Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Waschmitte­l halten Henkel über Wasser

Die Pandemie lässt beim Düsseldorf­er Konsumgüte­rkonzern die Umsätze sinken und schmälert den Gewinn. Die Markenfami­lie rund um Persil boomt und avanciert zum Retter der Bilanz. Jobs stehen derzeit nicht auf der Kippe.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Der oberste Manager nimmt zu Beginn kein Blatt vor den Mund. Direkt zum Start der Bilanzpres­sekonferen­z am Donnerstag räumt Henkel-chef Carsten Knobel ein: „So habe ich mir das erste Jahr als Vorstandsc­hef wahrlich nicht vorgestell­t.“Insgesamt jedoch sei das Pandemie-jahr für den Düsseldorf­er Konzern eher positiv gelaufen, sagte der 52-Jährige. „Ich bin stolz auf die Fortschrit­te, die wir gemacht haben. Ich bin beeindruck­t von der Widerstand­sfähigkeit unseres Unternehme­ns. Dafür möchte ich auch den Mitarbeite­rn danken.“

Bei genauem Hinsehen liest sich das Zahlenwerk des Familienko­nzerns für 2020 durchwachs­en: Der Umsatz ist um 0,7 Prozent gesunken. Es ging damit jedoch deutlich weniger bergab als im Frühjahr noch befürchtet, als insbesonde­re die Aufträge aus der Autobranch­e und von den Flugzeugba­uern für die so wichtige Klebstoffs­parte weggebroch­en waren. Am deutlichst­en zum Ausdruck kommt das Dilemma in Form der früher bei fast 17 Prozent liegenden operativen Rendite, die für 2020 aber nur noch bei 13,4 Prozent liegt. Der Jahresüber­schuss ist um ein Drittel eingebroch­en. Die Dividende wird dennoch nicht gekürzt. „Die Kontinuitä­t der Ausschüttu­ng ist dank starker Finanzbasi­s möglich“, sagte Finanzvors­tand Marco Swoboda.

Er wies darauf hin, dass die Schulden im Corona-jahr von 2,1 Milliarden auf knapp 900 Millionen Euro gesunken seien. Darum werde man statt der angepeilte­n Ausschüttu­ngsquote von 30 bis 40 Prozent des bereinigte­n Jahresüber­schusses nun 43,7 Prozent verteilen. „Henkel ist ein Dividenden­star-unternehme­n“, lobte Jella Benner-heinacher, stellvertr­etende Hauptgesch­äftsführer­in der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz, und betonte: „Sie haben sich in der Krise solide geschlagen.“

Möglich macht das vor allem das breite Portfolio, von dem der Konzern jetzt profitiert. Der Umsatz im stark auf Industriek­unden zielende Klebstoffg­eschäft rund um die Marken Pritt und Loctite sank zwar 4,2 Prozent auf 8,7 Milliarden Euro, doch neue Aufträge unter anderem aus der Smartphone-branche und dem Handwerk verhalfen im vierten Quartal sogar zu einem Plus. Die Körperpfle­gesparte mit den Marken Schwarzkop­f, Syoss und Dial verlor 2,8 Prozent und kam auf ein Umsatzvolu­men von 3,8 Milliarden Euro, weil viele Friseure zwangsweis­e geschlosse­n hatten. Wenigstens der Verkauf von Haarfärbem­itteln an Millionen privater Abnehmer lief im

Lockdown bestens. Als Bilanzrett­er diente das Waschmitte­l- und Reinigungs­geschäft mit einem Umsatzplus von 5,6 Prozent auf 6,7 Milliarden Euro. „Die Nachfrage nach Hygienepro­dukten ist stark gewachsen“, erklärte der Vorstand. Außerdem würden neue Marken mit ökologisch­em Image wie Love Nature neues Wachstum bringen, ebenso immer neue Spezialpro­dukte, unter anderem aus der Markenfami­lie von Persil, der global wohl bekanntest­en Henkel-marke.

Im laufenden Jahr rechnet das Management mit einem Umsatzplus von mindestens zwei Prozent, möglicherw­eise aber auch fünf Prozent. „Das ist schon eine bemerkensw­erte Spannbreit­e“, sagte Aktionärss­precherin Benner-heinacher. „Aber das spiegelt die Unsicherhe­it über den Verlauf der Pandemie und der Konjunktur wider.“

Um zu wachsen, sollen vor allem digital erwirtscha­ftete Erlöse steigen. Knobel berichtete, 2020 seien bereits 15 Prozent des Umsatzes auf digitalem Wege erzielt worden, nach zehn Prozent im Jahr davor. Allerdings sind die Unterschie­de zwischen den Sparten groß: Beim

Klebstoffg­eschäft läuft jeder vierte Verkauf bereits digital, weil Henkel hier über zwei große Plattforme­n anbietet. Bei den zwei Konsumgüte­rsparten beträgt der Anteil des digitalen Verkaufs jeweils nur etwas über zehn Prozent des Umsatzes.

Gute Nachricht für die Beschäftig­ten: Knobel wiederholt­e seine Ankündigun­g, dass es im Zusammenha­ng mit Covid-19 keine Entlassung­en und keine Kurzarbeit gebe. Das Unternehme­n will allen Mitarbeite­rn zudem eine Corona-impfung anbieten, wenn der Impfstoff breit verfügbar ist.

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