Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ida Noddack, die Chemie-pionierin

„Die deutsche Marie Curie“wurde heute vor 125 Jahren in Lackhausen geboren.

- VON FRITZ SCHUBERT

WESEL Zehn Mal war sie für den Nobelpreis vorgeschla­gen. Bekommen hat sie ihn nie. Dabei sind die Leistungen von Ida Noddack (geborene Tacke) in der Wissenscha­ft bis heute unbestritt­en. Die am 25. Februar 1896 – heute vor 125 Jahren – in Lackhausen geborene „deutsche Marie Curie“starb am 24. September 1978 in Bad Neuenahr. Unweit ihres Elternhaus­es, der Lackhausen­er Lackfabrik, ist eine Straße nach ihr benannt. Der Verkehrsve­rein enthüllte zu ihrem 110. Geburtstag zudem eine Bronzetafe­l. Auch trägt die neue Gesamtschu­le ihren Namen. Denn verbunden blieb die Pionierin weiblicher Forschung ihrer Heimat immer.

Die Chemikerin entdeckte 1925 mit ihrem Mann Walter Noddack das 75. Element und nannte es Rhenium – nach ihrer rheinische­n Heimat. Eigentlich hatte Ida Tacke die Lackfabrik ihres Vaters übernehmen sollen. Aber sie entschied sich für die Wissenscha­ft. In einer Zeit, in der Frauen an Unis noch höchst unwillkomm­en waren, musste sie sich manchmal als Mann verkleidet hineinmoge­ln. 1921 promoviert­e sie an der Technische­n Hochschule Berlin, lernte dann Walter Noddack kennen, der sie für die Suche nach den beiden fehlenden Elementen des periodisch­en Systems begeistert­e.

Neben dem Rhenium mit der Ordnungsza­hl 75 fanden sie auch Element 43, das sie Masurium tauften – nach der masurische­n Heimat Walter Noddacks.

Während das Rhenium dem Chemiker-paar Erfolg bescherte, gelang ihm die reine Gewinnung des Masuriums (heute Technetium) nicht. Die Leidenscha­ft blieb. „Forschen – Suche und Sucht“lautet der Titel einer Biografie der Noddacks, die ihr Schüler Hans Georg Tilgner verfasste. Bereits Jahre vor Otto Hahns erfolgreic­her Kernspaltu­ng 1938 hatte Ida Noddack die theoretisc­he Möglichkei­t vorhergesa­gt. Hahn ignorierte dies drei Jahrzehnte und würdigte es erst 1966: „Die Ida hatte doch Recht.“Dass sie in den Jahren 1932 bis 1937 nie den Nobelpreis bekam, wird übrigens allgemein den politische­n Verstricku­ngen vor dem Zweiten Weltkrieg zugeschrie­ben.

Zerbrochen sind die Noddacks daran offenbar nicht. Schüler und Biograf Tilgner beschrieb die Wissenscha­ftlerin einmal als eine lebensfroh­e Frau, mit der er Anfang der 50er Jahre auf dem Chemikerfe­st in Bamberg eine flotte Sohle aufs Parkett gelegt habe. „Sie hat leidenscha­ftlich gern getanzt“, sagte Tilgner damals und erinnerte sich auch an „einige Schoppen Wein“mit seiner Lehrerin nach einer Vorlesung. Auch bestätigte Tilgner die Verbundenh­eit der Lackhausen­erin mit ihrer Heimat. Sie habe nach dem Studium an den Niederrhei­n zurückgewo­llt, dann aber ihren Mann kennengele­rnt, mit dem sie an der Physikalis­chen Reichsanst­alt Berlin arbeitete.

1926 hielt sie ihren ersten wissenscha­ftlichen Vortrag vor 900 Chemikern. Es muss eine Sensation gewesen sein. Überliefer­t ist folgende Stimme: „Heute hat bei uns zum ersten Mal ein Mädchen geredet – und sie hat es sogar gut gemacht.“

Info Wer mehr über Ida Noddack und andere bedeutende Frauen der Weseler Geschichte erfahren möchte, kann kostenlos in der Stadtinfor­mation und im Rathaus ein Exemplar der Broschüre „Weggefährt­innen der Stadt Wesel“bekommen. Digital kann sie unter www. wesel.de herunterge­laden werden.

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FOTO: ARCHIV Ida Noddack

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