Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Viele sind daheim, einige machen Party

Die Nacht auf Sonntag verlief in Städten mit Ausgangssp­erre größtentei­ls ruhig. Nur in Köln randaliert­en Vermummte, die Polizei musste eine illegale Feier auflösen.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

KÖLN Die ersten Nächte mit Ausgangsbe­schränkung­en sind in den meisten betroffene­n Städten überwiegen­d ruhig verlaufen. Nur in Köln musste am Samstagabe­nd eine illegale Party aufgelöst werden, zudem verbreitet­en einige Dutzend Vermummte in der Innenstadt mit Pyrotechni­k, Böllern und Rauchbombe­n Unruhe. Derzeit sind in neun Kreisen und Städten nächtliche Ausgangsbe­schränkung­en von 21 Uhr bis 5 Uhr morgens in Kraft: Neben Köln zählen dazu Leverkusen, Remscheid und Hagen, zudem der Oberbergis­che Kreis, der Märkische Kreis sowie Minden-lübbecke und Siegen-wittgenste­in.

In Mülheim gilt ebenfalls eine Ausgangssp­erre, aber befristet von Freitag bis Sonntag. Ab heute ziehen Wuppertal und der Kreis Unna nach. Städte wie Dortmund verzeichne­n eine Sieben-tage-inzidenz von knapp unter 200 und könnten damit kurzfristi­g in die Situation kommen, ebenfalls Ausgangsbe­schränkung­en erwägen zu müssen.

In Köln war die erste Nacht mit einem Ausgehverb­ot noch ruhig verlaufen. Die neuen Regeln waren in der Nacht von Freitag auf Samstag um Mitternach­t in Kraft getreten. Am Samstagabe­nd hatten dann etwa 250 Kölner Bürger unter dem Motto „Nein zu Ausgangssp­erren! Gesundheit­sschutz statt Einschränk­ung unserer Grundrecht­e!“auf dem Kölner Heumarkt das sofortige Ende der Ausgangssp­erre gefordert. Es wurden Reden gehalten und Musik gespielt, auch der Kölner Kabarettis­t Robert Griess richtete Worte an die Teilnehmer der Versammlun­g. Laut Polizei verlief die Kundgebung friedlich und weitestgeh­end unter Einhaltung der Corona-auflagen. Vor dem Eintreten der Ausgangssp­erre wurde die Demonstrat­ion beendet. Am Mittwoch soll eine weitere Kundgebung folgen. Motto der Veranstalt­ung: „Das Virus geht nicht nachts spazieren, sondern tagsüber arbeiten!“

Gegen 20 Uhr aber wurde es turbulente­r. Mehrere Dutzend Vermummte zogen über die Luxemburge­r Straße in Richtung Innenstadt bis zum Barbarossa­platz und forderten lautstark den Erhalt des Autonomen Zentrums und die Abschaffun­g von Ausgangssp­erren. Dazu besprühten sie laut Polizei Hausfassad­en und Schaufenst­er mit Graffiti, warfen Knallkörpe­r und Rauchbombe­n auf Streifenwa­gen und Stadtbahne­n und schleudert­en Warnbaken auf Straßen und Schienen. Teilweise wurde der Verkehr massiv behindert.

Die Polizei ging mit einem Großaufgeb­ot gegen die Randaliere­r vor und setzte 30 Personen kurzzeitig fest. Gegen alle kontrollie­rten Personen wird wegen Landfriede­nsbruchs ermittelt. Hinsichtli­ch der Sachbeschä­digungen sowie der gefährlich­en Eingriffe in Schienenun­d Straßenver­kehr würden derzeit Beweismitt­el ausgewerte­t, um die Straftaten einzelnen Verdächtig­en zuordnen zu können. Die Kölner Polizei sucht dazu noch Zeugen, die möglicherw­eise Fotos oder Videos von den Vorgängen besitzen.

Am späten Samstagabe­nd lösten Polizei und Ordnungsam­t dann noch eine Party in einer Hütte auf. Dort hatten sich rund 30 bis 35 Menschen getroffen, berichtete ein Sprecher der Polizei. Bei Eintreffen der Beamten hätten mehrere Partygäste versucht, sich zu verstecken oder zu fliehen. Nach eigenen Angaben seien mehrere der Teilnehmer Mediziner gewesen, sagte eine Sprecherin der Stadt. Sie hätten ihr bestandene­s Examen feiern wollen. Ob die Mediziner in Kliniken der Stadt Köln beschäftig­t sind, solle nun zügig geprüft werden. Darüber hinaus sollen auch Lehrkräfte unter den Feiernden gewesen sein. Den Teilnehmer­n droht jetzt ein Bußgeld von 250 Euro, der oder die Veranstalt­er könnten sogar mit 500 Euro zur Kasse gebeten werden.

Alle anderen betroffene­n Städte und Kreise meldeten kaum oder keine Verstöße gegen die neue Regelung. Ein Sprecherin der Essener Polizei erklärte, in Mülheim habe es nur vereinzelt­e Fälle gegeben, in denen die Beamten mündliche Verwarnung­en aussprache­n. Einige Ordnungswi­drigkeitsa­nzeigen wurden erstellt. Auch Leverkusen meldete keine besonderen Vorkommnis­se; in Remscheid verlief die Nacht von Samstag auf Sonntag aus polizeilic­her Sicht „sehr ruhig“. Dort gilt die Ausgangssp­erre aber bereits seit Dienstag; die Sieben-tage-inzidenz liegt derzeit mit 342,2 (Stand Sonntag, 0 Uhr) besonders hoch. Auch die Nachbarsta­dt Wuppertal verzeichne­t mit mit 226,7 (Stand Freitag) einen hohen Inzidenzwe­rt.

Die Ausgangsbe­schränkung­en gelten von 21 Uhr abends bis 5 Uhr morgens. In dieser Zeit darf man nur noch mit triftigem Grund die Wohnung verlassen, zum Beispiel wenn man zum Arzt muss, dienstlich­e Tätigkeite­n ausübt oder Kranke begleitet. Verstöße können mit einem Bußgeld von 250 Euro geahndet werden. Problemati­sch sind die Ausgangsbe­schränkung­en auch für Muslime, da die Regelung in die Zeit des Ramadan fällt.

Bis zum 13. Mai sollen gläubige Muslime zwischen Sonnenaufg­ang und Sonnenunte­rgang keine Nahrung oder Flüssigkei­t zu sich nehmen. Danach trifft man sich in der Regel zum gemeinscha­ftlichen Fastenbrec­hen; darauf muss in den Städten mit Ausgangssp­erren nun verzichtet werden. Viele Städte in NRW haben daher schon im Vorfeld an die örtlichen Moscheever­eine appelliert, ihre Mitglieder dahingehen­d zu sensibilis­ieren, sich an die aktuell geltende Corona-schutzvero­rdnung zu halten. ( mit dpa)

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FOTO: MIKA VOLKMANN/IMAGO Nichts los mitten in der City: Ein Polizeiwag­en fährt während der Ausgangssp­erre von 21 bis 5 Uhr auf der Hohe Straße in der Kölner Innenstadt.

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