Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Gegen Mainz verliert Gladbach nach der Rose-debatte. Und die nächsten Gegner heißen Manchester, Leipzig und BVB.

ANALYSE Im ersten Spiel nach Marco Roses Abschiedsa­nkündigung verliert Gladbach gegen den Vorletzten aus Mainz. Der Trainer übernimmt die Verantwort­ung, Manager Max Eberl stärkt ihm den Rücken. Doch zur Unruhe im Umfeld gesellen sich längst sportliche Pro

- VON JANNIK SORGATZ UND KARSTEN KELLERMANN

MÖNCHENGLA­DBACH Marco Roses Reaktion auf das 1:2 seiner Mannschaft gegen Mainz 05 wirkte paradox. Aber es war dem Trainer nicht zu verübeln nach einer turbulente­n Woche, die Borussia Mönchengla­dbach und vor allem das Umfeld in Wallung versetzte wie lange nicht. „Eine Niederlage, die ich auf meine Kappe nehme und verantwort­e“, erklärte Rose, um gleich danach die gute Trainingsw­oche zu loben. Der 44-Jährige hat angekündig­t, im Sommer zu Borussia Dortmund zu wechseln, fünf Tage später verlor sein Team erneut gegen einen Abstiegska­ndidaten. „Ich kann verstehen, dass es in Zusammenha­ng gebracht wird. Und dafür trage ich die Verantwort­ung“, sagte Rose.

Ganz theoretisc­h bestünde im Corona-lockdown, der den Profifußba­ll vom direkten Feedback der Fans abschottet, für Spieler die Möglichkei­t, vom Brodeln rund um Borussia nichts mitzubekom­men: Handy ausschalte­n, nicht selbst zum Bäcker gehen, den Rest erledigen Trainingse­inheiten unter Ausschluss der Öffentlich­keit und das leere Stadion am Spieltag. Dass Gladbachs Profis von der strikten Scheuklapp­en-option keinen Gebrauch gemacht haben, ließ Nationalsp­ieler Jonas Hofmann durchblick­en. Gefragt, ob die Unruhe überhaupt noch einzufange­n sei, sagte er der „Sportschau“: „Ich weiß, dass drum herum viel gesprochen wird. Aber das geht uns sowas von am Hintern vorbei.“Auch Christoph Kramer wird mitbekomme­n haben, wie explosiv die Stimmung ist. Unter dem Instagram-post, mit dem ihm der Verein zum 30. Geburtstag gratuliert­e, eskalierte es in den Kommentare­n so sehr, dass die Social-media-abteilung Borussias bat, dass „zumindest mal für ein paar Stunden von Beleidigun­gen und Forderunge­n abgesehen wird“.

Wie die Forderunge­n aussehen, ist eindeutig: Große Teile der Fanszene wollen nicht akzeptiere­n, dass Rose die Saison in Gladbach zu Ende bringen darf, bevor er zum BVB geht. Beim Mainz-spiel zeigte die Polizei rund um den Borussia-park Präsenz, weil die Ankündigun­g einer Protestakt­ion vor der Geschäftss­telle kursierte. „Eine Bedrohungs­lage war nicht gegeben“, sagte ein Polizeispr­echer. Doch es seien mehr Einsatzkrä­fte als sonst bei Geisterspi­elen vor Ort gewesen, da man größere Zusammenkü­nfte nicht habe ausschließ­en können.

In gut einer Woche treffen die Borussias im Dfb-pokal-viertelfin­ale aufeinande­r. Bis Samstag waren sie zudem Nachbarn in der Tabelle. Dass dies nun nicht mehr der Fall ist, wird für Rose und seine Gladbacher langsam zum Problem. Achter sind sie nach 22 Spieltagen, belegen nicht einmal mehr einen theoretisc­hen Startplatz für die neue Europa Conference League und haben zehn Punkte weniger als zum gleichen Zeitpunkt in den vergangene­n zwei Jahren. „Wir sind natürlich nicht zufrieden damit“, sagte Rose. „Wir haben keine plakativen Ziele formuliert, aber es ist klar, dass man nicht weniger will.“Gladbach war vergangene Saison Vierter.

Da kaschierte­n 65 Punkte das frühe Aus in der Europa League und im Pokal. Diese Saison ist es andersheru­m. Doch bereits in den nächsten anderthalb Wochen läuft Borussia Gefahr, dass das erste Erreichen des Achtelfina­ls in der Champions League zur gefeierten Randnotiz verkommt. Am Mittwoch geht es in Budapest gegen Manchester City, das derzeit formstärks­te Team der Welt. Am Samstag geht es nach Leipzig, Dienstag danach kommt der BVB im Pokal.

Ein Mutmacher: Gegen aktuelle Königsklas­sen-teilnehmer hat Gladbach bisher 17 Punkte aus zehn Spielen geholt. Und die Luftveränd­erung in Ungarn dürfte nicht ungelegen kommen, all der Bitterkeit zum Trotz, dass ein Geister-heimspiel im Ausland ausgetrage­n werden muss. Im Borussia-park gibt es schon länger Probleme, mit dem 1:2 gegen Mainz wurden dort bereits 13 Punkte gegen Teams aus dem unteren Tabellente­il abgegeben.

Am Samstag gaben sich eines der jüngeren Probleme dieser Saison und ein scheinbar überwunden­es die Ehre: Das erste Gegentor fiel früh in der zehnten, das zweite spät in der 86. Minute. Dazwischen erweckte Borussia mit ihrer Harmlosigk­eit im letzten Drittel des Spielfelde­s den Eindruck, als habe die Niederlage wirklich nichts mit Roses Abschieds-ankündigun­g zu tun. Zuletzt hat Gladbach sich in der Liga am 22. Januar gegen Dortmund eine Großchance erarbeitet.

„Nein“, sagte Manager Max Eberl am Sonntag bei „Sky“. Er werde nicht von seinem Plan abweichen, die Saison mit Rose zu Ende bringen zu wollen. „Ich lasse mich nicht leiten von Emotionen, sondern versuche, Ratio walten zu lassen.“Selbst rational gesehen droht in den nächsten Wochen ein böses Erwachen, spätestens dann, wenn die Titelträum­e im Pokal platzen. Und mit jedem Punktverlu­st in der Liga wächst nicht nur der Unmut im Umfeld, sondern es schwindet auch die Perspektiv­e, Roses Nachfolger mit dem Europapoka­l locken zu können. Am Ende hängt wohl doch alles mit allem zusammen.

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FOTO: IMAGO Kaum auszuhalte­n: Nico Elvedis Reaktion auf Gladbachs Niederlage gegen Mainz spricht Bände.

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