Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Zweite Spargelernte in der Pandemie
WAS WIR ESSEN Zigtausende Euro investiert Spargelbauer Dirk Buchmann, um die zweite Ernte unter Pandemie-bedingungen über die Bühne zu bringen. Und das Wetter war dieses Jahr auch noch tückisch. Aber dieser Widrigkeit hat er erfolgreich getrotzt.
Spargelbauer Dirk Buchmann hat viel Geld in die zweite Ernte unter Pandemie-bedingungen investiert. Wie er den Widrigkeiten trotzt.
Das Spiel gegen die Kälte hat Dirk Buchmann vom Schulte-drevenacks-hof schon mal gewonnen. „Es hat ja Mitte Februar noch sehr hoch Schnee gelegen“, sagt er. Das sollte den Start der Spargel-saison eigentlich nach hinten verschieben. Hat es auch hier und dort, nicht jedoch auf seinen Feldern: „Wir haben den ersten Spargel schon am 22. März gefunden. Was früher war als sonst“, sagt er stolz.
Das war der Lohn für große Mühen. Eine frühe Sorte, spezielles Pflanzverfahren, frühzeitige Bearbeitung des Ackers und ausgeklügelte Technik hat er dafür zum Einsatz gebracht, ein Verfahren mit der typischen schwarz-weißen Folie, Tunneln, noch mal Folie. Ein „Riesenmordsaufwand“sei das gewesen, sagt Buchmann. Und so etwas muss dann auch erstmal bezahlt werden: „Ich muss dafür zwei Wochen lang höhere Preise nehmen.“
Aber die Rechnung ist für ihn aufgegangen. Und was diese Spargel-saison ohnehin sehr viel mehr prägt als das Wetter – und was auch ungleich teurer wird – ist die Corona-pandemie.
Rund 20.000 bis 30.000 Euro hat Buchmann vor der Saison in Umbauten investiert, um die Unterkünfte für die Erntehelferinnen und -helfer – in der Hauptsaison sind es rund 50 Männer und Frauen, fast alle kommen aus Rumänien – anzupassen. Hinzu kommen laufende Kosten durch Coronatests, Mehrarbeit, Masken. Insgesamt, schätzt er, werden die Corona-maßnahmen ihn in dieser Saison „eine höhere fünfstellige Summe“kosten.
In den Quartieren der Saisonarbeitskräfte hat Buchmann die Zahl der Einzelzimmer erhöht, die der Doppelzimmer verringert. „Wir haben eine Kantine neu gebaut, damit die Leute nicht mehr so oft raus müssen“, erklärt er: Frühstück, Mittag- und Abendessen würden angeboten. Wobei die Beschäftigten natürlich nicht verpflichtet seien, die Kantine zu nutzen. „Und wir haben eine Quarantäne-station gebaut, weit ab von den anderen“, so Buchmann weiter. Für den Fall, dass aus seinen Teams jemand positiv getestet oder krank wird.
Auch die Arbeitsorganisation wurde angepasst: Es gibt jetzt ein Gruppen-konzept, um Kontakte zu minimieren. Und der „Quartiersbeauftragte“des Hofs hat seine Arbeitsstunden aufgestockt, weil er jetzt auch „Hygienebeauftragter“ist, auf Abstandsregelungen pocht und täglich Gemeinschaftsbereiche desinfiziert.
Nicht zuletzt gibt es eine Teststrategie. Die Arbeitskräfte brauchen zunächst einen negativen Corona-schnelltest für die Einreise. Auf dem Hof eingetroffen, wird sofort der nächste Test gemacht. Dafür gebe es im Betrieb eigens eine medizinisch geschulte Mitarbeiterin, betont Dirk Buchmann. Binnen zwei Tagen danach gebe es noch eine Untersuchung in einem Testzentrum, und danach wird – stand heute – wöchentlich getestet.
Die Akzeptanz all dieser Vorkehrungen sei bei den Mitarbeitern groß, meint Buchmann. Ähnlich empfindet es auch der Quartiersbeauftragte Reiner Krauthoff: „Die finden das gut, dass wir darauf achten. Denn in Rumänien sind die Coronazahlen auch sehr hoch.“
Die Extra-kosten sollen möglichst wieder reingeholt werden. „Wir hoffen, dass wir den Spargel auch zu fairen Preisen verkaufen können“, sagt Dirk Buchmann. Im Jahr 2020, als niemand sich auf die Pande
mie vorbereitet hatte, sei sein Betrieb wirtschaftlich immerhin mit einem blauen Auge davon gekommen. Die Saisonarbeitskräfte durften ja nach einigem Hin und Her einreisen, und die Absätze stimmten dann auch. Offenbar, weil die Leute zu Hause mehr gekocht haben: „Was an Gastronomie weggefallen ist, haben wir an den Ständen mehr verkauft.“Unterm Strich habe er 2020 keinen finanziellen Verlust gemacht – nur äußerst nervenaufreibend sei es gewesen, das sei dieses Jahr schon mal besser.
So blieb auch Elan übrig, um sich dem Schnee im Februar zu widmen. Als Landwirt sehe er es auch als sportliche Herausforderung, so etwas zu meistern, erklärt er. Insgesamt habe der technische Fortschritte aber die ganze Branche verändert. „Statt sechs Wochen Spargelzeit haben wir jetzt fast drei Monate“, hält er vor Augen. Vor ein paar Jahrzehnten habe es im Frühjahr erstmal nur Spargel aus wärmeren Ländern gegeben. Heute gebe es „signifikante Mengen im April, und damit ist der spanische und griechische Spargel fast vom Markt verschwunden“, erklärt er. „Die deutschen Spargelbauern haben es mit Folientechnik geschafft, den Marktanteil von 40 auf 80 Prozent zu erhöhen.“
„Wir haben eine Kantine neu gebaut, damit die Leute nicht mehr so oft raus müssen“
Dirk Buchmann
Landwirt in Drevenack