Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Kassenärzte stärken Bundesregierung den Rücken
BERLIN Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, plädiert angesichts der verbreiteten Skepsis gegenüber dem Corona-impfstoff von Astrazeneca für eine Lockerung der Impfreihenfolge. „Wenn ein Impfangebot an jemanden ergeht, und das wird abgelehnt, muss derjenige sich wieder ganz hinten anstellen, und es kommen zuerst andere dran“, sagte Gassen unserer Redaktion. „Zunächst muss ärztliches und medizinisches Personal in der Fläche durchgeimpft werden. Auch und gerade in den Arztpraxen“, forderte er.
Der Mediziner zeigte Unverständnis für die Debatte über das Vakzin. „Der Astrazeneca-impfstoff ist von der Handhabbarkeit her günstiger, weil er leichter zu transportieren und zu lagern ist. Sie können ihn in den Arztpraxen unproblematisch verimpfen. Er ist hochwirksam, wirksamer als jeder Grippe-impfstoff“, sagte Gassen. „Ja, es gibt bei Astrazeneca mitunter Nebenwirkungen wie Fieber. Aber das ist ja durchaus zu erwarten, wenn überwiegend Jüngere geimpft werden, die eine stärkere Immunantwort haben“, erklärte Gassen. „Ob er wirklich deutlich weniger wirksam ist als Biontech oder Moderna, wissen wir erst, wenn große Zahlen und Studien vorliegen. Aber was ist die Alternative? Wenn ich mich nicht impfen lasse, habe ich gar keinen Schutz“, betonte der KBV-CHEF. „Mir fehlt jedes Verständnis dafür zu sagen: Mit Astrazeneca will ich mich nicht impfen lassen. Dann muss man sagen: Wer nicht will, der hat schon.“
Die Zusage der Bundesregierung, bis zum Sommer jedem Bürger ein Impfangebot zu machen, hält Gassen für realistisch, „wenn die Impfstoffzusagen eingelöst werden“. Er sprach sich für schnelle regionale Öffnungsschritte aus, sobald dies vertretbar sei. „Dass man eine Region mit hohen Inzidenzwerten anders behandeln muss als die mit niedrigen Werten, liegt auf der Hand. Deswegen kann man nicht einfach pauschal sagen, dass es überall keine Restaurantöffnungen oder keinen Osterurlaub geben darf“, sagte er.