Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Eine Klasse unter lauter Bäumen
Der Walderlebnispfad am beliebten Spielplatz auf der Bönninghardt steht kurz vor der Vollendung. Die RP durfte schon mal hinter den Bauzaun gucken. Fazit: Hier gibt es auch für große Spaziergänger jede Menge zu entdecken.
BÖNNINGHARDT Der Waldspielplatz auf der Bönninghardt ist ein starker Magnet – für Kinder und so auch für Mütter und Väter. Für die scheint kein Weg zu weit, um ihre Zöglinge nach Herzenslust und mit geringer Infektionsgefahr hier auf dem schönen Fleckchen Niederrhein spielen zu lassen. Mit den ersten warmen Sonnenstrahlen nach dem Wintereinbruch legen die Autokennzeichen auf dem Parkplatz an der Von-lear-straße beredt wieder Zeugnis davon ab. Schon vorm offiziellen Start in die neue Saison ist hier am Vormittag reger Spielbetrieb unter noch kahlen, lichtdurchlässigen Baumkronen. Der Andrang wird zunehmen. Nicht nur, weil die Quecksilbersäule wieder in angenehme Höhen klettert.
Auch und vor allem, weil das Gelände in wenigen Wochen um eine echte Attraktion reicher wird. Der Waldererlebnispfad mit seinen sieben anregenden und pädagogisch wertvollen Stationen steht unmittelbar vor der Vollendung. Die Redaktion durfte schon mal einen Blick hinter den Bauzahn werfen und sich davon überzeugen, dass es richtig gut geworden ist.
Die Projektidee, die Janine Jakobs, im Rathaus zuständig für die Spielplätze der Gemeinde, ersonnen hat, ist mit viel Liebe bis ins kleinste Detail umgesetzt worden. Den Eingang schmückt, wie bei der Ponderosa-ranch – die Älteren werden sich erinnern – ein Tor mit einem Querbalken. Auf den ist in Großbuchstaben „Walderlebnispfad“eingebrannt. Der Schrifttypus entspricht dem offiziellen, der auch auf Internetseite „Alpen begeistert“zu finden ist. Das Tor trägt die Handschrift von Naturholz-designer Mike Oberhäuser (Kamp-lintfort), der hier viele Spielgräte gebaut und der auch an den Stationen unverwechselbar Hand angelegt hat.
Eine bunte Tafel zu Beginn erzählt kindgerecht auch mit Bildern, was man erwarten darf, wenn man sich mit zwei tierischen Führungsfiguren – die Namen werden noch als strenges Geheimnis gehütet – auf den gut 200 Meter langen Weg begibt ins Mischwäldchen, in den sich die unterschiedlichen Stationen recht natürlich einfügen.
Die ersten Gedanken zu dem Erlebnispfad, auf dem Kinder dem Leben im heimischen Wald auf spielerisch reizvolle Art auf den Grund gehen sollen, sind schon etwas älter, so Janine Jakobs. Aber bis so was umgesetzt werden kann und auch Fördermittel fließen, dauert’s halt. Die Fläche gehört der Solvay. Erst als geregelt war, dass Alpen das Wäldchen mindestens die nächsten zwölf Jahre nutzen kann, war der Weg frei zum Fördertopf der Leader-region „Natürlich: lebendig“.
Der öffnet sich und steuert rund 65 Prozent der kalkulierten Investitionskosten von 90.000 Euro bei. Den Rest muss die Gemeinde stemmen – am Ende sind’s wohl rund 10.000 Euro mehr als geplant.
Dafür ist ein kleines Paradies entstanden, in dem es an der frischen Luft mit Freude vieles zu entdecken und zu lernen – ja zu erleben gibt. Die natürliche Geräuschkulisse ist atemberaubend. Ein unsichtbarer
Chor unzähliger Vogelstimmen zwitschert ein frühlingshaft fröhliches Lied, in das ein Specht regelmäßig seine hackenden Klopfer mischt. „Der ist immer hier“, erzählt Janine Jakobs.
Sie hat Wert darauf gelegt, dass für die Anlage kein Baum fallen musste. „Nur ein paar Brombeersträucher waren im Weg“, sagt sie beim Kastanien-weitwurf. So was darf auf der Bönninghardt nicht fehlen. Natürlich nicht. Wie man hier gewinnt, wird nicht verraten. Vorbei am Hochsitz im großen Sandkasten, der den Blick frei gibt auf den benachbarten Sportplatz, kommt man zur Klangstation. Matschspuren an klingenden Edelstahlröhren lassen vermuten, dass hier erste Waldkonzerte gespielt worden sind.
Vorbei an Has’ und Igel kommt man ins pädagogische Zentrum – ins Waldklassenzimmer, in dem man nie lüften muss, weil’s gänzlich an der frischen Luft liegt. 26 Schüler finden auf und an massiven Bänken
„Es ist eine Freude, mit kreativen Menschen so etwas in Angriff zu nehmen“Janine Jakobs Fachfrau für Spielplätze im Rathaus
und Tischen Platz. Vorn steht eine schwarze Schiefertafel. Hier unterrichtet der Naturkundelehrer noch klassisch frontal und vollkommen analog. „Back to the basics“, nennt das Janine Jakobs.
Eine große Baumscheibe lehrt den Betrachter, dass es eine Ewigkeit braucht, bis ein Stamm Gardemaß erreicht. Glänzende Messing-schildchen in den Jahresringen erinnern an auch Kindern bekannte Ereignisse. Der Zeitstrahl darunter nennt weitere Einschnitte, die die Eiche anders als die Menschen zu Lebzeiten kaum erschüttert haben. Mauerfall, Nine/eleven, Einweihung Dorfplatz op der Hei oder Corona. Das Beet, in dem Pflänzchen des Waldes wachsen sollen, ist noch unbestellt. Hier stehen bislang nur ein paar Fliegenpilze aus Holz als Sitzgelegenheiten. Der Tv-bekannte Gärtner Jochen Brandt wird den Waldgarten anlegen. Eine Tafel erläuert, was hier gedeiht: Walderdbeere, Hundszunge, Schwarze Blatterbse oder Blutroter Storchenschnabel. Allein die illustren Namen machen Lust auf mehr.
Janine Jakobs, gelernte Bauzeichnerin, ist sichtlich zufrieden, was aus ihrer Idee geworden ist, die sie zusammen mit einer Freundin, die als Autorin arbeitet, und dem Rheinberger Designer Luja (Ludger Jakowiak) hier in den Wald gebracht hat. „Es ist eine Freude, mit so kreativen Menschen so etwas in Angriff zu nehmen“, sagt sie. „Und wenn ich dann die Kinder sehe, wie sie selbstvergessen hier ihren Spaß haben und auch noch was lernen, dann geht mir das Herz auf.“Noch ist ihr Projekt nicht am Ende. Die Einweihung steht zwar in Kürze bevor. „Aber es ist ja noch Ausbaupotenzial.“