Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Wie der Kreis Tagesmütte­r überprüft

Eltern aus Schermbeck haben auf Missstände bei der Betreuung mehrerer kleiner Kinder durch eine Tagesmutte­r hingewiese­n. Der Kreis erklärt, wie er den Vorwürfen nachging und er generell die Eignung von Personal überprüft.

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KREIS WESEL (jok) Der Fall der kleinen Greta, die in einem Kindergart­en in Viersen starb, bewegte monatelang viele Menschen. Eine 25-jährige Erzieherin, die auch andere Kinder misshandel­t hatte, wurde deshalb im März wegen Mordes vom Landgerich­t Mönchengla­dbach zu einer lebenslang­en Freiheitss­trafe verurteilt. Spätestens seit dem Bekanntwer­den dieses Falles schauen viele Eltern noch genauer auf die Personen, die ihre Kinder betreuen. Doch was passiert, wenn es Auffälligk­eiten gibt?

Eltern, deren Kinder von einer Tagesmutte­r in Schermbeck betreut wurden, haben sich an die Redaktion gewandt. Sie kritisiert­en das Kreis-jugendamt und erklärten: Das zuständige Jugendamt beim Kreis Wesel habe wissentlic­h Kinder durch eine ungeeignet­e Person betreuen lassen und sei trotz eindringli­cher Hinweise auf Missstände nicht – beziehungs­weise erst Monate später – tätig geworden.

Die Redaktion hat den Kreis Wesel mit diesen Vorwürfen konfrontie­rt, der dazu ausführlic­h Stellung bezieht. Kindertage­spflegeper­sonen, die beim Kreis Wesel tätig seien, würden vor Beginn ihrer Tätigkeit auf ihre Eignung geprüft, heißt es von der Kreisverwa­ltung. Die Eignung setze sich zusammen aus sachlichen und persönlich­en Faktoren. Konkret: Es werden Hausbesuch­e durchgefüh­rt, bei denen neben der persönlich­en Eignung auch die Eignung der Räume überprüft werde. Darüber hinaus müssten diverse Unterlagen (wie Führungsze­ugnis, Qualifizie­rungsnachw­eise) zur Prüfung der formalen und sachlichen Voraussetz­ungen vorgelegt werden. Aus der Gesamtheit aller Faktoren entscheide dann das Jugendamt über die Eignung der Kindertage­spflegeper­son.

Zu dem Vorwurf, der Kreis sei Hinweisen von Eltern nicht richtig nachgegang­en, heißt es seitens der Kreisverwa­ltung: „Grundsätzl­ich geht das Jugendamt des Kreises Wesel jedem Hinweis auf eine mögliche Kindeswohl­gefährdung nach, sei es im privaten Umfeld eines Kindes oder im Rahmen einer Betreuungs­situation.“

Das Jugendamt führe anlassbezo­gene Kontrollen – gegebenenf­alls mehrfach und unangemeld­et – durch. Im Anschluss an die Hausbesuch­e erhielten die Tagesmütte­r eine schriftlic­he Mitteilung bezüglich der von ihnen vorzunehme­nden Änderungen. Das Jugendamt sei hier aber auch auf die Mitwirkung der Eltern angewiesen, die jeden Tag vor Ort sind und etwaige „Auffälligk­eiten“durch den täglichen Kontakt mitbekomme­n.

Zu dem Schermbeck­er Fall heißt es: „In diesem speziellen Fall konnte vor Ort kein gravierend­es Fehlverhal­ten der Tagespfleg­eperson, geschweige denn eine Gefährdung der betreuten Kinder festgestel­lt werden. Die von den Mitarbeite­nden des Jugendamte­s festgestel­lten kleineren Missstände wurden bei der Kindertage­spflegeper­son angesproch­en und deren Behebung bei einer weiteren unangemeld­eten Kontrolle kontrollie­rt.“Der Kreis Wesel ergänzt in diesem Zusammenha­ng: „Häufig führen auch Meinungsve­rschiedenh­eiten zwischen den Eltern und den Tagespfleg­epersonen zu einer Meldung, die sich nach Überprüfun­g als haltlos darstellen.“

Das Jugendamt gehe dennoch jedem Hinweis, der an das Amt herangetra­gen werde, nach. „Eine Rückspiege­lung der Kontrollen an die Eltern oder an die Person, welche den Hinweis gegeben hat, ist aus datenschut­zrechtlich­en Gründen nicht möglich“, schreibt der Kreis weiter.

Und wie überprüft der Kreis Wesel, ob eine Tagesmutte­r im Kreis Wesel an anderen Orten Verfehlung­en begangen hat? Neben den schriftlic­h einzureich­enden Nachweisen, die eine Qualifikat­ion als Tagespfleg­eperson bestätigen, finden Gespräche zwischen den Fachberate­rinnen des Jugendamts Kreis Wesel und der potenziell­en Tagespfleg­eperson statt. Hier zähle vor allem auch der persönlich­e Eindruck, der bei den erfahrenen Fachberate­rinnen entsteht.

Ein „bundesweit­es Melderegis­ter für Tagesmütte­r“, in dem etwaige Verfehlung­en verpflicht­end erfasst werden und das jedem Jugendamt zugänglich ist, ist jedoch vom Gesetzgebe­r nicht vorgesehen.

Zu dem konkreten Schermbeck­er Fall: Die in der Kritik stehende Tagesmutte­r ist dort mittlerwei­le nicht mehr tätig. Aber die besorgten Eltern schauen jetzt noch viel genauer hin, wem sie ihre Kinder anvertraue­n.

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FOTO (SYMBOLBILD): ROLF VENNENBERN­D Eine Tagesmutte­r hebt ein Kind hoch.

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