Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Regeln anpassen – nicht ins Spiel eingreifen
Jüngst ging der Verdienst von Lionel Messi durch die Medien. 138 Millionen Euro erhält der sechsmalige Weltfußballer jährlich für seine Dienste beim FC Barcelona und belegt auch hier eine Ausnahmerolle. Dennoch – die in den letzten Jahren enorm gestiegenen Gehälter im Profifußball sind zu einem anhaltenden gesellschaftlichen Thema geworden. Um dem Entgegenzuwirken werden zuletzt vermehrt allgemeine Gehaltsbegrenzungen bei Profiklubs gefordert, im englischen Sprachraum als Salary Caps bezeichnet.
Für deren Einführung auf europäischer Ebene warb in der vergangenen Woche die von der DFL eingesetzte „Taskforce Zukunft Profifußball“, der Experten auch aus der Spitzenpolitik angehörten. Im Vorjahr hatten bereits zwei Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages für Aufsehen gesorgt, die unter anderem zu dem Ergebnis kamen, dass entsprechenden Obergrenzen rechtlich nichts entgegenstünde.
Spricht also nun alles für Salary Caps? Um dies zu beantworten, sollte man sich zunächst vor allem die Ziele klar machen, die damit erreicht werden sollten. Häufig betont wird die Notwendigkeit für die Chancengleichheit der Vereine. Die Taskforce der DFL spricht hingegen allgemeiner von der Stärkung der wirtschaftlichen Stabilität und Wettbewerbsintegrität. Zentral für die Unterstützung in der Breite dürfte aber das auch in den Gutachten des Bundestages genannte Ziel sein, eine wahrgenommene „Ausuferung von Spielergehältern“zu bekämpfen. Eine darauf zielende Salary Cap würde voraussichtlich die Gehälter auf ein Niveau begrenzen, das unterhalb des heutigen Niveaus der Top-teams läge.
Betreffen würde dies hauptsächlich die Topspieler. Topspieler sind das knappe Gut im Fußball, um das die Vereine konkurrieren. Dies treibt die Preise für diese Spieler hoch, umso mehr, je mehr Geld im System ist. Ein Deckel dieser Gehälter klingt daher naheliegend.
Wie in anderen Märkten würde eine Deckelung der Preise aber auch im Markt für Spitzenfußballer zu Ausweichreaktionen führen. So ist anzunehmen, dass bei einer Salary Cap die Ablösesummen für diese Spieler weiter ansteigen würden, und Zahlungen in individuelle Werbeverträge und andere Kanäle umgelenkt würden. Das Geld, das im System steckt, findet meistens einen Weg. Auch Chancengleichheit würde damit nicht unbedingt erreicht.
Im amerikanischen Profisport sind Salary Caps zwar recht verbreitet, die Bedingungen dort lassen sich aber mit dem europäischen Fußball schlecht vergleichen. Dort sind die Gehaltsobergrenzen das Ergebnis von Verhandlungen zwischen Spielern und Klubeigentümern und dabei Baustein eines grundsätzlich anderen Systems. Die Klubs sind gewöhnlich Privatunternehmen und arbeiten gewinnorientiert, weshalb Salary Caps die Gehälter auch nach unten begrenzen und sicherstellen sollen, dass Spieler am
Erfolg beteiligt werden. Die finanzielle Ausstattung der amerikanischen Teams einer Liga ist zudem weit homogener als es in europäischen Profifußball-ligen der Fall ist. Vor allem in der Football-liga (NFL) bestehen direkte Finanzausgleichsmechanismen. Auch der Erstzugriff der hinteren Teams auf die besten Jugendspieler gehört zu dem Ausgleichssystem.
Eine schlichte Übertragung der amerikanischen Salary Caps hilft also nicht weiter. Es gibt aber eine Alternative, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Und diese setzt nicht an den Ergebnissen des Marktes – den Löhnen – sondern an deren Voraussetzungen an, den Einnahmen: Mit die größte Einnahmequelle der Vereine ist die Vermarktung medialer Übertragungsrechte an den Spielen einer Liga.
Diese Vermarktung erfolgt durch den jeweiligen Verband; im Fall der europäischen Champions League durch die Uefa. Die Rechte erhält gewöhnlich der Höchstbietende, bei den Live-rechten in der Regel ein Pay-tv-sender, der das jeweilige Spiel exklusiv zeigt. Daran hat man sich zwar gewöhnt, tatsächlich besitzen die Ligaorganisationen bei der Vermarktung aber eine Art Monopol. Und das Wettbewerbsrecht verbietet eigentlich einen Missbrauch einer solchen Marktstellung.
Zuletzt hat die Monopolkommission darauf hingewiesen: Die Wettbewerbsbehörden könnten etwa verlangen, dass mehrere Sender parallel Spiele übertragen. Die fehlende Exklusivität bei der Übertragung und der stärkere Wettbewerb zwischen den Sendern hätte dann sinkende Preise bei ihren Abonnements zur Folge. Die „Ausbeutung“der Fans durch den Monopolisten Liga wäre verringert. Gleichzeitig würden die Einnahmen der Liga zurückgehen und damit letztlich auch die Spielergehälter der Topspieler. Fußball würde für die Fans also günstiger, während die Spielergehälter auf ein besser vermittelbares Niveau begrenzt würden. Ein wichtiges Ziel der Salary Caps könnte demnach erreicht werden, ohne eine Regel oder ein Gesetz zu ändern.
Allerdings halten sich die nationalen Wettbewerbsbehörden in dieser Sache zurück – wohl auch deshalb, weil sie die Wettbewerbsbedingungen ihrer jeweiligen Liga nicht schwächen wollen. So hat zum Beispiel Spanien die Vermarktung der Medienrechte erst vor einigen Jahren zentralisiert, und das explizit um höhere Einnahmen zu generieren. Ein gemeinsames Vorgehen auf europäischer Ebene ist daher auch bei dieser Lösung notwendig. Die neue Aufmerksamkeit rund um die Salary Caps, wäre ein guter Anlass, um dies in Brüssel vorzubringen.