll, heißt es. Was ist das denn für eine Organisati­on?“, schimpft der Mann. Bis seine Frau an der Reihe ist, müssen die beiden im Auto warten.

Eine Möglichkei­t, in dem Zelt, geschweige denn in der Niederrhei­nhalle Fotos zu machen, gibt es für Journalist­en nicht. „Bitte keine Bilder“, sagt ein Security-mitarbeite­r freundlich, aber bestimmt. Dass das Zelt schon so früh überfüllt ist, erklärt er damit, dass viele Senioren viel zu früh angereist sind. „Um 12 Uhr war schon jemand hier, der erst um 17 Uhr seinen Termin hat“, sagt er.

So wie Elisabeth Marx kommt auch Marlies Jäger aus Flüren. Sie hat sich ein Taxi bestellt und ist froh, dass sie zehn Prozent weniger zahlen muss als für eine gewöhnlich­e Fahrt. Um 13.48 Uhr kommt sie an, um 14.20 Uhr ist sie an der Reihe. So jedenfalls steht es in ihren Unterlagen. „Wer schaut jetzt die Papiere nach? Wo muss ich eigentlich hin?

Muss ich in das Zelt?“Ein DRK-MITarbeite­r begleitet die 80-Jährige zur Niederrhei­nhalle und beantworte­t ruhig alle Fragen.

Eine der vielen Seniorinne­n, die auf einen Rollator angewiesen sind und diesen am Montagnach­mittag durch den Schneemats­ch schieben, ist Christel Rohde. Die 86-jährige Weselerin strahlt. Es scheint ihr Glückstag zu sein. „Eigentlich hätte ich erst am Samstag einen Termin. Doch dann rief mich meine Hausärztin an, dass ich heute geimpft werden kann. Und natürlich wollte ich, ich habe ja Zeit.“Und weil auch die Enkelin Zeit und Lust hatte, die

Oma zum Impfen zu fahren, ist die 86-Jährige nun sehr gespannt, wie alles so abläuft.

Es ist kurz nach 14.30 Uhr, als die ersten Impflinge das umzäunte Niederrhei­nhallen-areal wieder verlassen. Schon etwas eigenartig: Denn die gesamt Impfung plus Aufklärung und Ruhephase nimmt normalerwe­ise 45 Minuten in Anspruch. Aber weil niemand verpflicht­et ist, 30 Minuten lang im Parkettsaa­l der Halle einen Kaffee zu trinken und zu entspannen, sind einige halt schon wieder früher draußen.

Elisabeth Marx und ihr Sohn sind fast genau nach 45 Minuten wieder da. Und, wie war es? „Alles gut. Alle waren sehr nett und hilfsberei­t. Der Arzt war wirklich sehr freundlich.“Sie strahlt. Ihr Fazit: „Auch wenn es noch einige kleine Schwachste­llen im Ablauf gegeben hat, so muss ich sagen, dass alles gut funktionie­rt. Es ist ein Geschenk des Himmels, dass ich so früh geimpft werden konnte.“Die zweite Impfdosis erhält sie am 1. März. Dann, so hofft sie, wird das Wetter deutlich besser sein. „Dann fahre ich natürlich selbst zur Impfung.“

Wenig später ist auch Marlies Jäger wieder da. Auch sie ist glücklich, zumal auch das Taxi pünktlich ist und sie schnell einsteigen kann. „Im Fernsehen wird nur davon berichtet, wie horrormäßi­g diese Impfungen laufen. Hier jedenfalls war heute alles super. Alle waren sehr nett.“Auch sie erhält am 1. März ihre zweite Impfdosis.

Und dann erscheint Christel Rohde mit ihrem Rollator und der Enkelin. So glücklich wie vorhin sieht sie aber nicht aus. Was ist passiert?„ich bin gar nicht geimpft worden. Verstehen tue ich das nicht. Jetzt muss ich am Samstag wiederkomm­en, so wie ursprüngli­ch vorgesehen.“Die alte Dame friert ein wenig, wartet auf die Enkelin, die das Auto holt. „Bis dahin mache ich mir einfach ein paar warme Gedanken“, sagt sie. Und dann lächelt sie wieder.

Wie aber kann es ein, dass jemand kurzfristi­g zum Impftermin eingeladen wird, dann aber unverricht­eter Dinge wieder nach Hause fahren muss? Michael Weyer, der zuständige ärztliche Leiter des Impfzentru­ms, erklärt auf Anfrage, dass nur vergleichs­weise wenige Impflinge den Termin wegen des Wetters abgesagt hätten. „Wir haben dann mit einigen Hausarztpr­axen ausgemacht, dass abends eventuell noch Senioren geimpft werden können, die zu einem späteren Zeitpunkt einen Termin haben.“Diese Senioren sollten kurzfristi­g angerufen werden. Im Fall von Christel Rohde sei es wohl zu Missverstä­ndnissen gekommen. Ansonsten zieht Weyer eine positive erste Bilanz nach gut zwei Stunden. „Er herrscht ein guter Fluss“, sagt er.

Wie viele der geladenen knapp 400 Impflinge am Montag nicht erschienen sind, dazu konnte Weyer am späten Nachmittag keine Angaben machen. „Es können aber alle, die am Montag nicht gekommen sind, nun am Dienstag zur gleichen Zeit ins Impfzentru­m kommen.“

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RP-FOTOS (2): KWN Ihre Hausärztin rief Christel Rohde an, sie könne schon kurzfristi­g am Montag zur Impfung. Daraus wurde nichts, sie muss noch bis Samstag warten.
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Elisabeth Marx mit ihrem Sohn Christoph ist zufrieden: „Alle waren nett und hilfsberei­t.“
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