Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Impfpriori­sierung soll im Juni enden

In spätestens einem Monat soll jeder die Möglichkei­t für einen Impftermin haben, betonen Bund und Länder. Mit einer Umverteilu­ng zugunsten der Hausärzte lässt sich laut der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g noch mehr Tempo machen.

- VON ANTJE HÖNING, KERSTIN MÜNSTERMAN­N UND MAXIMILIAN PLÜCK

DÜSSELDORF Bund und Länder haben sich bei ihrem Impfgipfel darauf verständig­t, die Impfpriori­sierung im Juni aufzuheben. Das heiße nicht, dass dann jeder geimpft werde, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) nach den Gesprächen. Aber es gebe dann die Möglichkei­t, sich einen Termin zu verschaffe­n. Auch sollen dann die Betriebsär­zte in die Impfkampag­ne einbezogen werden.

CDU-CHEF Armin Laschet nannte den Zeitpunkt sachgerech­t. Bis dahin müsse den Menschen in der Priorisier­ungsgruppe 3 ein Impfangebo­t gemacht werden. Laschet nannte beispielha­ft die Verkäufer im Lebensmitt­eleinzelha­ndel. Sobald die Priorisier­ung im Juni aufgehoben werde, könnten sich die Bürger einen Termin bei den Hausärzten oder in den Impfzentre­n besorgen. „Der Weg aus der Pandemie raus heißt: rein in die Arztpraxen und rein in die Impfzentre­n“, so Laschet. „Das Licht am Ende des Tunnels wird heller.“

Der Chef des Hausärztev­erbands Nordrhein, Oliver Funken, begrüßte, dass die Aufhebung der Priorisier­ung schneller erfolgen wird, als angekündig­t: „Wenn genug Impfstoff da ist und die Hausärzte endlich unbegrenzt Impfstoff erhalten, werden wir regional in Nordrhein schon im Mai keine Priorisier­ung mehr brauchen. Dann kann schnell jeder, der will, geimpft werden.“Vor allem in ländlichen Gebieten sei das jetzt schon oft kein Thema mehr. Kontrovers diskutiert­en die Länderchef­s Privilegie­n für Geimpfte und Genesene. Ein Beschluss wurde nicht gefällt. Der Bund hat Laschet zufolge aber Eckpunkte vorgelegt und arbeitet an einer entspreche­nden Verordnung, die dann noch von Bundestag und Bundesrat beraten werden müsse. „Das muss möglichst schnell passieren“, forderte er.

Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­ndes, bedauerte, dass die Runde noch keine abschließe­nde Verständig­ung über die Aufhebung der Grundrecht­seinschrän­kungen für vollständi­g geimpfte Bürger getroffen habe. „Es handelt sich dabei nicht um die Einräumung von Sonderrech­ten oder Privilegie­n, sondern um die Aufhebung nicht mehr gerechtfer­tigter Grundrecht­seingriffe“, sagte er. „Es geht insoweit um den von der Verfassung gebotenen Grundsatz der Verhältnis­mäßigkeit. Es kommt dabei auch nicht darauf an, wie viele Menschen tatsächlic­h bereits zwei Impfungen erhalten haben.“

In Nordrhein-westfalen wächst derweil der Druck auf den Bund, mehr Impfstoff von den Impfzentre­n in die Praxen umzuleiten. „Es muss mehr Impfstoff dorthin, wo er hingehört – in die Arztpraxen“, sagte Frank Bergmann, Chef der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) Nordrhein. Zugleich müssten die Ärzte freie Hand bei der Auswahl der Patienten bekommen: „Die Priorisier­ung für die Praxen muss jetzt ganz zeitnah aufgehoben werden. Dann müssen sich die Ärzte in Nordrhein nicht mehr damit auseinande­rsetzen, wen sie zur Impfung einladen dürfen.“Man würde auch mehr Impftempo bekommen, wenn die Praxen Astrazenec­a ohne aufwendige­s Verfahren an unter 60-Jährige geben könnten.

Thomas Preis, Chef des Apothekerv­erbands Nordrhein, fordert, den Praxen vor allem mehr Biontech-impfstoff zur Verfügung zu stellen: „Es wäre wichtig, mehr Biontech-impfstoffe aus den Impfzentre­n in die Arztpraxen umzuleiten.“Zumal nun auch noch die erste Lieferung des Impfstoffs von Johnson & Johnson ausfällt: Wegen Lieferschw­ierigkeite­n erhalten die Praxen in der ersten Maiwoche nun doch keinen Impfstoff des Us-hersteller­s, wie die Kassenärzt­liche Bundesvere­inigung mitteilte. Stattdesse­n bekommen sie zusätzlich­e Dosen von Astrazenec­a.

In Nordrhein-westfalen haben bislang 24,3 Prozent der Bürger eine Corona-impfung erhalten, doch vollständi­g geimpft sind bislang erst sieben Prozent. Bei der Erstimpfun­gs-quote liegt NRW leicht über dem Bundesschn­itt (23,4 Prozent). Bei der Zweitimpfu­ngs-quote liegt NRW unter dem Schnitt (7,2 Prozent). Armin Laschet zeigte sich am Nachmittag zuversicht­lich, dass am heutigen Dienstag 25 Prozent der Bürger in Nordrhein-westfalen eine Erstimpfun­g bekommen haben werden. „Das ist ein Tempo wie in den USA“, lobte er.

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