Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Sonne satt zieht die Menschen ins Freie
Bei Temperaturen nahe der 20-Grad-marke zog es am Sonntag zahllose Spaziergänger und Radfahrer vor allem an den Rhein und in die Aue. Noch vor einer Woche lagen die Temperaturen im zweistelligen Minusbereich.
Bei frühlingshaften Temperaturen genossen am Sonntag Fußgänger und Radfahrer die ersten wärmenden Sonnenstrahlen des Jahres.
WESEL( jok) Das dürfte es noch nicht so oft gegeben haben: Während an der Weseler Rheinbrücke noch ein Rest Schnee liegt, flanieren ein paar hundert Meter weiter flussabwärts an der Rheinpromenade bereits Menschen in kurzer Hose und T-shirt. Die Temperaturen sind innerhalb einer Woche von zweistelligen Minusgraden auf fast 20 Grad gestiegen.
„Der Winter geht diesmal direkt in den Sommer über“, sagt Rainer Laubitz lachend, der in der Mittagssonne unterhalb des Welcome-hotels mit seinem fünfjährigen Enkel Henry direkt am Ufer spielt. Der 69-Jährige ist mit seiner Frau Elke extra aus Essen nach Wesel gekommen. „Weil es hier am Rhein einfach so schön ist“, schwärmt er.
Nicht ganz so weit hat es Jürgen Au: Der 67-Jährige aus Obrighoven war vor einer Woche noch mit seiner Frau Rita im winterlichen Wald spazieren. Beide hätten vor sieben Tagen nie gedacht, dass sie sich am folgenden Wochenende bei fast 20 Grad am Rheinufer von der Sonne verwöhnen lassen können. So sehr vor allem seine Frau die wärmenden Strahlen an der Promenade mit geschlossenen Augen genießt, so entspannt sah ihr Mann den Wintereinbruch: „Das ist halt Natur. In den 70er Jahren war das ganz normal: Wenn eben zu viel Schnee lag, kam kein Bus. Na und? Davon ging die Welt auch nicht unter. Heute spricht man direkt von katastrophalen Zuständen.“Doch auch Jürgen Au gibt zu: „Heute die Sonne ist natürlich herrlich – gefühlt 40 Grad wärmer als vor einer Woche.“Er plaudert schon minutenlang mit einem Nachbarn, den er zufällig getroffen hat. Dieser sitzt bereits mit kurzer Hose am Fluss und schaut auf die vorbeiziehenden Schiffe. Während des Gesprächs passieren dutzende Spaziergänger, viele davon mit Hunden, den Weg unweit des Ufers. Es sind hier zwar hunderte Ausflügler unterwegs, aber zumindest um die Mittagszeit ist noch genügend Platz, um sich corona-konform aus dem Weg zu gehen. „Das ist am Essener Baldeneysee anders“, berichten Monika und Rheinard Sabath. Das Paar ist am frühen Morgen aus Essen-frohhausen „geflohen“und hat sich auf die knappe Stunde Fahrt zum Weseler Auesee gemacht. „Hier kann man sich zum Glück gut aus dem Weg gehen und es ist doch traumhaft schön“, schwärmt die 70-Jährige.
Gleich um die Ecke in der Feldmark wohnt Aileen Schultz, die mit ihrer Tochter Lara Sophie schon seit Stunden auf dem großen Spielplatz am Rheinbad das Wetter genießt. „Ein Paradies für meine Tochter“, sagt die 37-Jährige, die froh ist, dass die Fünfjährige es liebt, an der frischen Luft zu spielen. „Vergangenen Sonntag habe ich sie noch auf dem Schlitten durch den Schnee gezogen“, erzählt sie und muss dabei schmunzeln: „Mama schneller!“, habe die Tochter voller Begeisterung immer wieder gerufen. Und jetzt – genau sieben Tage später – buddelt das Mädchen ohne Jacke mit anderen Kindern im Sand und klettert die Seilpyramide hinauf. Aileen Schultz hat es sich mit einer Thermoskanne Kaffee auf einer nahen Bank gemütlich gemacht. Sie sagt sichtlich erleichtert: „So schön der viele Schnee auch für die Kinder war – ich bin heilfroh, dass es vorbei ist.“
Zum dritten Mal in diesem Jahr hatte Lazgin Bice am Sonntag den neuen Biergarten an der Rheinpromenade geöffnet. Zwar durfte er Snacks und Getränke „nur“zum Mitnehmen verkaufen. „Aber besser als gar nichts, auch wenn ich natürlich lieber Tische und Stühle aufgestellt hätte“, sagt der Inhaber, der in der Mittagszeit alle Hände voll zu tun hat. Zahlreiche Radler und Motorradfahrer machen hier Rast und gönnen sich eine Stärkung. Zwar dürfen die Speisen und Getränke nicht in einem Umkreis von 50 Metern verzehrt werden, doch das ist bei den vielen Sitzgelegenheiten an der nahen Rheinpromenade kein größeres Problem.
Einen Sonntags-fahrradausflug hat Familie Giese an den Rhein gemacht. Sogar die fünfjährige Frida ist den ganzen Hinweg aus dem Stadtteil Feldmark tapfer selbst gestrampelt, für den Rückweg wird ihr Rädchen aber an Vaters Fahrrad angehängt. Ihr größerer Bruder Lennard findet die Radtour durch die Sonne „toll“– noch besser sei aber die Schlittenfahrt eine Woche zuvor gewesen, sagt er. Seinen Eltern Heike und Sebastian Giese gefällt allerdings der sonnige Sonntag deutlich besser.