Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Viel Respekt für die „Flintenweiber“
Als sich vor 50 Jahren die erste Damen-schützengruppe beim BSV Möllen gründete, reagierten viele Männer mit Ablehnung. Heute sind die Schützinnen längst fester und geachteter Teil des Vereinslebens. Doch bis dahin war es ein steiniger Weg.
Vor 50 Jahren gründete sich die erste Damen-schützengruppe beim BSV Möllen. Doch bis sie akzeptiert wurde, war es ein steiniger Weg.
VOERDE Bereits seit 50 Jahren gibt es beim BSV Möllen den Damen-schießsport. Zum diesem Jubiläum soll die Entwicklung und Akzeptanz der Damengruppe die Aufmerksamkeit erfahren, die sie verdient.
Denn als 13 befreundete Frauen im Jahr 1971 die Damenschießgruppe beim BSV Möllen gründeten, war von Gleichberechtigung keine Spur. Die Männerdomäne Schießsport fühlte sich gekränkt und stempelte die motivierte Gruppe als „Flintenweiber“ab. Der Spott allein war nicht alles, denn auch rein rechtlich ging es alles andere als fair zu. Die Frauen wurden keine stimmberechtigten Vollmitglieder, sondern stellten bei Versammlungen eine Damenleiterin, vertretend für die gesamte Abteilung.
„Wir haben“, weiß Inge Nuyken, die zu den ersten Schützinnen in Möllen gehörte, „nie darüber nachgedacht, damit aufzuhören oder uns zu verändern. Wir sind stark geblieben und haben uns unseren Platz im Verein über die Jahre erarbeitet.“Starke Worte von einer Frau, die samt ihrer Mitstreiterinnen jahrelang in einem Verein alles andere als Gleichberechtigung erfahren hat.
Auch die Trainingsmöglichkeiten waren zunächst begrenzt. Während die Herren am Schießstand im Wohnungswald mit Kleinkaliber-waffen trainierten, durften die Damen erst ab 1974 dorthin. Ihnen war vorher ausschließlich der Umgang mit dem Luftgewehr in einem Saal in der Gaststätte Korfkamp an der Rahmstraße erlaubt. Dort gab es mobile Schießstände, die aufwendig aufund abgebaut werden mussten. Dagegen sind die heutigen Anlagen auf der Schießanlage im Wohnungswald purer Luxus. An elektronischen Anlagen, die über Computer gesteuert werden, konnte zu dieser Zeit noch niemand denken.
Die äußeren Umstände, egal ob auf oder neben der Schießanlage, entmutigte die Damen aber zu keinem Zeitpunkt. Im Gegenteil. Wenn Inge Nuyken über die vielen Jahre beim BSV berichtet, fallen meist Wörter wie Spaß, Freude oder Hobby. Die Damen fanden schnell Gefallen an dem Sport, trainierten fleißig und wuchsen zu einer echten Einheit heran. Aber nicht nur der Zusammenhalt als solcher wuchs, sondern auch die Anzahl und die Akzeptanz.
Heute gibt es beim BSV 21 Schützinnen. Die Zahlen schwanken, wie Nuyken erklärt: „Es kommen welche dazu, aber aus Altersgründen verlassen uns natürlich auch immer mal wieder ein paar Damen.“Zum Glück etwas weniger schwankend verläuft die Rechteverteilung im Verein. „Heute gibt es keine Unterschiede mehr zwischen Frauen und Männern hier im Verein“. Bis dahin war es für die Damen jedoch ein harter Weg.
Wie erwähnt, zählten Frauen zunächst nicht als Vollmitglieder, sondern wurden durch eine Damenleiterin vertreten. Ganze 13 Jahre bekleidete Inge Nuyken dieses Amt, weitere acht fungierte sie als Stellvertreterin. Sie weiß also nur zu gut um die schweren Zeiten als Frau im Schießsportverein. Mit der Zeit entwickelten sich beim BSV aber die Möglichkeiten der Frauen, auch mit Blick auf Wettkämpfe. Nach zwei Jahren Zugehörigkeit durften die Damen erstmals am Eröffnungsschießen teilnehmen. Allerdings auch nicht ganz ohne Beigeschmack, denn die Auszeichnungen für die Preisträgerinnen mussten sie selber beschaffen. Eine Uniform in Form einer grünen
Weste gab es für die Damen erstmals 1976. Diese wurden 1983 kurzzeitig gegen graue Jacken getauscht, jedoch waren die Passformen trotz der Arbeit eines Schneiders nicht ideal und die Damen kehrten zum alten Grün zurück.
Wer schon gut schießen kann, seit über zehn Jahren im Verein ist und die entsprechende Kleidung trägt, hatte aber auch Mitte der 80er-jahre noch lange nicht alle Rechte. Im Jahr 1984 durften die Damen erstmalig an einem Umzug teilnehmen. Der erste Marsch wurde den Damen dann 1989 im Rahmen des 125-jährigen Jubiläums gestattet, zwei Jahre später wurden sie dann auch fester Bestandteil der Schützenkompanie. Im Jahr 1994 wurden die Damen schließlich Vollmitglieder im Verein. Dann wurde nur noch im Vogelschießen getrennt. Ein Umstand, der sich aber auch einige Zeit später – nämlich im Jahr 2000 – ändern sollte. Seitdem ist es auch den Damen erlaubt, die „Königswürde“zu erlangen.
Der heutige Standard beim BSV ist also über viele Jahre hart erarbeitet worden. Die Damenschießgruppe ist ein ebenso wichtiger wie fester Bestandteil im Club. Zudem stellen die Damen auch Vertreterinnen auf sämtlichen Ebenen und sind als feste Stützen im Verein nicht mehr wegzudenken. Ein steiniger Weg hin zur Gleichberechtigung, der viel zu lang, aber dennoch lohnenswert war.
Inge Nuyken blickt auch heute zufrieden auf die vielen Jahre beim BSV zurück: „Ich denke immer noch gerne an die vergangene Zeit und die schönen Momente, die wir miteinander hatten. Auch wenn es nicht immer einfach war, so hat es mir immer sehr viel Spaß bereitet.“Das Vereinsleben soll auch für sie bald wieder aufleben.