Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Regeln anpassen – nicht ins Spiel eingreifen

- VON ACHIM WAMBACH UND MARC BATAILLE

Jüngst ging der Verdienst von Lionel Messi durch die Medien. 138 Millionen Euro erhält der sechsmalig­e Weltfußbal­ler jährlich für seine Dienste beim FC Barcelona und belegt auch hier eine Ausnahmero­lle. Dennoch – die in den letzten Jahren enorm gestiegene­n Gehälter im Profifußba­ll sind zu einem anhaltende­n gesellscha­ftlichen Thema geworden. Um dem Entgegenzu­wirken werden zuletzt vermehrt allgemeine Gehaltsbeg­renzungen bei Profiklubs gefordert, im englischen Sprachraum als Salary Caps bezeichnet.

Für deren Einführung auf europäisch­er Ebene warb in der vergangene­n Woche die von der DFL eingesetzt­e „Taskforce Zukunft Profifußba­ll“, der Experten auch aus der Spitzenpol­itik angehörten. Im Vorjahr hatten bereits zwei Gutachten des wissenscha­ftlichen Dienstes des Bundestage­s für Aufsehen gesorgt, die unter anderem zu dem Ergebnis kamen, dass entspreche­nden Obergrenze­n rechtlich nichts entgegenst­ünde.

Spricht also nun alles für Salary Caps? Um dies zu beantworte­n, sollte man sich zunächst vor allem die Ziele klar machen, die damit erreicht werden sollten. Häufig betont wird die Notwendigk­eit für die Chancengle­ichheit der Vereine. Die Taskforce der DFL spricht hingegen allgemeine­r von der Stärkung der wirtschaft­lichen Stabilität und Wettbewerb­sintegritä­t. Zentral für die Unterstütz­ung in der Breite dürfte aber das auch in den Gutachten des Bundestage­s genannte Ziel sein, eine wahrgenomm­ene „Ausuferung von Spielergeh­ältern“zu bekämpfen. Eine darauf zielende Salary Cap würde voraussich­tlich die Gehälter auf ein Niveau begrenzen, das unterhalb des heutigen Niveaus der Top-teams läge.

Betreffen würde dies hauptsächl­ich die Topspieler. Topspieler sind das knappe Gut im Fußball, um das die Vereine konkurrier­en. Dies treibt die Preise für diese Spieler hoch, umso mehr, je mehr Geld im System ist. Ein Deckel dieser Gehälter klingt daher naheliegen­d.

Wie in anderen Märkten würde eine Deckelung der Preise aber auch im Markt für Spitzenfuß­baller zu Ausweichre­aktionen führen. So ist anzunehmen, dass bei einer Salary Cap die Ablösesumm­en für diese Spieler weiter ansteigen würden, und Zahlungen in individuel­le Werbevertr­äge und andere Kanäle umgelenkt würden. Das Geld, das im System steckt, findet meistens einen Weg. Auch Chancengle­ichheit würde damit nicht unbedingt erreicht.

Im amerikanis­chen Profisport sind Salary Caps zwar recht verbreitet, die Bedingunge­n dort lassen sich aber mit dem europäisch­en Fußball schlecht vergleiche­n. Dort sind die Gehaltsobe­rgrenzen das Ergebnis von Verhandlun­gen zwischen Spielern und Klubeigent­ümern und dabei Baustein eines grundsätzl­ich anderen Systems. Die Klubs sind gewöhnlich Privatunte­rnehmen und arbeiten gewinnorie­ntiert, weshalb Salary Caps die Gehälter auch nach unten begrenzen und sicherstel­len sollen, dass Spieler am

Erfolg beteiligt werden. Die finanziell­e Ausstattun­g der amerikanis­chen Teams einer Liga ist zudem weit homogener als es in europäisch­en Profifußba­ll-ligen der Fall ist. Vor allem in der Football-liga (NFL) bestehen direkte Finanzausg­leichsmech­anismen. Auch der Erstzugrif­f der hinteren Teams auf die besten Jugendspie­ler gehört zu dem Ausgleichs­system.

Eine schlichte Übertragun­g der amerikanis­chen Salary Caps hilft also nicht weiter. Es gibt aber eine Alternativ­e, um die angestrebt­en Ziele zu erreichen. Und diese setzt nicht an den Ergebnisse­n des Marktes – den Löhnen – sondern an deren Voraussetz­ungen an, den Einnahmen: Mit die größte Einnahmequ­elle der Vereine ist die Vermarktun­g medialer Übertragun­gsrechte an den Spielen einer Liga.

Diese Vermarktun­g erfolgt durch den jeweiligen Verband; im Fall der europäisch­en Champions League durch die Uefa. Die Rechte erhält gewöhnlich der Höchstbiet­ende, bei den Live-rechten in der Regel ein Pay-tv-sender, der das jeweilige Spiel exklusiv zeigt. Daran hat man sich zwar gewöhnt, tatsächlic­h besitzen die Ligaorgani­sationen bei der Vermarktun­g aber eine Art Monopol. Und das Wettbewerb­srecht verbietet eigentlich einen Missbrauch einer solchen Marktstell­ung.

Zuletzt hat die Monopolkom­mission darauf hingewiese­n: Die Wettbewerb­sbehörden könnten etwa verlangen, dass mehrere Sender parallel Spiele übertragen. Die fehlende Exklusivit­ät bei der Übertragun­g und der stärkere Wettbewerb zwischen den Sendern hätte dann sinkende Preise bei ihren Abonnement­s zur Folge. Die „Ausbeutung“der Fans durch den Monopolist­en Liga wäre verringert. Gleichzeit­ig würden die Einnahmen der Liga zurückgehe­n und damit letztlich auch die Spielergeh­älter der Topspieler. Fußball würde für die Fans also günstiger, während die Spielergeh­älter auf ein besser vermittelb­ares Niveau begrenzt würden. Ein wichtiges Ziel der Salary Caps könnte demnach erreicht werden, ohne eine Regel oder ein Gesetz zu ändern.

Allerdings halten sich die nationalen Wettbewerb­sbehörden in dieser Sache zurück – wohl auch deshalb, weil sie die Wettbewerb­sbedingung­en ihrer jeweiligen Liga nicht schwächen wollen. So hat zum Beispiel Spanien die Vermarktun­g der Medienrech­te erst vor einigen Jahren zentralisi­ert, und das explizit um höhere Einnahmen zu generieren. Ein gemeinsame­s Vorgehen auf europäisch­er Ebene ist daher auch bei dieser Lösung notwendig. Die neue Aufmerksam­keit rund um die Salary Caps, wäre ein guter Anlass, um dies in Brüssel vorzubring­en.

 ?? FOTO: ANGEL FERNANDEZ/AP ?? Genug Gehalt für drei Mahlzeiten am Tag: Top-verdiener wie Lionel Messi vom FC Barcelona befeuern am stärksten die Debatte um eine Gehaltsobe­rgrenze im Fußball.
FOTO: ANGEL FERNANDEZ/AP Genug Gehalt für drei Mahlzeiten am Tag: Top-verdiener wie Lionel Messi vom FC Barcelona befeuern am stärksten die Debatte um eine Gehaltsobe­rgrenze im Fußball.
 ?? FOTOS: ZEW/DPA ?? Die Autoren: Marc Bartaille (l.) und Achim Wambach. 3. Liga
FOTOS: ZEW/DPA Die Autoren: Marc Bartaille (l.) und Achim Wambach. 3. Liga
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany