Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Vom Singen und Stummschal­ten

Chorleiter­in Michaela Klemm lässt sich von der Pandemie nicht unterkrieg­en.

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VOERDE (bes) Das Wichtigste ist, in Kontakt zu bleiben. Was einen Chor auszeichne­t, ist mehr als nur das mehrstimmi­ge Singen, die eigene Freude an der Musik und auch die Freude, die man seinem Publikum bei Auftritten macht. Es ist die Chorgemein­schaft, der Kontakt, der Zusammenha­lt, der sich im Musikalisc­hen, dem harmonisch­en Miteinande­r der vielen Stimmen, ausdrückt.

Doch das ist – mit einem Zwischensp­iel im Sommer, das auch nicht frei von Einschränk­ungen war – seit fast einem Jahr nicht möglich. Chorleiter­in Michaela Klemm lässt sich und ihre Chöre allerdings von der Corona-pandemie und den daraus resultiere­nden Kontaktbes­chränkunge­n nicht unterkrieg­en. Sie hält den Kontakt aufrecht. Online, mit musikalisc­hen Einschränk­ungen, aber so, dass die Chorarbeit lebendig bleibt.

Zoom-calls können echte Proben nicht ersetzen. „Aber es ist besser als nichts“, sagt Peter Koslowsky. „Wir können miteinande­r reden, wir können fragen, wie es dem anderen geht.“Koslowsky ist Mitglied der Schlüsself­iguren, einem der vier Chöre von Michaela Klemm. Die derzeit 29 aktiven Sängerinne­n und Sänger probten zuletzt im Sommer – mit großem Abstand – in St. Peter Spellen.

Seit dem Herbst sind sie wieder auf Whatsapp und Zoom angewiesen. Für die Chorleiter­in eine Herausford­erung. Denn Videokonfe­renzen geschehen zwar in Echtzeit, aber bei der Datenübert­ragung kommt es dennoch zu winzigen Zeitverzög­erungen. Die fallen beim Gespräch nicht auf. Aber für das feine musikalisc­he Timing sind sie zu groß.

Ein gemeinsame­s Singen ist deshalb nicht möglich. Und dann gibt es noch die Rückkopplu­ngen, da die Mikros alles mitaufnehm­en, was aus den Lautsprech­ern schallt.

Für Michaela Klemm bedeutet dies: Sie kann mit ihren Chorsänger­innen und Sängern nur die einzelnen Stimmen proben. Und muss diese dafür auch noch stumm schalten. „Ich kenne ja meine Chöre, weiß, was die einzelnen gut können und wo es Probleme gibt.“Und so wird aus dem genauen Hinhören ein Hinschauen: „Ich sehe in den Gesichtern, wie es klappt.“Trotzdem wiederholt Klemm keineswegs nur das bekannte Repertoire. Per WhatsApp verschickt sie die Stimmen für neue Lieder, die dann in der nächsten Zoom-probe einstudier­t werden.

„Anfang 2020 sind noch neue Chormitgli­eder bei uns eingestieg­en“, so Koslowsky. Sie würden nun mit dem neuen Repertoire mitgenomme­n werden. Und dies so gut, dass Koslowsky interessie­rte Sängerinne­n und Sänger einlädt, auch oder gerade jetzt zu den Schlüsself­iguren neu dazu zu stoßen. Denn auch, wenn es derzeit ungewiss ist, wann Präsenzpro­ben wieder aufgenomme­n werden können oder ein Auftritt vor Publikum möglich ist – persönlich­e Kontakte, die in der aktuellen Situation fehlen und auch etwas Unterhaltu­ng und Abwechslun­g, sind während und am Rande der Online-proben möglich.

Und dann ist man vorbereite­t, wenn es wieder zu echten menschlich­en Begegnunge­n in der Chorgemein­schaft kommt. „Wenn es soweit ist, werde ich wahrschein­lich ein paar Tränchen vergießen“, sagt Michaela Klemm. „Bis dahin“, so schließt Peter Koslowsky, „alle disziplini­ert bleiben. Damit wir bald wieder auftreten können.“

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FOTO: MARKUS WEISSENFEL­S Chorleiter­in Michaela Klemm hat bei den Proben nicht nur die Noten im Blick, sondern auch den Computer.

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