Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Wir wünschen uns mehr Normalität“
REINHARD WOLF Der Dinslakener Spd-parteichef zieht eine Bilanz nach 100 Tagen Bürgermeisterin Eislöffel und Stadtrat.
DINSLAKEN Für die SPD war die Kommunalwahl im vergangenen Jahr ein besonders harter Einschnitt: Seit 2009 stellte die SPD den Bürgermeister – bei der Stichwahl nach der Kommunalwahl im vergangenen Jahr wurde Michael Heidinger abgewählt. Im Rat stellt die SPD zwar auch nach der Wahl die stärkste Fraktion, musste sich aber dennoch erst einmal neu sortieren. Feste „Koalitionen“wurden nicht vereinbart. Der seit der Wahl deutlich vergrößerte und aus acht Fraktionen bestehende Stadtrat und die neue Bürgermeisterin Michaela Eislöffel sind nun seit 100 Tagen im Amt. Wir haben die Bürgermeisterin und die Ratsfraktionen um eine Zwischenbilanz zur bisherigen Arbeit gebeten. Ein Gespräch mit Reinhard Wolf, Spd-statverbandsvorsitzender.
Wie bewerten Sie die ersten 100 Tage der neuen Bürgermeisterin? REINHARD WOLF Da wir schon in den Gesprächen mit den anderen Parteien stets betont haben, konstruktiv, aber auch kritisch zusammenzuarbeiten, galt und gilt das natürlich auch für die Bürgermeisterin. Klar ist auch, dass sie als Verwaltungsfremde ihre Einarbeitungszeit braucht, die wir ihr auch zugestehen. Sie hat im Wahlkampf Transparenz und Beteiligung versprochen. Das darf sich aber nicht in den freitäglichen Videos erschöpfen, sondern muss täglich gelebt werden. Das ist ein hoher Anspruch, den sie sich selbst gesetzt hat.
Beim Thema Barmingholten gab’s den ersten Patzer, dass die BI zum Gespräch mit Thyssen und Hillwood nicht eingeladen wurde, für den sie sich entschuldigt hat. Fehler passieren, und wenn man sie eingesteht, ist alles gut.
WOLF Die aktuelle Entwicklung zur Einrichtung und Besetzung einer zusätzlichen Referentenstelle muss aber unseren entschiedenen Widerstand hervorrufen. Die Begründung für die zusätzliche Stelle ist nicht stichhaltig, das beabsichtigte Besetzungsverfahren alles andere als transparent. Ich hoffe, dass das kein Muster in ihrer Arbeit wird.
Wie bewerten Sie die ersten 100 Tage des neuen Stadtrats?
WOLF Die ersten 100 Tage waren für alle durch die Pandemie geprägt. Die Ratsarbeit konnte nur mit Einschränkungen laufen. Bis auf die ersten beiden, eher konstituierenden Sitzungen, fand keine weitere Ratssitzung statt. Auch die Form der Sitzungen, mit großem Abstand, erschwert die politische Arbeit in den Gremien. Man kann nicht während der Sitzung mal eben die Köpfe zusammenstecken, um schnell reagieren zu können. Trotzdem haben die Gremien ihre Arbeit mit großem Engagement aufgenommen.
Welche Erfolge gibt es aus Ihrer Sicht? Was hätte möglicherweise besser laufen können?
WOLF Als positiv aus Sicht der SPD kann ich vermerken, dass die Fraktion sich schnell gefunden hat und in zentralen Themen sachorientiert arbeitet und entscheidet. Die Zusammenarbeit mit der BI Barmingholten haben wir als enorm hilfreich und positiv empfunden. Nicht umsonst haben wir unsere alte Position überdacht und uns bewusst gegen den geplanten Logistikpark ausgesprochen. Wir sind also lernfähig. Bereits direkt zu Beginn der Ratsperiode haben wir als ersten Antrag die Beschaffung von Luftreinigungsgeräten für Schulen auf den Weg gebracht. Es ist schön zu sehen, dass jetzt zumindest ein Gerät pro Schule testweise aufgestellt wird. Das Thema wird uns noch weiter verfolgen.“
Was erhoffen Sie sich für den Rest der Wahlperiode?
WOLF Für die Zukunft wünschen wir uns ein Stück mehr Normalität. Ich hoffe, dass die Verwaltung schnell eine räumliche Lösung findet, trotz Abstandsgebot wieder vollständige Ratssitzungen zu ermöglichen, am besten schon ab März. Die Delegation auf den Hauptausschuss muss die absolute Ausnahme bleiben.