Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Relief am Ring bleibt trotz Abriss erhalten
Das Schneemann-haus am Hansaring wird einem Neubau von zwölf Wohnungen weichen. Das Kunstwerk an der Fassade wird gerettet.
WESELWER mit offenen Augen durch Wesel geht, stößt immer wieder auf Ornamente an öffentlichen und privaten Gebäuden. Die meisten stammen aus der Zeit des Wiederaufbaus nach dem Zweiten Weltkrieg. Viele sind von meist heimischen Künstler gefertigt und äußerst wertvoll. Nicht nur als Kunstwerk an sich, sondern als Bestandteile der Weseler Identität. Mosaike, Plastiken und auch manche besonderen Fenster haben der Stadt ihren Stempel aufgedrückt. Das gilt zum Beispiel für das Relief eines Zweimasters mit aufgeblähten Segeln am Haus Hansaring 38. Es ist als Schneemann-haus bekannt. Hier wohnte einst der frühere Landrat und Landtagsabgeordnete Theodor Schneemann (1873-1958) mit seiner Familie. Mit dem stolzen Schiff wollte er die Jahrhunderte alte Tradition Wesels als Hansestadt zum Ausdruck bringen. Jetzt wird das Haus einem Neubauprojekt weichen, wie anhand vorbereitender Arbeiten und einem Plakat erkennbar ist. Das ließ bereits alte Weselaner ebenso um das Kunstwerk bangen wie Kulturfachleute. Allen sei gesagt: Es bleibt auf jeden Fall erhalten.
Wie der Weseler Architekt Armin Stockhausen am Montag auf Anfrage unserer Redaktion sagte, ist die Rettung der Skulptur Bestandteil des Kaufvertrags. Stockhausen fungiert als Bauträger für einen Weseler Investor, der die rund 1500 Quadratmeter große Immobilie von einer Erbengemeinschaft erworben hat. Nach dem Abriss des Schneemann-hauses sollen am Ring zwölf öffentlich geförderte Wohnungen neue entstehen. „Klein, seniorengerecht und bezahlbar“, betonte Stockhausen. Im Herbst soll mit den Arbeiten begonnen werden. Für das Relief gebe es vorher „eine saubere Lösung“. Er könne sich, so Stockhausen, auch vorstellen, dass das Segelschiff am Ende in die neue Fassade integriert wird, denn da gehöre es ja auch hin. Dies aber müsse die Erbengemeinschaft als Eigentümerin entscheiden, die er dazu noch befragen wolle.
Die Arbeit ist mit den Initialen TS und LS, die wohl für Theodor Schneemann und seine Frau Luise stehen, sowie den Daten 1933 (erbaut?) und RENOV 1951 (wieder aufgebaut) versehen. Zwar fehlt noch der allerletzte Nachweis, aber das Werk trägt eindeutig die Handschrift der Weseler Künstlerin Eva Brinkman (1896-1977). Dafür spreche unter anderem die Porigkeit des Materials, sagt Stadtarchivar Martin Roelen auf Anfrage. Es könne aus Muschelkalk bestehen, den Brinkman auch für die „trauernde Vesalia“verwendet hat. Die Figur erinnert auf dem Alten Friedhof an der Caspar-baur-straße an die Kriegsopfer Wesels und die Zerstörung der Stadt.
Brinkman hatte die Zerstörung ihrer Heimatstadt, der auch ihr Haus zum Opfer gefallen war, 1945 miterlebt. Sie baute es wieder auf, konnte ab 1950 wieder über eine Werkstatt verfügen, musste das Domizil aber wegen des an der Komturstraße geplanten Hochhauses – heute als Mercedes-stern bekannt – wieder abreißen. Mit ihrer Freundin Käthe Pommer bezog sie ein Gebäude am Halben Mond, das eigens auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten war. Dies alles spielte sich also in unmittelbarer Nähe zum Schneemann-haus ab. Der Halbe Mond zwischen der Straße Am Westglacis und der Fischertorstraße liegt parallel zum Hansaring. Ein Verbindung zu diesem ist auf halber Strecke die Schneemannstraße. Sie ist nach Wesels Ehrenbürger Moritz Schneemann (1836-1930) benannt, dem Vater von Theodor.
Auf dem Fusternberg indes liegen die Eva-brinkman- und die Artur-buschmann-stege. Sie gehören zu jenen, deren Werke noch teils im öffentlichen Raum zu bewundern sind. Teils, denn längst nicht alles hat überlebt. So verschwand am Brüner Tor beim Abriss des Foyers zwischen dem Altbau, der Kita wurde, und der Ellen-key-förderschule, die Wohnhäusern wich, eine aus statischen Gründen aufwendig zu ersetzende Säule mit kunstvollen Mosaiken aus der Berufsschulgeschichte des Baus und ein Wandgemälde Buschmanns. Ebenfalls getilgt ist das ehemalige Stadtwerke-gebäude an der Kreuzstraße – ein Architekturdenkmal mit besonderer Fassade und zudem mit Mosaik geschmückt. Erst folgte Saturn, nun Edeka. Weg ist auch das Wesel-kunstwerk, das samt Landeszentralbank am Berliner Tor dem Sparkassen-neubau geopfert wurde. Im Finanzamt gab es mal ein von Ewald Mataré gestaltetes Fenster. Zum Glück gibt es immer wieder aber auch positive Bespiele. Eine Gambrinus-skulptur von Brinkman zog vom früheren Stams-sitz auf dem Dudel mit um zur Nordstraße.