Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
So läuft’s mit dem fairen Handel
Schon seit November 2009 trägt die Kommune den Titel Fairtrade-town, den sie damals als achte Stadt in Deutschland erhielt. Inzwischen wurde diese Auszeichnung, die an Erfüllung bestimmter Kriterien gebunden ist, 735 Mal vergeben.
DINSLAKEN Der Gedanke des fairen Handels hat in Dinslaken eine lange Tradition. Schon über 40 Jahre existiert die Eine-welt-gruppe, die ihren kleinen Laden an der Duisburger Straße 43 in der Altstadt betreibt. „Obwohl unser Eine-welt-laden längst zum Stadtbild gehört, gibt es immer noch Menschen, die uns nicht kennen“, sagt Edith Bruckwilder, Vereinsvorsitzende und Aktive der ersten Stunde. Wer dann aber mal in dem kleinen Geschäft eingekauft hat, kommt oftmals immer wieder und gehört dann irgendwann zur Stammkundschaft. Seinen treuen Kunden verdankt es der Eine-welt-laden, der auch in der von Corona bestimmten Zeit geöffnet haben darf, weil er zu den Lebensmittelgeschäften zählt, dass er bislang gut durch die Pandemie gekommen ist. So konnten Umsatzrückgänge zu Beginn der der Corona-krise in den letzten Monaten des vergangenen Jahres ausgeglichen werden.
Kaffee, Honig, Tee und etwa 30 Sorten Schokolade zählen zu den Rennern bei den fair gehandelten Produkten, die im Eine-welt-laden angeboten werden. Edith Bruckwilder und auch ihre beiden engagierten Mitstreiterinnen, Doris Regorz und Bärbel Wischert-zinnecker, haben festgestellt, dass die Sensibilität der Menschen für fairen Handel gewachsen ist. „Die Kunden fragen nach der Herkunft der Ware, wollen fair gehandelte Produkte und interessieren sich auch für die Produktionsbedingungen“, wie Bruckwilder berichtet. Die Kunden seien bereit, etwas mehr für fair gehandelte Waren als für ähnliche Produkte aus dem Supermarkt zu bezahlen.
Zu den Stammkunden des Eine-welt-ladens gehören die Stadt Dinslaken sowie etliche Kirchengemeinden, besonders viele evangelische. „Die Dinslakener Stadtverwaltung ist ein guter Kunde und bestrebt, den fairen Handel zu unterstützen“, bescheinigt Doris Regorz der Kommune. Deren Stabsstelle für nachhaltige Entwicklung unterstütze die Eine-welt-gruppe tatkräftig und beziehe viele Produkte vom Eine-welt-laden.
„Die Tischwäsche der Stadt Dinslaken stammt beispielsweise aus dem fairen Handel. Auch fair gehandelter Kaffee ist in der Verwaltung im Einsatz“, berichtet Marcel Sturm, Sprecher der Stadt Dinslaken. Die Stadtinformation bietet Kunden den Din-kaffee im Lesegarten an und verkauft zudem faire Merchandise-artikel: wie die faire Dinslakener Schokolade „Schokokunst“, Turnbeutel und Einkaufstaschen mit der Stadtsilhouette. „Im November 2020 wurden die Azubis der Stadtverwaltung über faire Beschaffung geschult – online durch das Netzwerk Faire Metropole Ruhr mit einem Rechtsexperten zum Thema“, so Marcel Sturm weiter. Die Eine-welt-gruppe ist Teil der lokalen Agenda in Dinslaken und ebenfalls Mitglied im Agenda-rat und bringt so ihre Themen und Anliegen in die Stadtpolitik und den Rat ein. Es gibt eine Netzwerkgruppe zum fairen Handel, aus deren Engagement das Faire Kultur-café hervorgegangen ist, das einmal im Jahr an den Din-tagen veranstaltet wird. Kooperationspartnerin ist hier die Bäckerei Schollin.
„In Dinslaken gibt es die erste faire Kita in NRW mit der Villa Kunterbunt, die den fairen Handel als einen Baustein ihres Bildungskonzeptes hat“, erläutert Stadtsprecher Marcel Sturm. Das städtische Jugendzentrum P-dorf bietet faire Produkte zum Kauf in seinem Kiosk an und hat den fairen Handel in seine Bildungsarbeit aufgenommen, zum Beispiel durch Beteiligung an der Fairen Woche.
Der Gedanke des fairen Handels ist auch in der Dinslakener Politik verankert. So hat der Stadtrat wegweisende Beschlüsse für den fairen Handel in Dinslaken gefasst. Dazu gehört auch die 2009 getroffene Entscheidung, dass die Kommune sich um den Titel Fairtrade Town bewerben sollte, den sie auch erhielt. Die Wiederzertifizierung als Fairtrade-kommune steht an und wird auch angestrebt. Mit der Magna Charta 2010 wurde eine Erklärung gegen ausbeuterische Kinderarbeit und für faire Beschaffung verabschiedet. 2015 beschloss der Rat die Agenda 2030 mit den 17 Un-nachhaltigkeitszielen. 2018 verabschiedete der Rat eine Nachhaltigkeitstrategie. Anfang dieses Jahres unterzeichnete Bürgermeisterin Michaela Eislöffel die Resolution „Kommunen für ein starkes Lieferkettengesetz in Deutschland“, in der die Bundesregierung aufgefordert wird, umgehend zu handeln und international anerkannte Menschenund Umweltrechte zu schützen.