Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Blut im Stuhl
Bei manchen Symptomen ist sofortige ärztliche Abklärung erforderlich – auch in der Corona-pandemie. Nur so lässt sich Krebs früh erkennen.
Unser Leser Helmut V. (53) fragt: „Vor Jahren stellte mein Hausarzt bei mir im Rahmen einer Check-up-untersuchung Hämorrhoiden fest. Seit einigen Tagen beobachte ich nun Blut im Stuhl, das ich den Hämorrhoiden zuschreibe und bisher mit Salbe behandele. Meine Frau dringt aber doch auf eine baldige ärztliche Vorstellung.
Ist dies wirklich nötig in Zeiten von Corona?“
Andreas Tittel Sie sollten trotz aller Ängste vor Corona die Blutbeimengungen im Stuhlgang zeitnah ärztlich untersuchen lassen, denn solche Blutungen können auf einen bösartigen Tumor des Mast- oder Dickdarms hindeuten, für dessen erfolgreiche Behandlung eine möglichst frühzeitige Erkennung von entscheidender Bedeutung ist.
Erster Schritt der diagnostischen Abklärung ist eine proktologische Untersuchung, bei der End- und Mastdarm genau inspiziert, mit dem Finger ausgetastet und mit einem starren Endoskop untersucht werden, um krankhafte Veränderungen nachzuweisen.
Danach folgt die Koloskopie – der Goldstandard der Dickdarmabklärung. Dabei wird der etwa 1,50 Meter lange Dickdarm vollständig gespiegelt. Nach seiner vollständigen Entleerung und Reinigung lässt sich die gesamte Schleimhaut inspizieren, Tumoren genau lokalisieren und Proben entnehmen. Schleimhautwucherungen als Krebsvorstufen und kleinere Tumoren können in gleicher Sitzung endoskopisch vollständig abgetragen werden. Das entnommene Gewebe wird pathologisch untersucht. Kommt es hierbei zu einem Krebsnachweis, müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, um das exakte Ausmaß der Tumorausbreitung festzustellen. Die Bestimmung von Tumormarkern im Blut, die Ultraschalluntersuchung sowie die sogenannte Schnittbildgebung (CT, MRT) der Bauchorgane und der Lunge komplettieren die medizinische Diagnostik.
In der Tumorkonferenz eines Darmkrebszentrums erfolgt dann die interdisziplinäre Festlegung eines individuellen, trotzdem leitlinienkonformen Behandlungsplans. Trotz aller Fortschritte der Strahlen- und Chemotherapie ist auch heute noch die operative Entfernung des befallenen Darmabschnitts samt zugehörigem Lymphabstromgebiet der zentrale Baustein in der Behandlung eines kolorektalen Karzinoms. Auch Fernmetastasen können in geeigneten Fällen in gleicher Sitzung oder in einer weiteren Operation entfernt werden. Wenn immer möglich, werden heute minimalinvasive Op-techniken („Schlüsselloch
Der Goldstandard ist eine baldige Darmspiegelung
chirurgie“) eingesetzt, da sie zu einer schnelleren Erholung der Patienten führen.
Die langfristige Überlebensprognose eines kolorektalen Karzinoms hängt neben der operativen und onkologischen Expertise der Ärzte vor allem vom Tumorstadium zum Zeitpunkt der Diagnosestellung ab. Je früher diagnostiziert und damit weniger ausgedehnt die Tumorerkrankung ist, umso höher ist die Fünf-jahres-überlebensrate der Patienten. Bei kleineren, ortsständigen Karzinomen liegt sie bei etwa 80 bis 90 Prozent. Sind Lymphknoten befallen, fällt sie auf 60 Prozent. Finden sich Fernmetastasen in Leber, Lunge oder Bauchfell, sinkt die Fünf-jahres-überlebensrate auf unter 30 Prozent.
Mitentscheidend für gute Behandlungsergebnisse ist also die Früherkennung. Seit 2002 umfasst die gesetzliche Darmkrebsvorsorge neben Stuhltests auf Blut auch Vorsorgekoloskopien für Männer ab dem 55. und für Frauen ab dem
50. Lebensjahr.