Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Ein Akt der Frechheit
Ein Arzt impft an einem Sonntagnachmittag 200 Personen. Abstrakt betrachtet ist dies eine gute Nachricht. Wieder 200 Menschen mehr, die gegen Covid-19 geschützt sind, denen keine schweren Krankheitsverläufe drohen. Wieder ein Schritt mehr, um die Pandemie zu überwinden. Der Arzt, ein Allgemeinmediziner mit Praxis in Schermbeck, sagt, er wollte verhindern, dass Impfstoff verdirbt und weggeworfen werden muss. Also, lieber 200 Menschen in Hecheltjens Festscheune impfen. Oder?
Nein, es war kein Akt der Barmherzigkeit, der sich am Sonntag in Hamminkeln-havelich zugetragen hat. Es war, trotz allem, ein Akt der Frechheit. Der Arzt hat sich in einer Art Selbstermächtigung zum Impf-ritter aufgeschwungen. Eine Rolle, die ihm nicht gebührt, die man ihm dringend verweigern muss.
Zwei Vergehen werden ihm angelastet: dass er Menschen außerhalb der Priorität geimpft hat und dass er ursprünglich pro Spritze 80 Euro haben wollte. Beides ist, da muss man dem Nrw-gesundheitsministerium recht geben, völlig inakzeptabel. Der Impf-prozess ist so streng reguliert, so ernsthaft ausgewogen, um alle Interessen und Bedürfnisse zu respektieren und auszugleichen. Diese Regeln sind keine freundlichen Empfehlungen, sondern bindend. Ein Arzt darf sich nicht über sie hinwegsetzen. Er hätte dringend Rücksprache mit dem Kreis Wesel halten müssen, wenn er die von ihm bestellten 600 Impfdosen nicht gänzlich los wird.
Zur Frage des Geldes: Ja, dem Arzt sind Kosten entstanden. Sie wären allerdings nicht entstanden, wenn er die ordnungsgemäßen Wege eingehalten hätte. 80 Euro pro Impfung von den beteiligten Firmen zu verlangen, zeugt von einer gewissen Instinktlosigkeit. Die Schutzimpfungen sind für Bürger kostenlos, die Abrechnung erfolgt auf anderem Wege. Dass er das Geld nun vom Kreis verlangt, ist absurd – und skrupellos.