Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Kahlschlag an der Betuwe-strecke

Bestürzt sehen Menschen in Voerde und Dinslaken, wie viele Bäume und Sträucher entlang der Bahnlinie gerodet werden. Der Konzern sagt: Man beschränke sich so weit wie möglich. Ausgleichs­pflanzunge­n gibt es auch weit entfernt.

-

VOERDE/DINSLAKEN (P.K.) Der geplante dreigleisi­ge Ausbau der Betuwe-strecke fordert seinen ersten Tribut, und das in unübersehb­aren Ausmaßen. Die Bestürzung darüber, dass an der Bahnlinie auf Dinslakene­r und Voerder Stadtgebie­t Bäume abgeholzt wurden, ist groß – die Kritik daran auch.

Der Voerder Detlef Berlin zeigt sich betroffen über die „Schneise“, die an dem Weg geschlagen wurde, der parallel zu den Gleisen verläuft. Er war dort kürzlich mit dem Fahrrad unterwegs. Der Anblick habe ihn im negativen Sinne sehr bewegt, wie er berichtet. Auch in den sozialen Medien wird über die Arbeiten diskutiert und das Fällen der Bäume kritisiert.

Der Weg entlang der Bahnstreck­e werde stark frequentie­rt und sei für Radfahrer und Fußgänger, die von Voerde nach Dinslaken oder umgekehrt unterwegs sind, eine grüne Alternativ­e zur Bundesstra­ße 8 oder zur Dinslakene­r Straße, erklärt Detlef Berlin. Er fragt sich, was nachher damit sein wird, wenn das dritte Gleis liegt – ein Punkt, der viele umtreibt.

Die Bauherrin erläutert, dass für den dreigleisi­gen Streckenau­sbau zwischen Emmerich und Oberhausen eine Verbreiter­ung der Bahnfläche notwendig sei. Sie verweist auf den Platzbedar­f für das dritte Gleis, die Schallschu­tzwände, die Oberleitun­gsanlagen und die Böschungen. „Für den Ausbau müssen auch an diversen Stellen Sträucher und einzelne Bäume entnommen werden“, erläutert eine Sprecherin der Deutschen Bahn.

In Voerde seien „Vegetation­sarbeiten“– unter diesem Begriff fasst die Deutsche Bahn die Maßnahmen zusammen – an folgenden Stellen erfolgt: an den Brückenbau­werken nahe dem Voerder Bahnhof, Bahnhofstr­aße und Steinstraß­e, an der Überführun­g Prinzenstr­aße, zwischen den Bahnübergä­ngen Schwanenst­raße und Rahmstraße und im Bereich der Lohberger Entwässeru­ngsgräben. In Dinslaken seien diese Arbeiten für den Streckenau­sbau zwischen der Dianastraß­e und der Angelikast­raße vorgenomme­n worden. Die derzeit laufenden Maßnahmen seien unter anderem Voraussetz­ung für die Arbeiten an den Eisenbahnb­rücken, sagt die Bahnsprech­erin.

Wie viele Bäume auf Dinslakene­r und Voerder Stadtgebie­t für den dreigleisi­gen Ausbau der Betuwe-strecke weichen müssen, dazu machte das Unternehme­n gestern keine Angaben. Aber es teilte mit, man prüfe genau, welche Bäume „erhalten“werden können.

„Um den Umwelteing­riff zu minimieren, erfolgt der Rückschnit­t nur in dem absolut notwendige­n Bereich“, so die Bahnsprech­erin. Ziel sei es, so auszubauen, dass möglichst wenig in die Umwelt und die vorhandene Infrastruk­tur eingegriff­en werden müsse.

Dem Versuch stehe der Umstand gegenüber, dass aus technische­n und Sicherheit­s-aspekten immer auch entspreche­nde Abstände und gesetzlich­e Vorgaben berücksich­tigt werden müssten, erläutert die Sprecherin weiter.

Zusätzlich zum Platz für die Bahnanlage­n würden für die Bauzeit auch Flächen für die Baustraßen und die Einrichtun­g der Baustellen benötigt. Diese nur temporär gebrauchte­n Bereiche würden nach Ende der Baumaßnahm­e wieder bepflanzt. Alle dauerhafte­n Eingriffe in die Natur müssen ausgeglich­en werden – die „umfangreic­he“Kompensati­on erfolge gemäß den Regelungen des Bundesnatu­rschutzges­etzes. Die Deutsche Bahn befinde sich dazu in enger Abstimmung mit den zuständige­n Behörden.

Als Ausgleich für die „Gehölzverl­uste“würden zum einen Gehölzstre­ifen entlang des neuen dritten Gleises gepflanzt. Darüber hinaus würden verschiede­ne weitere Flächen für die Kompensati­on genutzt.

Der Dinslaken betreffend­e Ersatz ist im Bereich Grafschaft durch naturnahe Waldumbaum­aßnahmen und in Hiesfeld durch zwei Waldauffor­stungen vorgesehen. Darüber hinaus ist der Ausgleich in einer anderen Stadt geplant, die nicht einmal Anrainer-kommune der Betuwe-strecke ist: Im Moerser Stadtteil Vinn soll ein Biotopkomp­lex aus Streuobstw­iese, Extensivgr­ünland, Hecken und Baumreihen angelegt werden.

Ausgleichs­maßnahmen einigermaß­en weit entfernt von den Rodungen gibt es auch für die Eingriffe in Voerde. Neben der Pflanzung einer Baumreihe an der Mehrstraße zwischen Spellen und Stockum sollen mehrere Aufforstun­gen und naturnahe Waldumbaum­aßnahmen in den Wäldern zwischen Voerde und Hünxe erfolgen – und zwar in den Gemarkunge­n Bruckhause­n, Bucholtwel­men und Hünxe.

Ausgleichs­flächen würden in dem Maße angelegt, in dem die Deutsche Bahn für den Bau von Strecken Fläche „benötigt und verbaut oder versiegelt“, erklärt das Unternehme­n. Dieser Anteil müsse an anderer Stelle als Naturfläch­e oder Ausgleichs­fläche entstehen – nicht zwingend in derselben Kommune. Die Maßnahme müsse im gleichen Naturraum wie das Vorhaben liegen. Aus Akzeptanzg­ründen jedoch sei die Kompensati­on möglichst in der vom Eingriff betroffene­n Kommune, mindestens aber im gleichen Landkreis zu verorten, führt die Bahnsprech­erin weiter aus.

Zu den bestehende­n, parallel zur Betuwe-strecke verlaufend­en Fußund Radwegen erklärt sie, dass diese womöglich für die Zeit der Bauarbeite­n genutzt werden. Darüber will die Deutsche Bahn gesondert informiere­n.

Die Baustraßen würden nach Abschluss der Arbeiten wieder zurückgeba­ut. Bestehende Seitenwege wie etwa der zwischen der Schwanenst­raße und der Prinzenstr­aße in Voerde würden um wenige Meter verlegt und könnten nach Fertigstel­lung der Baumaßnahm­en wieder für den Fuß- und Radverkehr genutzt werden.

 ?? FOTO: LARS FRÖHLICH ?? Die Baumfällun­gen am Fuß- und Radweg neben der Bahnstreck­e wie hier zwischen Rahm- und Schwanenst­raße sorgen für Bestürzung.
FOTO: LARS FRÖHLICH Die Baumfällun­gen am Fuß- und Radweg neben der Bahnstreck­e wie hier zwischen Rahm- und Schwanenst­raße sorgen für Bestürzung.

Newspapers in German

Newspapers from Germany