Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
„Mach-was-kisten“helfen durch die Quarantäne
VEEN (RP) Quarantäne-maßnahmen begleiten nach wie vor den Alltag auch der Beschäftigten in den Werkstätten der Lebenshilfe Unterer Niederrhein wie in Veen. Gerade die, die aus Infektionsschutzgründen zu Hause bleiben müssen, stellt die fehlende Tagesstruktur auf eine harte Bewährungsprobe.
„Wir bieten unseren Menschen in den Werkstätten eine erfüllende Aufgabe“, erklären Silja Böhling-buhl und Julia Meyer von der Lebenshilfe. „Für den Fall, dass diese Beschäftigung vorübergehend wegfällt, wollten wir Alternativen zu Streamingdiensten und Internet bieten.“Daher haben sie „Machwas-kisten“für Mitarbeiter gepackt, die sich in Quarantäne befinden.
Postkarten zum Verschicken, Kugelschreiber, Buchstabenwürfel, Kartenspiele, Mandalas, Gedächtnistrainings – all das befindet sich in den Kisten als Angebote für eine sinnvolle Beschäftigung. Fast 20 Kisten sind schon verteilt worden.
Die Idee dazu entstand bereits zu Beginn der Pandemie. „Es war für uns alle eine völlig unbekannte Situation“, sagt Susanne Stiller, Leiterin der Arbeitsbegleitenden Maßnahmen (ABM). Von heute auf morgen mussten die Menschen mit Handicap damals aufgrund eines offiziellen Betretungsverbotes der Werkstätten zu Hause bleiben. „Schon nach zwei Wochen kamen die ersten Anrufe von Leuten, die unbedingt wieder arbeiten kommen wollten.“Es sei immer wieder der gleiche Grund gewesen: Die Mitarbeiter hätten sich beklagt, dass ihnen „die Decke auf den Kopf“falle. Damals entwickelten die Gruppenleiter aus der Not heraus Material zur Beschäftigung zu Hause.
Ab Mitte Juni, nach der Lockerung des ersten Lockdowns, konnten die rund 900 Mitarbeiter mit Handicap ihre Arbeit in den Werkstätten in Veen, Wesel und Rees nach und nach wieder aufnehmen. Doch ein Beschäftigungs-konzept für die
Menschen, die nach wie vor in Quarantäne müssen, fehlte immer noch.
Silja Böhling-buhl und Julia Meyer bieten normalerweise Theater- und Tanzprojekte als arbeitsbegleitende Maßnahmen an für die Persönlichkeitsentwicklung. Aktuell liegt ihr Angebot allerdings auf Eis. Das gab Raum für andere Aktivitäten. „Wir haben in Einzelgesprächen mit den Mitarbeitern unter pädagogischen Gesichtspunkten nachgefragt, was wäre, wenn sie in Quarantäne müssten“, berichten die beiden Frauen. Daraus sind nicht nur die Inhalte für die Kiste entstanden, sondern auch eine Vorbereitung auf diese belastende Situation.
„Eine Quarantäne ist mit vielen Ängsten und Unsicherheiten verbunden“, sagt Meyer. Die habe man den Beschäftigten zum Teil nehmen können. „Und es stärkt den Zusammenhalt“, ergänzt Böhling-buhl. „Wir zeigen, dass wir füreinander da sind und auch abseits des Arbeitsplatzes den Kontakt halten.“
Geplant sind weitere Kisten – auch für Mitarbeiter aus den Gruppen mit intensivem Förderbedarf. „Hier sind wir in Gesprächen mit den Bezugsbetreuern und stellen die Kisten ganz individuell zusammen. Das heißt, wir berücksichtigen ganz genau die jeweiligen Fähigkeiten und den Unterstützungsbedarf.“