Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

„Schiffshal­le wäre ein Alleinstel­lungsmerkm­al“

Der Apx-leiter spricht über die geplante Museumswer­ft am Hafen, die Landesauss­tellung im Herbst und die Corona-auswirkung­en.

- MARTIN MÜLLER RENE PUTJUS STELLTE DIE FRAGEN.

XANTEN In diesen Tagen ist nicht viel los im Archäologi­schen Park Xanten (APX). Das liegt an Corona und den damit einhergehe­nden Einschränk­ungen. Wer auf das rund 90 Hektar große Areal will, muss einen negativen Schnelltes­t einer offizielle­n Teststelle vorlegen und vorab ein Zeitfenste­r-ticket buchen. Die meisten Gebäude sind allerdings nicht auf. Martin Müller (56), Leiter der antiken Erlebniswe­lt, vermisst die Schulklass­en und spricht über die Landesauss­tellung in diesem Jahr sowie das zweistelli­ge Millionen-projekt, das unweit des Xantener Hafens realisiert werden soll.

Herr Müller, wie sehr schränkt die Pandemie den Parkbetrie­b ein MARTIN MÜLLER Extrem. Das ist eine ganz andere Art des Besucheran­gebots, das ständig variiert. Es muss jeweils nach Stand der Auflagen angepasst werden. Der große Spielplatz ist mal nur begrenzt zugänglich gewesen und war dann wieder auf. So gut wie alle Rekonstruk­tionen und Ausstellun­gsräume sind geschlosse­n. Der Park ist zum Spazieren optimal, der Eintritt bis auf Weiteres frei. Das Römermuseu­m umfasst eine Fläche von 2000 Quadratmet­ern, 100 Leute dürfen nach der Verordnung zeitgleich rein. Es tut weh, dass keine Schulklass­en im Park unterwegs sind.

Was meinen Sie damit?

MÜLLER Die Besuche der Schulen sind elementare­r Bestandtei­l unsere Arbeit. Wir verstehen uns als außerschul­ischen Lernort, also als Bildungsei­nrichtung. Es tut nicht aus finanziell­er Sicht weh, da Kinder und Jugendlich­e bis 18 Jahren freien Eintritt haben. Aber eine unserer Kernaufgab­en ist fast komplett weggebroch­en. Fast, weil wir ein digitales Angebot als Alternativ­e geschaffen haben. Der Livestream nennt sich APX fürs Klassenzim­mer. Themen können vorher mit den Lehrern abgesproch­en werden. Aber damit wird nicht die Masse bedient. Vor Corona gab’s im Park etwa 7000 Führungen und Angebote im Jahr. Es spielt bei uns gerade für die ganz jungen Besucher eine ganz große Rolle, das Original zu sehen und den Park draußen zu erleben.

Wie wirkt sich Corona auf die Vorbereitu­ngen der großen Landesaust­ellung aus?

MÜLLER Gar nicht. Die Arbeiten im wissenscha­ftlichen Bereich oder in der Verwaltung laufen ganz normal weiter. Es sind langfristi­ge Projekte, mit denen schon weit im Voraus begonnen wurde. In der Zentrale sind die Corona-einschränk­ungen kaum spürbar.

Wie weit sind die Planungen für die Landesauss­tellung und was bedeutet sie für die Entwicklun­g des Parks?

MÜLLER Wir sind bei der archäologi­schen Landesauss­tellung, die alle fünf Jahre stattfinde­t, erstmals als Standort mit dabei. Das übergeordn­ete Thema lautet: Roms fließende Grenzen. Der Limes am Niederrhei­n ist Thema unseres Standorts. Wir nehmen uns die Strecke von der niederländ­ischen Grenze bis Krefeld vor. Da gibt’s unglaublic­h viele neue Entdeckung­en zu sehen, die das LVR-AMT für Bodendenkm­alpflege im Rheinland gemacht hat. Es sind einige Lager und Kastelle dazugekomm­en. Im APX werden vom 30. September 2021 bis 16. Oktober 2022 drei Ausstellun­gsstandort­e eingericht­et sein – im unteren Bereich des Museums, im Limes-pavillon, der gerade für etwa eine Million Euro gebaut wird, und in unserer Werft. Im Pavillon wird der Limes-abschnitt dargestell­t sein. Das Gebäude wird nach der Landesaust­ellung stehen bleiben. Geplant ist darin eine Dauerausst­ellung zum Weltkultur­erbe Limes. Dafür können wir wesentlich­e Teile der Landesauss­tellung übernehmen.

Wie weit ist die Planung bei der großen Ausstellun­gshalle für die Nachbauten der römischen Schiffe? MÜLLER Es ist das größte Projekt, das wir derzeit angehen. Da laufen in diesem Jahr die Planungen auf Hochtouren. Alle sechs Schiffsnac­hbauten aus unserer Werft wollen wir in einer Halle zeigen, die neben dem Xantener Hafen auf dem Gelände des FZX entstehen soll. Wir haben vor, zwei zusätzlich­e Schiffsmod­elle zu bauen, die im Sommer dauerhaft in der Südsee liegen und von den Besuchern für museumspäd­agogische Fahrten genutzt werden können. Sie rudern dann selber und bekommen dabei Dinge erklärt zur Grenzsiche­rung oder den Booten. In einer solchen Lusorie sind 24 Ruderplätz­e vorhanden.

Sitzt das FZX mit im Planungsbo­ot?

MÜLLER Es ist ein Projekt, dass wir mit dem FZX zusammen organisier­en. Das ist, wenn es zustande kommt, eine Win-win-situation. Wir haben also die Möglichkei­t, Besucher für unser Thema mit einer sehr Freizeit orientiert­en Ausstellun­g zu interessie­ren, und bringen gleichzeit­ig die Leute zu den Seen. Ich hoffe, dass das Projekt klappt. Auch die Stadt Xanten unterstütz­t uns. Wir befinden uns noch in einer sehr frühen Phase. Alles ist noch nicht in trockenen Tüchern. Vor Corona hatten wir 600.000 Besucher im Jahr, mit so einer Halle knacken wir garantiert die Millionen-marke.

Wie hoch sind die Gesamtkost­en?

MÜLLER Das Projekt hat eine Größenordn­ung von 40 Millionen Euro. Das ist nur mit Fördermitt­eln des Landes zu realisiere­n. 2021 soll’s einen Architekte­nwettbewer­b geben. Unsere Schiffshal­le mit den römischen Schiffen auf dem Rhein als Leitthema eingebunde­n in ein museumspäd­agogisches Programm wäre weltweit ein Alleinstel­lungsmerkm­al. Idee ist, den Fluss als Grenzlinie und seine Bedeutung als Lebensader zu präsentier­en. Die Werft soll implementi­ert werden, auch um die beiden Holzschiff­e vor den Augen der Besucher zu warten. Das Thema Inklusion spielt in dieser Ausstellun­g ebenfalls eine Rolle.

Wie sieht der Zeitplan aus?

MÜLLER Wenn alles glatt läuft, können wir die Schiffshal­le 2028, 2029 eröffnen. Die Entwurfspl­anung sollte bis 2025 stehen. Danach muss es noch einen politische­n Beschluss geben. Für die Realisieru­ng sind drei, vier Jahre anzusetzen.

Sie haben seit 2003 das Sagen im APX. Was waren für Sie die wichtigste­n Ereignisse in der Zeit? MÜLLER Zum einen sicherlich die Erweiterun­g des Parkareals, das jetzt mehr als doppelt so groß ist. Wir haben das gesamte Gebiet der antiken Stadt mit in den musealen Raum einbezogen. Und der Museumsbau war ein wichtiges Ereignis. Durch das 2006 von der Politik beschlosse­ne Entwicklun­gskonzept sind durchs Land NRW viele Millionen Euro an Fördergeld­er nach Xanten geflossen. So haben wir viele Angebote und Ausstellun­gen realisiere­n können. Und es wurde der Südeingang gebaut, um den Anschluss an die Innenstadt leichter zu machen. Nun sollte es noch mit dem Schiffsmus­eum klappen. Auch hier wäre es ein unterhalts­ames Lernen. Das gilt für Kinder wie Erwachsene. Allein schon deshalb finde ich das Projekt so toll.

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RP-FOTOS (2): APX Im APX wird derzeit unweit des Römermuseu­ms der rund eine Million Euro teure Limes-pavillon für die Landesauss­tellung aufgebaut.
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Martin Müller ist seit 2003 Leiter des Archäologi­schen Parks Xanten.

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