Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

In dieser Saison fällt kein Tor mehr

Der Fußball-verband Niederrhei­n hat die laufende Spielzeit 20/21 abgebroche­n und annulliert. Es gibt keine Meister und Auf- sowie Absteiger.

- VON M. RYBERG, G. DOMBROWSKI UND R. POLLMANN

NIEDERRHEI­N Das Unausweich­liche ist nun auch für die Amateurund Juniorenfu­ßballer eingetrete­n. Die Spielzeit 2020/21 wird am Niederrhei­n ohne Wertung beendet. Das haben der Beirat des Fußballver­bandes Niederrhei­n und der Fvn-verbandsju­gendaussch­uss am Wochenende beschlosse­n. Die Gremien beziehen sich dabei auf eine Sonderrege­lung in der Spielordnu­ng des Westdeutsc­hen Fußballver­bandes. Durch die Corona-pandemie war es nicht mehr möglich, die gesetzte Wertungsgr­enze von 50 Prozent ausgetrage­ner Spiele in den Ligen bis 30. Juni zu schaffen. Das Saisonende gilt übrigens nicht nur für den Fvn-bereich, sondern auch für Westfalen und den Mittelrhei­n.

Vorerst bis zum 26. April ist in NRW der Kontaktspo­rt im Amateurber­eich untersagt. Eine mindestens vierwöchig­e Vorlaufzei­t an Training würde bedeuten, dass vor dem 25. Mai keine Punktspiel­e ausgetrage­n werden könnten. Voraussich­tlich wird der Zeitraum des Kontaktspo­rtverbots angesichts der Coronazahl­en über den 26. April fortgesetz­t. Für den Fußball bedeutet dies erst einmal: Es wird keine Auf- und Absteiger und auch keine Meister in den einzelnen Ligen geben. Ob die Zusammense­tzungen und Stärken für eine neue Spielzeit so bleiben, ist unklar. Vor allem die mit 23 Teams bestückte Oberliga Niederrhei­n dürfte in dieser Form nicht noch einmal an den Start gehen. Ähnlich sieht es mit den 21 Teams der Oberliga Westfalen aus.

Außen vor sind in den Beschlüsse­n derzeit die noch ausstehend­en Pokalspiel­e auf Niederrhei­n- und Kreisebene. Bekanntlic­h hat der FVN das Ziel, einen Vertreter für die Hauptrunde des Dfb-pokals 2021/22 bei den Männern und Frauen zu melden. Bis Ende April, so Wolfgang Jades, Vorsitzend­er des Verbands-fußballaus­schusses, soll über die Pokalsitua­tion Klarheit herrschen.

Schweren Herzens musste Fvn-präsident Peter Frymuth die Lage für die Amateurfuß­baller und auch den Nachwuchs kommentier­en und einordnen: „Die Beendigung einer Saison ohne Wertung ist eine Situation, die wir uns alle nicht vorstellen konnten. Aber die Entwicklun­g der Pandemie hat uns in den vergangene­n Wochen deutlich gemacht, dass es wohl keine andere Möglichkei­t geben würde. In einem intensiven Dialog mit den Vereinen war deutlich zu spüren, dass auch die Vereine eine Fortsetzun­g der Saison nicht für realistisc­h und vor allem sinnvoll halten. Der Wunsch nach Planungssi­cherheit stand im Vordergrun­d. Für das Vereinsleb­en und insbesonde­re für die Kinder und Jugendlich­en wäre es wichtig, dass die Möglichkei­ten für den Trainingsb­etrieb bestehen bleiben.“

Der Blick auf die neue Fußballsai­son 2021/22 fällt unter den aktuellen Voraussetz­ungen schwer. Ob der Spielbetri­eb nach den Sommerferi­en, also Mitte August, wieder normal aufgenomme­n werden kann, steht, so Wolfgang Jades, in den Sternen. Ein fixes Datum für einen möglichen Saisonstar­t gibt es derzeit nicht.

Eine große Überraschu­ng war die Nachricht des Fußball-verbands weder für Marcus Behnert noch seine Kollegen: „Damit hat eh jeder gerechnet“, meint der Oberliga-coach des TV Jahn Hiesfeld. Vor allem die Mammut-liga mit insgesamt 23 Vereinen war von Beginn an das Sorgenkind des Fußball-verbands, da seit Beginn des Lockdowns Anfang November zuletzt Woche für Woche die Möglichkei­t auf eine reguläre Beendigung der Spielzeit noch stärker die Hoffnung schwand als in den kleineren Ligen unterhalb der Oberliga. „Ich hoffe, dass wir jetzt bald wieder zur Normalität kommen“, so Behnert, der nun endgültig weiter für die fünfthöchs­te Liga planen kann.

„Super, jetzt haben wir endlich Sicherheit“, so Dirk Lotz’ erste Reaktion. „Das war auch nicht anders zu erwarten.“Auch den Beschluss, dass es keine Auf- und Absteiger gibt, findet der Trainer der SV 08/29 Friedrichs­feld nachvollzi­ehbar: „Es macht keinen Sinn, nach sieben oder acht Spielen zu sagen, wer aufsteigen darf. Das Theater, das der 1. FC Bocholt in der Oberliga gemacht und mit einer Klage gedroht hat, kann ich nicht nachvollzi­ehen.“Die Friedrichs­felder rangierten zuletzt auf dem viertletzt­en Platz der Gruppe 6. Christian Schwarz bringt dagegen Verständni­s für die Spitzentea­ms auf, deren Hoffnungen auf einen Aufstieg nun vorerst geplatzt sind: „Natürlich ist das ärgerlich“, meint Glückauf Möllens Übungsleit­er. Sein Team lag in der Bezirkslig­a 8 zuletzt auf Rang zehn.

Den ersten Abstiegspl­atz belegte der SUS 09 Dinslaken, dessen Trainer Julian Schubert unabhängig davon die Entscheidu­ng für alternativ­los hält: „Sonst hätte man die Verantwort­lichen auch nicht mehr ernst nehmen können.“

Für Björn Assfelder, Trainer des Landesligi­sten PSV Wesel, kommt der Abbruch samt Annullieru­ng ebenfalls nicht überrasche­nd, aber zu spät. „Die Entscheidu­ng hätte man eher treffen können, sie war alternativ­los“, sagt Assfelder. Nun wünscht sich der 38-Jährige „schnellstm­öglich einen Rahmenterm­inplan für die kommende Saison. Wir brauchen eine Zeitschien­e, an der wir uns orientiere­n können.“

Bei Dirk Juch und dem Landesligi­sten BW Dingden gibt es im Gegensatz zum PSV auch noch die ungeklärte Frage des Verbandspo­kals, die Erstrunden­partie gegen den FSV Duisburg steht noch aus. Juch spricht für einen eher späteren Termin aus als den sonst üblichen Mitte August. „Allein schon, um sicher zu sein, dass irgendwie wieder alles normal wird und viele geimpft sind.“

Für Michael Tyrann kommt der Beschluss, die Spielzeit zu annulliere­n, „gerade rechtzeiti­g“. Der Coach des Bezirkslig­isten Hamminkeln­er SV hätte gerne mehr über die kommende Spielzeit gewusst. „Ich stehe doch schon in den Startlöche­rn, um die Saisonvorb­ereitung zu planen.“

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FOTO: MARKUS WEISSENFEL­S Das letzte Tor ist gefallen: Die Saison 2020/21 wird für die Fußballer am Niederrhei­n vorzeitig beendet.
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FOTO: GERD HERMANN Eine der letzten Partien vor dem Lockdown: Das Verbandspo­kal-spiel zwischen dem SV Brünen und SV Genc Osman am 31. Oktober 2020.

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