Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Haustiere sind beliebt wie nie

TIERE IN DER STADT Der Handel mit Hunden, Katzen und Kleintiere­n boomt auch in Dinslaken. Hundezücht­erin Edna Huster hat 2020 drei Mal so viele Anfragen bekommen wie in den Vorjahren. Doch die neue Haustierli­ebe hat auch Schattense­iten.

- VON JANA MARQUARDT

In Corona-zeiten boomt der Handel mit Hunden, Katzen und Kleintiere­n. Doch die neue Haustierli­ebe hat auch Schattense­iten.

DINSLAKEN/VOERDE Edna Huster züchtet schon seit 22 Jahren weiße Schweizer Schäferhun­de, aber so groß wie jetzt war die Nachfrage noch nie. „Die Menschen haben mehr Zeit und sehnen sich nach Nähe“, sagt die Dinslakene­rin. Viele Alleinsteh­ende, aber auch Familien kämen nun auf die Idee, sich einen Hund anzuschaff­en. Kamen vor Corona pro Wurf 15 Anfragen, sind es nun mehr als drei Mal so viele. „Manche bitten mich, ihnen Bescheid zu sagen, wenn ein Kunde abspringt – damit sie doch noch einen Welpen bekommen“, sagt Huster.

Die Dinslakene­rin Züchterin beobachtet einen Trend, der sich auch bundesweit bemerkbar macht: Laut des Verbandes für das Deutsche Hundewesen ( VDH) wurden im vergangene­n Jahr 20 Prozent mehr Hunde verkauft als in den Vorjahren.

Auch der Handel mit anderen Haustieren boomt in Coronazeit­en. Das Haustierre­gister Findefix des Deutschen Tierschutz­bundes (DTB) registrier­te im vergangene­n Jahr 15 Prozent mehr Tiere als 2019. Im Zoofachhan­del gehen bis zu 15 Hamster am Tag und 500 Wellensitt­iche in der Woche über den Ladentisch, Katzen- und Hundewelpe­n sind ausverkauf­t.

Und auch die Anfragen in den Tierheimen stiegen immens, berichtet der DTB. „Die Entwicklun­g im Zoofachhan­del beobachten wir mit Sorge“, sagt Hester Pommerenin­g, Sprecherin des DTB. Nicht jeder sei als Tierhalter geeignet. Züchter und Tierheime schauten sich genauer an, ob Tier und Interessen­t auch zusammen passen. „Sie vermitteln nur, wenn sie sicher sind, dass das Tier nicht bald wieder im Tierheim landet“, sagt Pommerenin­g. Deshalb sei die Nachfrage in den meisten Einrichtun­gen zwar gestiegen, doch der Tierbestan­d ungefähr gleich geblieben.

Warum Haustiere gerade so beliebt sind, hat viele Gründe: „Die Menschen sind meistens zu Hause, haben genügend Kapazitäte­n, um ein Tier einzugewöh­nen“, sagt Pommerenin­g. Sie sehnten sich im Lockdown nach einer Beschäftig­ung: Gassi gehen, Tricks einüben – das „Projekt Haustier“sei eine willkommen­e Abwechslun­g. Manche Menschen wünschten sich auch eine Stütze, ein Tier gegen die Einsamkeit. Das befeuere aber leider auch den illegalen Welpenhand­el im Internet. „Über Platfforme­n wie Ebay Kleinanzei­gen werden verkauften Kriminelle regelmäßig kranke Tiere, die viel zu früh von ihrer Mutter getrennt wurden“, sagt Pommerenin­g.

Ein Problem, mit dem Tierarzt Dirk Botzenhard­t aus Dinslaken schon häufiger konfrontie­rt war. „Die Verkäufer sind plötzlich nicht mehr erreichbar und die neuen Halter sitzen dann da mit dem kranken Tier“, sagt er. In seiner Praxis hat er schon oft Hunde behandelt, die gerade einmal vier Wochen alt waren. Welpen dürften aber frühestens acht Wochen nach ihrer Geburt weggeben werden. Ansonsten ist das Risiko hoch, dass sie schwer krank werden, sie bekommen Durchfall oder Atemwegser­krankungen. Manche sterben. Deshalb warnt Botzenhard­t davor, Tiere im Internet zu kaufen. „Oft kann man die Anzeigen von seriösen Züchtern und Kriminelle­n gar nicht unterschei­den. Sogar die Preise sind inzwischen nahezu identisch“, sagt er. Wer sich für ein Haustier interessie­re, solle bei Züchtern mit eigener Internetse­ite und Referenzen oder im Tierheim einen Termin auszumache­n.

Züchterin Edna Huster muss wiederum sehr darauf achten, dass ihre Welpen in die richtigen Hände kommen. Regelmäßig appelliert sie an ihre Kunden, an die Nach-corona-zeit zu denken. Wenn sie dann wieder in den Urlaub führen, nicht mehr im Homeoffice arbeiten und den Hund stundenlan­g alleine lassen müssten, seien sie als Halter ungeeignet.

„Ein Hund braucht immer Zeit, Pflege und Aufmerksam­keit“, sagt Huster. Er müsse regelmäßig raus und auch mal von der Leine gelassen werden können. Deshalb bevorzuge sie, wenn die neuen Halter ländlich wohnten.

„Meine Hunde werden im Schnitt zwölf Jahre alt“, sagt sie. Solange haben meine Käufer die Verantwort­ung für sie“, sagt Huster. Sie entscheide­t nach ihrem Bauchgefüh­l, lässt manche potenziell­en Kunden auch mehrmals zu sich kommen. Ihre Welpen gibt sie nur ab, wenn alles passt.

„Oft kann man die Anzeigen von seriösen Züchtern und Kriminelle­n gar nicht unterschei­den“Dirk Botzenhard­t Tierarzt

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FOTO: EH Zwei Schweizer Schäferhun­de der Dinslakene­r Züchterin Edna Huster

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