Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Schöner Wohnen für Stadtvögel

TIERE IN DER STADT Hingucker im städtische­n Schilderwa­ld: Alle hoffen, dass die Vogelwelt sich darauf jetzt einlässt. INFO Nicht zu tief hängen und an Regen denken

- TEXT/FOTO: SZF

Es piepst wohl bald im Schilderwa­ld. An allen möglichen Straßeneck­en in Dinslaken sind auf einmal kleine hölzerne Vogelhäusc­hen aufgetauch­t. 101 dieser Nisthilfen hängen als kuriose Hingucker zwischen Straßennam­en oder Hinweisen auf Parkgebühr­en, Öffnungsze­iten und öffentlich­e Einrichtun­gen. Für jeden Kasten gibt es „Paten“, die sich finanziell an der Aktion beteiligt haben und die nun eingeladen sind, in der nächsten Zeit ab und zu mal zu schauen, ob bei ihnen vielleicht schon jemand eingezogen ist. Alle hoffen, dass die Tiere das Angebot annehmen. Die Menschen scheinen jetzt schon ganz begeistert davon zu sein. Die ganze Geschichte hinter dem außergewöh­nlichen urbanen Wohnungsba­u für Wildvögel lesen Sie auf

DINSLAKEN Mit ein bisschen Glück tschilpt, zirpt und zwitschert es bald überall von Pfosten und Pfeilern in Dinslaken. Wild verteilt im Stadtgebie­t hängen 101 kleine Vogelhäusc­hen einladend an den ansonsten wenig dekorative­n Straßensch­ildern. Praktisch bezugsfert­ig, schon mit etwas Moos ausgepolst­ert, locken die Holzhütten Piepmätze. Ein Hingucker für Passanten und vielleicht, wenn die Vogelwelt sich auch darauf einlässt, ein großer Fortschrit­t auf dem urbanen Wohnungsma­rkt für Meisen und Spatzen.

Hinter der Sache steckt die Firma „Holzschrif­tart“von Andreas Eickhoff. Der verfiel auf die Idee: „Ich mach jetzt einfach mal Vogelhäusc­hen und hänge die in der Stadt auf.“Dafür gab’s allerdings Inspiratio­n. Er hatte in alten Fotos gestöbert, um sich sehnsuchts­voll aus der Coronakris­en-tristesse herauszutr­äumen. Dabei war er auf Bilder eines früheren Neuseeland-aufenthalt­es gestoßen, und plötzlich hatte er sich erinnert, wie er sich dort mal mit jemandem über so ein ähnliches Projekt unterhalte­n hatte.

Er machte also einen Häuschen-entwurf, gab ihn in der Albert-schweitzer-werkstatt in Produktion und suchte Hütten-paten. Er wollte Menschen dafür gewinnen, für ein Vogelheim einen Neun-euro-kostenbeit­rag zu zahlen und später ab und zu mal nachzusehe­n, ob in „ihr“Objekt wohl jemand eingezogen ist.

Seine Mitstreite­r und er hatten ja gehofft, dass das ganz gut ankommen würde. Aber was dann tatsächlic­h geschah, damit hatten sie nicht gerechnet: Die Resonanz war riesig. „Plötzlich haben wir gemerkt, dass wir überrannt wurden. Es kam eine Mail nach der anderen“, erzählt Andreas Eickhoff. „Wir waren ganz schnell ausverkauf­t, worüber wir natürlich total glücklich sind.“

Weil man allerdings nicht einfach an städtische­n Straßensch­ildern herummanip­ulieren darf, wandte er sich außerdem an die Stadtverwa­ltung. Und dort stieß er ebenfalls auf

Begeisteru­ng. Er sei sehr unterstütz­t worden, „ich muss da wirklich ein großes Lob ausspreche­n“, sagt er.

Trotzdem war die Ausführung der

Planung nicht ganz unkomplizi­ert. „Wir mussten 101 Mal eine Stelle in Dinslaken suchen, wo man ein Häuschen aufhängen kann“, holt

Eickhoff aus. Und jedes Häuschen brauchte eine passende Befestigun­g, Schräubche­n für Schräubche­n: „Das war dann Heimarbeit

Sinn und Zweck Nisthilfen für Vögel sind sinnvoll, weil es in besiedelte­n Bereichen mit „ordentlich­en“Gärten zu wenige alte Bäume und Totholz gibt, in denen Vögel Nisthöhlen finden können.

Tipps für eigene Nistkästen Wer am Haus oder im Garten Nistkästen anbringen will, findet viele Tipps dazu zum Beispiel auf den Seiten von Naturschut­zorganisat­ionen. Unter anderem sollten die Häuschen möglichst bis Mitte März angebracht sein, sie sollten in zwei bis drei Metern Höhe hängen, ins Einflugloc­h sollte es nicht hineinregn­en, Katzen sollten nicht herankomme­n.

an langen Kaminabend­en.“Das Aufhängen am Ende aber, das sei ein Riesenspaß gewesen, erzählt er. Die Helfer wurden ganz oft angesproch­en, viele Menschen freuten sich richtig über das, was sie da sahen.

Komplett fertig wurde alles am Dienstag. Als nächstes sollen die Paten darüber informiert werden, wo sie ihr jeweiliges Häuschen finden. „Und dann hoffen wir mal, dass wir vielleicht dazu beitragen, dass wir in der Innenstadt das eine oder andere Brutpaar mehr haben.“

Wenn diese Zeit vorbei ist, sollen die Mini-hütten übrigens wieder abgenommen werden. Die Aktion ist als einmaliges, vergänglic­hes Projekt geplant, das etwas Sonne ins städtische Lebensgefü­hl zaubert. Und das hat offenbar jetzt schon geklappt.

„Daraus ist eine Herzensges­chichte geworden, das ist total schön“, sagt Andreas Eickhoff. „Lustig ist, dass wir jetzt schon Anfragen aus anderen Städten haben.“Es könnte also sein, dass die Idee über Dinslaken hinaus Kreise zieht.

 ??  ??
 ?? FOTO: AE ?? Dieses Vogelhäusc­hen im Schilderwa­ld ist eines von 101, die die Firma Holzschrif­tart in Dinslaken aufgehängt hat.
FOTO: AE Dieses Vogelhäusc­hen im Schilderwa­ld ist eines von 101, die die Firma Holzschrif­tart in Dinslaken aufgehängt hat.
 ?? FOTO: SZF FOTO: SZF ?? Für Vögel ist das „Parken“in der Dinslakene­r Altstadt selbstvers­tändlich frei.
Häuschen mit Aussicht: Wer hier einzieht hat alles gut im Blick.
FOTO: SZF FOTO: SZF Für Vögel ist das „Parken“in der Dinslakene­r Altstadt selbstvers­tändlich frei. Häuschen mit Aussicht: Wer hier einzieht hat alles gut im Blick.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany