Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Pandemie trifft auch die Schiedsrichter
Die Verantwortlichen in den Fußball-kreisen Rees/bocholt und Kleve/geldern sorgen sich über mögliche negative Auswirkungen. Der Lockdown könne dazu führen, dass einige Unparteiische gar nicht mehr zur Pfeife greifen wollen.
Verantwortliche in den Fußball-kreisen sorgen sich über negative Auswirkungen. Der Lockdown könne zu sinkenden Zahlen führen.
NIEDERRHEIN Die Corona-pandemie stellt auch den Amateursport vor immense Herausforderungen. Und noch ist nicht abzusehen, wie groß der Scherbenhaufen sein wird, der zusammengekehrt werden muss, wenn die Krise irgendwann bewältigt ist. Schließlich mussten Sport und Vereinsleben über Monate ins Abseits gestellt werden. Sorgen treiben auch Klaus-peter Sagadin um. „Mal ehrlich: Wenn man am Wochenende eine Zeit lang nicht mehr turnusmäßig auf den Plätzen unterwegs ist, seine Zeit auch anders verplanen kann, dann kann man sicher Gefallen daran finden“, sagt der Vorsitzende des Schiedsrichterausschusses im Kreis elf (Rees/bocholt), der erst zum Beginn dieses Jahres den langjährigen Schiri-obmann Norbert Brunnstein beerbt hat. Die Befürchtung, dass vor allem die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter unterhalb der Bezirksliga – und da vor allem die älteren Unparteiischen – während der Pandemie die Pfeife endgültig an den Nagel hängen könnten, ist vorhanden. „Ich denke, die Schiedsrichter der oberen Klassen werden nicht aufhören. Die haben zu viel Zeit und Energie bis dahin investiert, um dann aufzuhören“, so Sagadin.
196 Unparteiische zählt der Kreis elf aktuell, darunter etwa zehn bis zwölf Schiedsrichterinnen. Vor allem der persönliche Kontakt, die Vier-augen-gespräche, so Sagadin, fehlen derzeit besonders. Zwar bietet der Fußball-kreis zwei virtuelle Schulungen im Monat an, doch „es ist nicht das Gleiche. Der persönliche Kontakt ist einfach unersetzlich“, sagt der Bocholter.
Doch es ist ja auch nicht so, als hätten die Unparteiischen in diesen Tagen nichts zu tun. Vor allem das Thema Fitness und Kondition spielt mit Blick auf die erhoffte Rückkehr auf den Platz eine große Rolle. „Die Schiedsrichterei ist ein Bewegungssport, auch wenn viele da oft spotten. Die Ausübung setzt eine gewisse Kondition voraus. Wenn es wieder losgeht, haben wir ja nicht sechs Wochen Zeit, um uns fit zu machen“, sagt Klaus-peter Sagadin. So bietet der Kreis in Zusammenarbeit mit den Lehrwarten eine Betreuung durch einen Fitnesscoach an. Zu guter Letzt müssen die Aktiven auch in der Zwangspause regeltechnisch auf dem Laufenden bleiben.
Vorbildlich, so Sagadin, funktioniere der Austausch mit den Jugendschiedsrichtern. „Da halten wir einen sehr guten Kontakt“, sagt der Schiedsrichter-chef, der dabei vor allem das Engagement der Lehrwarte hervorhebt: „Das sind ja selbst auch noch sehr junge Leute, die sich wirklich sehr viel Zeit nehmen.“
Selbst wenn der Ball auch auf den Amateurplätzen in absehbarer Zeit wieder rollen sollte, werden sich die Sorgen und Nöte damit nicht urplötzlich in Luft auflösen. Das weiß auch Klaus-peter Sagadin. „Die Sorgen vor der Pandemie sind die Sorgen nach der Pandemie.“
Die Arbeit, die durch die Coronavirus-pandemie zeitweise verlagert wurde, wird für ihn und seine Mitstreiter weitergehen. Bleibt die Frage, wie viele Unparteiische bis dahin die Segel gestrichen haben. Klaus-peter Sagadin blickt den Herausforderungen dennoch mit einer großen Portion Zuversicht und Optimismus entgegen: „Natürlich haben auch wir Sorgen, aber ich glaube, dass alle ihr Hobby gerne ausüben und sich einfach nur freuen, wenn es wieder losgeht.“
Im Nachbarkreis acht (Kleve-geldern) sind die Sorgen ganz ähnlicher Natur. „Natürlich vermissen es viele Schiedsrichter derzeit, dass sie nicht aktiv sein können. Doch es wird auch Kollegen geben, die plötzlich merken, wie viel mehr Zeit sie in der Pandemie für ihre Familien hatten und sich deshalb überlegen, ihre Laufbahn jetzt zu beenden“, sagt Sandra Jung, Vorsitzende des dortigen Schiedsrichterausschusses. Die Verantwortlichen versuchen, das zu verhindern. Das geht derzeit nur virtuell. Zuletzt boten sie eine Online-schulung mit den beiden Aushängeschildern Guido Winkmann und Martin Thomsen an, die in der Bundesliga auf dem Platz stehen. Sie erzählten während eines Zoom-meetings wie es ist, in der Corona-krise als Referee im Profibereich aktiv zu sein.
„Diese Videokonferenz war sehr gut besucht. Für unseren Fußball-kreis ist es enorm wichtig, dass wir so prominente Schiedsrichter als Vorbilder in unseren Reihen haben“, sagt Sandra Jung, die Mitglied der DJK Hommersum/hassum ist. Das macht Hoffnung für die Zukunft, auch wenn es momentan schwer falle, allzu optimistisch nach vorne zu blicken.
„Die Sorgen vor der Pandemie sind die Sorgen nach der Pandemie“Klaus-peter Sagadin Vorsitzender des Schiedsrichterausschusses im Fußball-kreis Rees/bocholt