Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Wie Kulturleute die Pandemie erleben
Künstler und Musiker aus Hamminkeln sagen, wie sie die Corona-zeit auf kreative Weise gestalten. Sie hoffen, dass im Herbst alles wieder normal läuft.
HAMMINKELN„ Die Welt steht Kopf“, sagt Bürgermeister Bernd Romanski über die Corona-folgen. Mit diesen Worten leitet er auch sein Vorwort in einer Veröffentlichung der Stadt ein, die sich mit den Auswirkungen der Pandemie auf die Kultur vor Ort befasst. Sonst stehen eher Schule, Gesundheitswesen, Einzelhandel und Gastronomie im Mittelpunkt. Wie diesen Bereichen zu helfen ist, wird nicht nur debattiert, sondern auch mit Fördergeld bedacht. Der Komplex Kunst, Kultur und Kulturschaffende segelt dabei am Rande.
Das ist auch ein Problem für die Kultur- und Programmgestalter im Rathaus. Schon beim ersten Lockdown fielen Veranstaltungen aus, offizielle Kulturkalender blieben leer. Nun beschäftigt sich die Veröffentlichung mit der Frage: Was ist los, wenn nichts kulturell los ist? Denn es stimmt: Auch die Kulturwelt steht Kopf. Es fehlt etwas, das sonst das Leben bereichert. Im städtischen „Kult Kurier“berichten Kulturschaffende, wie sie sich nicht unterkriegen lassen. Die Brüner Journalistin Laura Kerkenpaß hat sie befragt.
Da sind beispielsweise die „Corona Bücherwürmer“der Stadtbücherei. „Wir haben uns an den Hygienestandards am Einzelhandel orientiert. Aufgrund dessen buchen unsere Kunden ihre Medien selbst ein und wieder aus“, erklärt Leiterin Ingrid Keiten. Der Kulturkreis Marienthal erinnert sich gerne daran, dass er im Sommer unter freiem Himmel die Sommerabende präsentieren konnte. Auch er betont wie andere auch, dass man „sich schnell und effektiv an die Coronabedingungen angepasst hat“.
Vorgestellt wird auch die Mehrhooger Urnenmalerin Selin Güler. Sie hat ein außergewöhnliches
Hobby und ihr künstlerisches Talent dazu genutzt, im Bestattungsunternehmen ihrer Tante Birgit Bastek Bestattungsgefäße mit individuellen Motiven zu verschönern.
Rockmusiker Marco Launert leidet ebenfalls massiv an den Folgen der Corona-pandemie. Er erzählt: „Als im März 2020 mit Ausbruch der Corona-pandemie das Musikund Event-business zusammenbrach, sämtliche Gastronomiebetriebe schließen mussten und man im totalen Lockdown am besten zu
Hause blieb, war ich zu 100 Prozent betroffen.“Der Chef der Rockschule musste handeln, sattelte sehr früh auf digitale Angebote um und fand dafür Förderinstitutionen.
Chorarbeit unter Corona-beschränkungen, geht das? Der MGV Bleib treu setzt auf eine digital funktionierende Ständchenmappe, mit deren Hilfe geprobt werden kann. Das Herbstkonzert 2021 bleibt das große Ziel, nachdem es letztes Jahr ausfallen musste – zum ersten Mal in 128 Jahren Chorgeschichte.
Von „Musik mit Maske“berichtet Ulrich Ingenbold von der Musikschule Ringenberg über den Unterricht in Zeiten der Pandemie. „Masken, Abstand, Desinfektion von Händen und Flächen erlauben ein vorsichtiges Weitermachen“, sagt er und verbreitet Optimismus. Was soll man auch anderes tun, wenn man die Musik lebt und liebt?
Auch das Humberghaus Dingden, Tina Segler von der Thetaergruppe „R(h)einsegler“, das Kloster-kraul in Wertherbruch und Henning Buchmann, der Chefkoch für Zuhause, melden sich mit ihren Corona-ansichten zu Wort. Unterkriegen lassen sie sich nicht, lautet die Botschaft. Die Kulturschaffenden versuchen, das Beste aus der Lage zu machen. Ihre Hoffnung stirbt zuletzt.
Fast alle setzen auf den Herbst, nur weiß niemand, ob Normalität dann schon möglich ist. Die Kulturleute stehen in den Startlöchern, ihre Darstellungen sind ein Stück von der Rückkehr der Kultur. Das Schlusswort hat der Bürgermeister: „Kreativität lässt sich nicht durch eine Pandemie unterkriegen.“