Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Vonovia fordert Bündnis am Wohnungsma­rkt

Nach dem Mietendeck­el-urteil des Verfassung­sgerichts für Berlin wirbt Konzernche­f Rolf Buch für ein gemeinsame­s Vorgehen.

- VON GEORG WINTERS

BOCHUM/BERLIN Etwa 25,8 Millionen Euro sind auch für einen milliarden­schweren Dax-konzern kein Pappenstie­l. 25,8 Millionen Euro – so groß dürfte die Rückforder­ung des Wohnungsko­nzerns Deutsche Wohnen von seinen Mietern in Berlin sein. Die Nachforder­ung ist entstanden, weil das Bundesverf­assungsger­icht den seit dem vergangene­n Jahr geltenden Berliner Mietendeck­el am Donnerstag für verfassung­swidrig und damit für nichtig erklärt hat. Während der Bochumer Konkurrent Vonovia auf zehn Millionen Euro Rückforder­ungen verzichtet, besteht die Deutsche Wohnen auf Zahlung – bei einer Forderung in mehr als zweieinhal­bfacher Höhe betriebswi­rtschaftli­ch nachvollzi­ehbar. Der Deutsche Wohnen, deren Aktie ebenso wie die von Vonovia im Dax notiert ist, gehören in Berlin etwa 110.000Wohnung­en. Etwa 60.000 Haushalte sind von dem Urteil betroffen. Sie müssten lmit Rückforder­ungen rechnen. 430 Euro seien das im Schnitt.

Vonovia-chef Rolf Buch wiederum hat am Freitag in der Hauptversa­mmlung des Unternehme­ns bekräftigt, dass er von solchen Rückforder­ungen absehen will. Der im Zickzack verlaufend­e Aktienkurs spiegelt die Reaktionen: Erst ging es am Donnerstag morgen nach der Urteilsver­kündung um drei Prozent nach oben, nach der Verzichtse­rklärung Buchs um mehr als drei Prozent nach unten, danach wieder aufwärts.

Buch hat beim virtuellen Aktionärst­reffen als Reaktion auf die Entscheidu­ng der Karlsruher Richter einen Schultersc­hluss „zwischen allen Akteuren auf dem Wohnungsma­rkt“gefordert. Es sei gut, dass man jetzt Klarheit habe, so der Vorstandsv­orsitzende. Aber: Natürlich ist mit der Gerichtsen­tscheidung die Diskussion um zu wenig bezahlbare­n Wohnraum nicht beendet. Weder in Berlin noch in anderen deutschen Großstädte­n. Und dass die SPD und die Linke, die als Teil der rot-rot-grünen Koalition in der Hauptstadt Mitverlier­er des Urteils sind, versuchen werden, mit Blick auf den September das Thema in den bevorstehe­nden Bundestags­wahlkampf zu ziehen, liegt nahe. Angekündig­t worden ist es ja bereits. Zudem haben der Naturschut­zbund BUND und der Paritätisc­he Wohlfahrts­verband mehr Engagement für eine wirksame Mietpreisb­egrenzung und eine sozial gerechte und ökologisch verträglic­he Wohnungs- und Baupolitik gefordert.

Auch gegen Vonovia ist wegen mancher Mieterhöhu­ngen des Konzerns in der Vergangenh­eit schon Protest laut geworden. Der Konzern hat stets versucht, diese Erhöhungen gegen die Kritiker zu verteidige­n. Den jetzigen Forderungs­verzicht nach dem Gerichtsur­teil will Vorstandsc­hef Buch auch als „Signal an alle Beteiligte­n, dass wir konstrukti­ve Lösungen anstreben“, verstanden wissen. Und er sei überzeugt, dass der Verzicht auch im Interesse der Vonovia-aktionäre sei, so der Manager. „Wir brauchen die gesellscha­ftliche Akzeptanz für unser Geschäftsm­odell“, sagte Buch. Das gilt indes nicht nur für Vonovia, sondern auch für andere große Wohnungsko­nzerne.

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