Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Brohls Niederlage
Ob ein zweites Impfzentrum im Kreis Wesel notwendig ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Es gibt gute, auch sehr gute Gründe, die dafür sprechen, ebenso gute und sehr gute Gründe dagegen. Dies ist ein Indiz dafür, dass es keine kluge Antwort gibt. In der Pandemie gilt: Morgen kann etwas anderes richtig sein als heute. Wenn bald mehr kompliziert zu lagernder Biontech-impfstoff kommen sollte, könnte es wohl nicht schaden. Wenn das Wörtchen „wenn“nicht wär’, wär’ so mancher Bundeskanzler.
Dass die Debatte mühselig ist, haben die letzten Monate gezeigt. Und dies zeigt auch die Entscheidung des Landes, nur ein Impfzentrum zuzulassen. Die Kräfte im Kreis Wesel konzentrierten sich stark auf das zweite Impfzentrum. Zu stark. Andere Lösungsansätze wurden vernachlässigt.
Das fällt nun unmittelbar auf Landrat Ingo Brohl zurück. Der Cdu-politiker betonte immer wieder, er setze sich bei der Landesregierung für ein zweites Impfzentrum ein. Er brachte dabei auch öffentlich seine vermeintlich guten Kontakte zur schwarz-gelben Regierung ein. Nun zeigt sich: Sein Einsatz hatte keine Wirkung.
Die Entscheidung des Landes ist für Ingo Brohl eine Niederlage. Er hat sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Er hat bereits mit Standorten kokettiert, die es gebe, während das Land diese offenbar bereits abgelehnt hatte. Dass er sich nun öffentlich hinter der Differenzierung zwischen „Impfzentrum“und „Impfstandort“versteckt, ist absurd. Immer wieder hatte Brohl öffentlich von einem „zweiten Impfzentrum“gesprochen, das der Kreis Wesel brauche. Eine kurze Googlesuche bestätigt das. Dass der Kreis sagt, er kenne die Entscheidung des Landes „schon länger“, macht die Sache nicht besser. Man könnte daran denken, dass die Öffentlichkeit hier nicht richtig informiert wurde. Der Landrat gibt in dieser Causa ein schwaches Bild ab.