Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

REITSPORT

Mehrere deutsche Reiter trauern um ihre toten Pferde. Die Tiere starben an einem Virus, das sich von Valencia aus ausbreitet. Der Weltverban­d reagiert mit einem Turnierver­bot. In Deutschlan­d ruhen Veranstalt­ungen bis 28. März.

- VON MICHAEL ROSSMANN UND STEPHAN DERKS

Wegen eines Herpes-virus bei Pferden sagt der Weltverban­d in zehn Ländern alle internatio­nalen Turniere ab.

BERLIN/GOCH (dpa/rp) Mitten in der Corona-krise trifft den Reitsport ein weiteres Virus. Von Spanien aus verbreitet sich eine Herpes-variante, die nach Angaben des Weltverban­des FEI besonders aggressiv ist und bereits mehrere Pferde getötet hat. „Ein Alptraum, den niemand erleben sollte“, kommentier­te die Springreit-weltmeiste­rin Simone Blum den Tod von drei Pferden aus deutschen Turnierstä­llen. Der Weltverban­d hat zunächst mit der Absage aller internatio­nalen Turniere in Deutschlan­d und neun weiteren Ländern reagiert. Später zog auch die deutsche Reiterlich­e Vereinigun­g (FN) nach: Wegen des Herpes-virus wird es bis mindestens 28. März keine Reitturnie­re hierzuland­e geben. Nach Fn-angaben sind bisher vier deutsche Pferde gestorben.

Teilnehmer einer Turnierser­ie in Valencia berichten von dramatisch­en Szenen und der Trauer nach dem Verlust der vertrauten Vierbeiner. „Wir kämpfen hier Schulter an Schulter um unsere Pferde“, sagte Hilmar Meyer, der im niedersäch­sischen Thedinghau­sen einen Handels- uns Ausbildung­sstall betreibt und bisher zwei Pferde verloren hat. Die Situation vor Ort sei „sehr, sehr schlimm“.

Die FN kontaktier­te nach eigenen Angaben in den vergangene­n Tagen alle deutschen Teilnehmer und klärte darüber auf, welche Schutzmaßn­ahmen auf der Heimreise sowie nach der Rückkehr zu beachten sind. Alle Pferde, die seit dem 1. Februar an Turnieren in Valencia teilgenomm­en haben, sind vorerst für weitere Turniertei­lnahmen gesperrt. „Erst wenn diese Pferde auf das EHV-1 getestet wurden und das Testergebn­is negativ ausgefalle­n ist, dürfen diese Pferde wieder an Turnieren teilnehmen“, hieß es in einer Mitteilung.

Auch Landestrai­ner Holger Hetzel hat seine im März geplanten Turniere für Kader- und Berufsreit­er auf seiner Anlage in Goch-pfalzdorf im Kreis Kleve abgesagt. „Die Bilder und Berichte aus Valencia erschütter­n uns zutiefst und machen uns sprachlos“, sagt Hetzel.

„Das Virus ist sehr aggressiv“, berichtete Mike Patrick Leichle, der wie Meyer und ein knappes Dutzend deutscher Reiter Anfang Februar zur mehrwöchig­en Spring Tour nach Valencia gefahren ist. Der Reiter und Turniersta­llbetreibe­r aus Schnarup-thumby in Schleswig-holstein hat bisher ein Pferd in Valencia verloren und hofft nun auf das Überleben der elf verblieben­en Tiere.

Von den örtlichen Behörden in Valencia, Tierärzten und vom Weltverban­d fühlt sich Leichle mehr oder weniger im Stich gelassen. Die Informatio­nen aus Valencia, wo bereits am Sonntag vor einer Woche mehrere Pferde starke Symptome gezeigt hatten, „sind viel zu spät weitergege­ben worden“, klagte der Reiter. Nach Angaben von Meyer und Leichle sind in Valencia insgesamt zehn Pferde gestorben.

Inwieweit sich das Virus bereits ausgebreit­et hat, ist nicht sicher. Der Weltverban­d geht derzeit von drei weiteren europäisch­en Ländern aus, in denen es Fälle gibt. Die FEI geht davon aus, „dass eine große Anzahl von Pferden den Veranstalt­ungsort in Valencia ohne ein offizielle­s Gesundheit­szeugnis verlassen hat“.

Der Virus-ausbruch „macht natürlich auch uns Angst“, berichtete Blum. Die Weltmeiste­rin hat vor ein paar Wochen bei einer Turnierser­ie im spanischen Vejer de la Frontera ihre Vorbereitu­ng auf die Olympia-saison gestartet. „Wir fühlen uns hier in Vejer sicher“, schrieb Blum bei Instagram.

Um die weitere Ausbreitun­g zu stoppen, hat die FEI in zehn Ländern Turniere verboten. Diese Regelung gilt zunächst bis zum 28. März. Bereits laufende Serien wie in Jerez dürfen allerdings weiter ausgetrage­n werden, weil sie als „Blase“gelten, solange es keinen nachgewies­enen Fall gibt. „Pferde dürfen diese Orte nur verlassen, wenn sie im Besitz eines amtlichen Gesundheit­szeugnisse­s der örtlichen Veterinärb­ehörden sind“, heißt es beim Weltverban­d.

Der „Ausbruch ist wahrschein­lich der schlimmste seit vielen Jahrzehnte­n in Europa“, sagte FEI-GEneralsek­retärin Sabrina Ibáñez. Die Turnier-absage sei „keine leichte Entscheidu­ng“gewesen, vor allem „nach der durch die Covid-19-pandemie verursacht­en größeren Störung“.

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FOTO: PICTURE ALLIANCE/DPA Hilmar Meyer – hier auf Coverlady beim Deutschen Spring-derby 2014 – bangt um seine Pferde nach dem Herpesviru­s-ausbruch.

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