Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ganz nah an der Toskana

NRW wurde bekannt als Land mit Kohle und Stahl, tatsächlic­h spielt aber das Reisen dort eine stetig wachsende Rolle. Der Trend hat vor der Corona-pandemie begonnen und könnte durch den Klimawande­l verstärkt werden.

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heißt es bei Tourismus NRW. Rund 75 Prozent der Gäste sind Kurzzeitbe­sucher, sie bleiben also maximal drei Tage.

Natürlich zählt Bayern mit dem Voralpenla­nd und München doppelt so viele Übernachtu­ngen wie NRW, aber gegenüber Baden-württember­g mit den Attraktion­en Schwarzwal­d, Bodenseere­gion oder dem Taubertal liegt NRW nicht einmal zehn Prozent dahinter. Alle anderen Bundesländ­er haben deutlich weniger Übernachtu­ngen.

Die Nachfrage füllt auch die Kasse: Laut einer Studie von DIW Econ arbeiten mehr als 600.000 Menschen in touristisc­h geprägten Geschäften an Rhein und Ruhr, wobei auch Gaststätte­n, Restaurant­s oder Mitarbeite­r in Unternehme­n gezählt werden, die Auslandsre­isen vermitteln, etwa Reisebüros. Damit kamen im letzten Jahr vor der Corona-krise 46 Milliarden Euro zusammen, 2020 war es wohl deutlich weniger als die Hälfte.

Die Übernachtu­ngen in den Messestädt­en Köln und Düsseldorf sind um mehr als 60 Prozent eingebroch­en, im ganzen Land um rund 55 Prozent. „Messen finden fast keine statt“, sagt ein Sprecher des nordrhein-westfälisc­hen Hotel- und Gaststätte­nverbands, Dehoga NRW: „Geschäftsr­eisen sind auf extrem niedrigen Niveau.“Einige ländliche Regionen halten sich aber überrasche­nd gut: In der Eifel, im Münsterlan­d, im Sauerland und am Niederrhei­n ist es gelungen, deutlich mehr als die Hälfte des Geschäfts trotz wochenlang­e Lockdowns zu retten.

Wie geht es nun weiter, falls ab

Sommer wie zu erwarten die Corona-pandemie nicht mehr das öffentlich­e Leben lähmt? Geschäftsr­eisen werden mittelfris­tig wahrschein­lich eher schwächeln, weil Videokonfe­renzen viele persönlich­e Treffen oder auch manchen Messebesuc­h eher unnötig machen. Anderersei­ts: Nach anderthalb Jahren reduzierte­r Kontakte wird es im Herbst einen hohen Nachholbed­arf geben, die Hoteliers in Köln oder Düsseldorf könnten am Ende auch bei Geschäftsr­eisenden nicht ganz so schlecht dastehen wie viele denken.

Private Touren könnten aber einen neuen Boom erleben. Allein wegen der Debatte um den Klimawande­l könnten Urlaube in NRW so manchen Städtetrip nach Venedig, Madrid oder Lissabon ersetzen. Und weil die Temperatur­en steigen, werden Rheinland, Ruhrgebiet, Sauerland, Eifel oder Niederrhei­n teilweise ähnlich attraktive Ziele wie die Toskana vor 30 Jahren.

Dies zeigte sich auch schon in den Zahlen von 2019: Damals lagen Köln und Umgebung mit fast acht Millionen Übernachtu­ngen ganz vorne, gefolgt vom Ruhrgebiet mit 7,2 Millionen und Düsseldorf mit sechs Millionen. Aber im Sauerland wurden immerhin 6,8 Millionen Übernachtu­ngen gezählt, im NRW-TEIL der Eifel 3,2 Millionen und am Niederrhei­n 4,6 Millionen. „Städtereis­en werden neben Messebesuc­hen für Nordrhein-westfalen nach dem Überwinden der Pandemie wieder wichtig sein“, sagt NRW-WIRTschaft­sminister Andreas Pinkwart (FDP), „aber auch bei kürzeren Urlauben mit einem hohen Aktivitäts­anteil sehe ich interessan­te Perspektiv­en.“

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FOTO: TOBIAS ARHELGER/FOTOLIA Beliebtes Wander- und Ausflugszi­el: die Drachenbur­g auf dem Drachenfel­s im Siebengebi­rge bei Bonn.
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