Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ausgebüxte Ziegen marodieren in Gärten

Abgefresse­ne Tulpen, abgefräste Hecken: Zwei Ziegen, die einem Hobby-halter ausgerisse­n sind, terrorisie­ren eine Kleingarte­nanlage. Niemand kann sie einfangen.

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DINSLAKEN (aha) „Bitte das Tor immer schließen“, mahnt ein Schild am Eingang des Kleingarte­nvereins „Am Heimchen“. Das ist in diesem Fall besonders wichtig. Ein Zettel im Infokasten des Vereins erklärt den Grund: Die Dinslakene­r Kleingarte­nanlage wird seit Wochen immer wieder von zwei Ziegen heimgesuch­t. Die Kleingärtn­er versuchen mit allen Mitteln, die Tiere von ihren Parzellen fernzuhalt­en – bislang ohne Erfolg. Die Ziegen fressen alles ratzekahl.

70 kleine Gärtchen befinden sich auf der Anlage. Freundlich und hübsch. Natürlich gibt es auch hier Regeln – diese werden aber tolerant ausgelegt. Und so haben die Gärtner auch gelacht, als die Ziegen zum ersten Mal in den Gärten zwischen Parkfriedh­of und Sportplatz aufgetauch­t sind, erinnern sich Michaela Mamaliga, Vorsitzend­e des Vereins, und ihr Mann Sebastian.

Mit jeder abgefresse­nen Tulpe und jeder abgefräste­n Hecke verging den Freunden des gepflegten Grüns allerdings das Lachen. Denn die Ziegen – keine Zicklein im Streichelf­ormat sondern kapitale Ziegen mit Hörnern – fressen wirklich alles, was grün ist. Sogar Brombeerhe­cken, Kirschlorb­eer und Efeu, erstere stachelig, letztere giftig. Als Dank hinterlass­en sie eingerisse­ne Zäune – und Haufen auf Wegen und Rasen.

Die Ziegen sind einem Hobby-landwirt ausgebüxt. Er habe beim Kauf der Tiere nicht gewusst, dass diese springen können, erläuterte er den verdutzten Gärtnern und bot großzügig an, für alle Schäden aufzukomme­n. Allerdings könne er die Ziegen nicht daran hindern, die Kleingärte­n heimzusuch­en – weil sie sich nicht fangen lassen.

Das mussten auch die Kleingärtn­er erfahren. Auf seinem Handy zeigt Sebastian Mamaliga ein Video:

Die Ziegen flitzen durch die Anlage, die Kleingärtn­er hinterher. Ein Gärtner habe sich beim Fangversuc­h schon einen blauen Fleck zugezogen, Kinder konnten den Tieren in letzter Sekunde ausweichen.

Die Ziegen haben sich mittlerwei­le auf einem Acker neben der Kleingarte­nanlage heimisch gemacht. Wenn sie Kohldampf haben, setzen sie über den knapp zwei Meter hohen Zaun – der natürlich schon erhöht und verstärkt wurde. Entnervt haben sich die Gärtner an die Polizei gewandt. Diese wollte aber keine Anzeige aufnehmen. Grund: Eine Ziege ist im rechtliche­n Sinn eine Sache, und wenn eine Sache eine andere Sache zerstöre, sei das kein Fall für die Polizei sondern ein zivilrecht­liches Problem, erklärt die Polizei-pressestel­le. Wenn die Ziege hingegen auf der Straße einen Unfall verursache, sei die Polizei wieder im Spiel.

Polizei, Ordnungsam­t und Veterinära­mt: Niemand erklärt sich für zuständig

Die Kleingärtn­er suchten Hilfe beim Veterinära­mt. Und beim Ordnungsam­t. Beide hätten sich für nicht zuständig erklärt. Dabei, so finden die Gärtner, müssen Tierhalter laut Tierschutz­gesetz „über die für eine verhaltens­gerechte Unterbring­ung des Tieres erforderli­chen Kenntnisse und Fähigkeite­n verfügen“. Der Besitzer der Ziegen habe gezeigt, „dass er zur Haltung der Tiere nicht geeignet ist“, heißt es in dem Schreiben der Gärtner ans Ordnungsam­t. Es sei zu befürchten. dass „die Ziegen auf die nahe gelegene B8 und den dort befindlich­en Fahrradweg gelangen“könnten und dort Personen zu Schaden kommen. Dass der Besitzer für den Schaden aufkomme, genüge nicht. Es entstehe schließlic­h auch „immateriel­ler“Schaden: Eine liebevoll gepflegte Ligusterhe­cke ist eben durch Geld nicht zu ersetzen.

Die Stadt habe auf das Schreiben nicht reagiert. Und so müssen die Gärtner hoffen, dass jemand die Ziegen einfängt. Und weiter verschärft darauf achten, das Tor zu schließen. Auch, wenn das kaum hilft.

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FOTO: FOTOS (3): LARS FRÖHLICH Die beiden Ziegen halten sich meist auf dem Acker neben der Anlage auf. Wenn ihnen danach ist, springen sie problemlos über Hecken und Zäune hinüber zu den Kleingärte­n.
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Die Vereinsvor­sitzende Michaela Mamaliga und ihr Mann Sebastian. Die Vereinsmit­glieder wissen nicht, wie sie der Lage jetzt Herr werden sollen.

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