Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Streit um Soziologie für Lehramtsanwärter
DÜSSELDORF Der Bedeutungsverlust der Sozialwissenschaften in der Lehrerausbildung und in den Schulen Nordrhein-westfalens trifft auf heftigen Widerstand. „Sozialwissenschaften lassen sich nicht durch das Fach Wirtschaft/politik ersetzen, wie es das Bildungsministerium aktuell plant – und das in Zeiten, in denen antidemokratische Parteien erstarken und die politische Bildung in den Schulen bereits schwächelt“, kritisierte die Landesschülervertretung. Eine Umfrage habe schon 2018 gezeigt, dass nur 32 Prozent des Politikunterrichts am Gymnasium politischen und nicht wirtschaftlichen Themen gewidmet seien.
Mit Beginn des aktuellen Schuljahres 2020/21 wurde in NRW an allen weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I das Schulfach Wirtschaft eingeführt beziehungsweise stärker gewichtet. In der Folge will das Fdp-geführte Schulministerium nun auch die Lehrerausbildung anpassen. Lehrer mit dem Fach Sozialwissenschaften können eine Fortbildung absolvieren. Notwendig sei dies aber nicht, so das Ministerium.
Der Protest gegen die geplanten Änderungen ist auch unter Studierenden groß: „Die Soziologie ist essenziell für einen kritischen Blick auf die Gesellschaft und für den Weg der Schüler und Schülerinnen hin zur Mündigkeit“, sagte Tobias Zorn vom Landes-asten-treffen NRW, der Studierendenvertretung. Unter den Studierenden führe die Ankündigung zu großer Verunsicherung.
Die Fortbildungen für Lehrer mit dem Fach „Sozialwissenschaften“werden einer Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der SPD zufolge von Universitäten, von der Deutschen Bundesbank, aber auch von verschiedenen Verbänden und Stiftungen angeboten.
Unternehmensverbände hingegen begrüßen das größere Gewicht der Wirtschaft im Unterricht als vorbildlich für andere Bundesländer. Es sei wichtig, die junge Generation ökonomisch und politisch klüger machen, sagte Thomas Rick vom Verband „Die Familienunternehmer“.