Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Voerder Friseurin gibt Licht-zeichen
Andrea Schubert aus Friedrichsfeld hat bei der deutschlandweiten Aktion mitgemacht.
VOERDE/KREIS WESEL (vd/ca) Ein hellerleuchteter Friseursalon. Licht fällt auf die leeren Stühle, die Waschbecken und die ausgestellten Pflegeprodukte. Mit einer symbolträchtigen Aktion weisen deutschlandweit Friseure auf ihre prekäre Situation hin. Wegen Corona sind die Salons seit dem 16. Dezember geschlossen. Andrea Schubert, selbstständige Friseurin aus Friedrichsfeld, war am Wochenende zum zweiten Mal dabei. Von Freitag bis Montag war ihr Salon „Friseur am Markt“leuchten, auch ohne Kundschaft und Kolleginnen.
„Licht an – bevor es ganz ausgeht“, unter dem Motto hat der Zentralverband des Deutschen Friseurhandwerks die Inhaber der bundesweit 80.000 heimischen Friseursalons an zwei Wochenenden dazu aufgerufen, das Licht anzulassen. „Eigentlich sollten wir am 1. Februar wieder öffnen, deswegen war da der erste Teil der Aktion“, erklärt Friseurin Andrea Schubert. Die Salons hätten sich an starke Hygienevorschriften gehalten, von sechs Bedienplätzen nur noch drei besetzt, nach jeder Kundschaft alles desinfiziert und immer die Haare gewaschen – öffnen dürfen sie seit Mitte Dezember nicht mehr. Dafür boomt die Schwarzarbeit.
Einige Anfragen habe auch Andrea Schubert bekommen: „Ich wurde gefragt, ob sie nicht zu mir nach Hause kommen könnten.“Für die Saloninhaberin kommt das aber nicht in Frage. „Ich würde das nie machen. Es kann kein Mindestabstand eingehalten werden. In den letzten Wochen habe ich nicht mal meiner besten Freundin die Haare geschnitten, nur meinem Mann.“
Doch auch bei Schubert wird es finanziell langsam schwierig. Laufende Kosten und das Vorstrecken des Kurzarbeitergeldes ihrer Mitarbeitenden habe sie durch private Rücklagen begleichen können, ihre Salonmiete wurde gestundet. „Die Überbrückungshilfe kommt nicht an.“Ohne das Einkommen ihres Mannes wäre Schuberts Situation schwieriger, nicht alle Kolleginnen und Kollegen hätten das Glück eines zweiten Familieneinkommens. Kürzlich habe sie mit zwei Friseurinnen gesprochen: „Wenn wir nicht bald wieder öffnen dürfen, lassen sie den Laden zu.“
Klaus Peter Neske, Obermeister der Friseur-innung im Kreis Wesel, klingt wie so viele in diesen Tagen. Ein Stückchen Rest-hoffnung, dass das Leben am 15. Februar wieder Fahrt aufnimmt, schwingt auch in der Stimme mit. Doch glauben kann Neske es noch nicht. „Der Lockdown wird bestimmt noch mal verlängert, vielleicht zwei, drei Wochen“, vermutet er. Zudem ärgert er sich noch über einen anderen Umstand: „Alle Handwerker dürfen arbeiten, nur wir nicht.“
Dagegen erfülle die Branche alle Hygieneauflagen, ein von einem Friseursalon ausgehender Hotspot sei deshalb unwahrscheinlich. „Wenn wir bis Ende Dezember hätten öffnen dürfen, wäre die Situation jetzt nicht so schlimm.“Sein Vorschlag: Man könnte das Geschäft langsam wieder anrollen lassen, „auf die Dauerwelle erst mal verzichten“.
Auch Holger Benninghoff, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Wesel, treibt die momentane Situation Sorgenfalten auf die Stirn: „Was uns beschäftigt, sind die
Zuschüsse. Mich rufen viele Friseure an, bei denen die angekündigten Hilfen nicht ankommen. Zudem fallen in nächster Zeit auch Innungsbeiträge und Beiträge an Berufsgenossenschaften an.“Die momentane Situation tue weh – für einige Branchen seien die Aussichten extrem trübe. „Außerdem werden auf längere Sicht dann auch die Folgeaufträge fehlen“, erklärt Benninghoff, „der lange Lockdown wird auf verschiedene Branchen durchschlagen“.
Friseurin Andrea Schubert gibt die Hoffnung nicht auf und so wird sie ab heute Abend die Lichter anlassen, um auf die Sorgen des Handwerks aufmerksam zu machen. „Ein Vermögen wird mich das nicht kosten, alle Lichter im Salon sind LEDS“, erklärt Andrea Schubert mit einem Augenzwinkern.