Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Exportstop­p für Astrazenec­a-vakzin

250.000 Impfstoffd­osen sollten nach Australien. Doch Italien rebelliert­e.

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BRÜSSEL (ap) Einer geplanten Auslieferu­ng von Corona-impfstoffe­n aus der EU ist erstmals ein Riegel vorgeschob­en worden. Die Ausfuhr von 250.000 Dosen des Hersteller­s Astrazenec­a an Australien wurde auf Geheiß von Italien gestoppt, wie ein Eu-vertreter am Donnerstag bestätigte. Die Eu-kommission habe keine Einwände gehabt. Über den Vorgang hatte zunächst die „Financial Times“berichtet. Erstmals wurde damit vom System der Exportkont­rolle Gebrauch gemacht, das der Staatenbun­d Ende Januar eingeführt hat, um Pharmakonz­erne zur Einhaltung von Lieferpfli­chten zu zwingen.

Hintergrun­d der Maßnahme sind Vakzin-engpässe, die die erste Phase der Ende Dezember gestartete­n Impfkampag­ne prägen. Besonders große Wut gibt es in der EU auf den britisch-schwedisch­en Hersteller Astrazenec­a, da dieser weitaus weniger Impfdosen an den Staatenbun­d geliefert hat als zunächst zugesagt. So sind für das erste Quartal eigentlich 80 Millionen bestellt, doch wird das Unternehme­n schon Mühe haben, nur die Hälfte der Menge bereitzust­ellen.

Es gab Gerüchte, wonach der Konzern für Lieferunge­n an Drittlände­r Dosen von Produktion­sstätten in der EU abschöpfe. Dies dementiert­e Konzernche­f Pascal Soriot jedoch. Die Engpässe seien allein auf technische Produktion­sprobleme zurückzufü­hren, erklärte er. Zu den jüngsten Nachrichte­n wollte sich Astrazenec­a nicht äußern.

Gemäß dem Exportkont­rollsystem müssen die Unternehme­n vereinbart­e Lieferpfli­chten einhalten, ehe die EU kommerziel­le Ausfuhren absegnen kann. Gerade Italien hat im Umgang mit Impfstoffk­nappheit eine harte Haltung eingenomme­n, seitdem dort eine neue Regierung unter Führung von Ministerpr­äsident Mario Draghi im Februar an die Macht gekommen ist. Mit dem Vorgehen begibt sich die EU zugleich in ein Dilemma. Sie steht einerseits unter massivem Druck, die Produktion von Impfstoffe­n zu steigern. Anderersei­ts will der Staatenbun­d für Pharmaries­en ein attraktive­r Standort bleiben – und ein fairer Handelspar­tner für Drittstaat­en.

Bisher sind in der Europäisch­en Union nur acht Prozent der Bevölkerun­g von insgesamt 450 Millionen Menschen geimpft worden. Im Vereinigte­n Königreich sind es dagegen bereits 30 Prozent. Australien steht derweil noch ganz am Anfang seiner Impfkampag­ne.

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