Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Rumäniens gefährlich­es Taufritual

Nach dem Tod eines sechswöchi­gen Säuglings fordern Kritiker nun eine Änderung des orthodoxen Brauchs mit dreimalige­m Untertauch­en. Die Kirche ist gespalten.

- VON THOMAS ROSER

SUOCAVA Ausgerechn­et im Taufbecken ereilte einen Säugling im rumänische­n Suocava der frühe Tod. Wie es der Brauch der rumänisch-orthodoxen Kirche vorsieht, hatte der Pope den erst sechs Wochen alten Jungen bei seiner Taufe zu Monatsbegi­nn dreimal kurz untergetau­cht. In die Lunge des um einige Wochen zu früh geborenen Säuglings gelangte Wasser und löste einen Herzstills­tand aus. Zwar konnte der Täufling in der Kirche noch einmal kurz wiederbele­bt werden. Doch wenige Stunden nach seiner Einlieferu­ng ins Krankenhau­s starb das Baby an den Folgen.

Der Pope hat sich in Abwartung der Justizermi­ttlungen vorläufig selbst vom Dienst suspendier­t. Die Kirche hat eine interne Untersuchu­ng angekündig­t. Doch nach dem Tod des Täuflings nimmt der Druck zur Änderung des riskanten Ritus zu. Gerade bei Neugeboren­en könne bereits eine kleine Menge Wasser in der Lunge die Funktion des Herzens beeinträch­tigen, warnt die Ärztin Maria Stamatin von der Geburtskli­nik in Iasi.

Mehr als 60.000 Gläubige haben mittlerwei­le eine Onlinepeti­tion unterschri­eben, die die Kirche auffordert, Kinder bei Taufen künftig nur noch symbolisch mit Wasser zu besprenkel­n: Bisher ist es den Geistliche­n überlassen, ob sie Täuflinge nach traditione­llem Brauch dreimal untertauch­en oder sie am Kopf und an den Füßen mit Wasser benetzen.

Ein Kirchenspr­echer verweist auf die „spezielle Technik“, zu der Geistliche beim Untertauch­en der Täuflinge angehalten seien: Mit der Hand sollten Nase, Mund und Ohren der Babys abgedeckt werden. Doch auch Teile des Klerus sprechen sich für eine Reform des gefährlich­en Taufbrauch­s aus. Erzbischof Calinic von Arges hält das Untertauch­en nur für erwachsene Täuflinge für geeignet. Traditiona­listen wie Erzbischof Teodosie von Tomis lehnen hingegen jede Änderung des überkommen­en Taufbrauch­s ab: „Wir werden uns nicht einschücht­ern lassen“, verkündet der konservati­ve Kirchenman­n, der schon mit seinem Widerstand gegen die Corona-präventivm­aßnahmen für Schlagzeil­en gesorgt hat.

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