Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
TOTAL DIGITAL Anders gründen
Im Tech-sektor schneiden Frauen schlechter ab. Ihre Stärken liegen anderswo.
Ständig tauchen Statistiken auf, die beweisen wollen, dass Frauen deswegen so unterrepräsentiert sind, weil sie bei der Gründung schlechtere Voraussetzungen haben als Männer. Als Treiberin der Initiative „Nrwomen“des Nrw-startup-verbands und Serien-gründerin frage ich mich manchmal, ob dramatisiert wird. Wir sollten uns vielleicht zunächst mit den Begrifflichkeiten „Start-up“und „Gründung“beschäftigen. Mir scheint, dass die Missverständnisse schon mit der Definition beginnen. Der Begriff „Start-up“fällt meist im Zusammenhang mit kapitalintensiven Geschäftsmodellen im Technologiebereich, die eine hohe Skalierbarkeit aufweisen (häufig Softwareunternehmen), also in bestimmte Größenordnungen vorstoßen müssen. Finden wir es ungewöhnlich, dass Frauen hier weniger präsent sind, weil sie sich eher in nicht-technischen Berufen bewegen? Eigentlich nicht.
Das Problem ist, dass bei den Frauen, die in diesem Bereich unterwegs sind, eine statistisch provozierte Chancenungleichheit in den Köpfen schwirrt. Viele Frauen gründen (mutmaßlich) in der technologieorientierten Szene nicht, weil sie Angst vor Benachteiligungen haben. Dadurch haben wir die niedrige Frauenquote. Die Statistiken, dass Frauen weniger Wagniskapital erhalten, begünstigen das. In den Medien wird das ausgeschlachtet, sodass die Gründungsentscheidung immer höhere Überwindung kostet. Lasst uns deshalb über den Begriff „Gründung“reden. Der geht glücklicherweise viel weiter: Hier ist jede unternehmerische Tätigkeit gemeint – vom Solo-selbstständigen bis zum Unicorn (also Start-ups, die mit mindestens einer Milliarde Dollar bewertet werden). Und hier zeigt sich: Frauen gründen anders. Viele gründen Dienstleistungsfirmen oder kleine Online-handelsunternehmen. Einige gründen ihr Personal Brand. Manche entscheiden sich für eine Selbstständigkeit, da sie Familie und Beruf dann besser unter einen Hut bekommen. Was sagt man dazu? Es gibt viele mutige Frauen, die sich nicht in der Startup-welt herumtreiben, dafür aber erfolgreiche Unternehmen gründen und eine starke Community bilden.
Unsere Autorin ist Start-up-gründerin und Sprecherin der Initiative Nrwalley. Sie wechselt sich hier mit Richard Gutjahr ab.