Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
EU verklagt Astrazeneca
Seit Monaten streiten Brüssel und der Hersteller über fehlenden Impfstoff.
BRÜSSEL (dpa) Im Streit über ausbleibende Impfstofflieferungen hat die Eu-kommission den britisch-schwedischen Hersteller Astrazeneca verklagt. Die 27 Eu-staaten tragen das Verfahren mit, wie die Brüsseler Behörde am Montag mitteilte. Ein erster Termin vor einem belgischen Gericht sei bereits für Mittwoch geplant. Astrazeneca nannte den Rechtsstreit unbegründet. Zugleich begrüße man die Chance, die Auseinandersetzung schnell beizulegen, erklärte das Unternehmen. Der Hersteller hatte die Lieferungen von Corona-impfstoff an die Europäische Union in den vergangenen Monaten einseitig drastisch gekürzt. Im ersten Quartal gingen nur 30 Millionen statt 120 Millionen Impfdosen an die 27 Staaten. Für das zweite Quartal werden nach jüngsten Angaben 70 Millionen Dosen erwartet. Ursprünglich waren 180 Millionen vereinbart. Aus Sicht der Eu-kommission verstößt der Hersteller damit gegen einen Rahmenvertrag vom August 2020.
Mit der Klage wolle man zunächst die eigenen Forderungen gerichtlich feststellen lassen, hieß es aus der Eu-kommission. Denn der Vertrag enthält zwei zwischen den Partnern umstrittene Klauseln: Zum einen heißt es, das Unternehmen müsse „best reasonable efforts“zur Erfüllung der Zusagen unternehmen – zu deutsch in etwa „alle vernünftigen Anstrengungen“. Astrazeneca argumentiert, man habe sich daran gehalten; die Eu-kommission sieht das anders.
Der zweite Punkt: Astrazeneca sichert im Vertrag zu, dass keine anderen Verpflichtungen gegenüber Dritten der Erfüllung entgegenstehen. Die Eu-kommission wirft dem Unternehmen jedoch vor, einen Vertrag mit Großbritannien bevorzugt bedient zu haben. Großbritannien war von Astrazeneca-lieferproblemen kaum betroffen.wegen des Streits hatte die EU einen Export-kontrollmechanismus eingeführt.
Inzwischen wird der Impfstoff von Astrazeneca in vielen Eu-staaten nur noch eingeschränkt verwendet, weil er in Verbindung mit sehr seltenen Fällen von Hirnthrombosen gebracht wird. Er ist von der EU-ARZneimittelbehörde Ema aber weiter uneingeschränkt freigegeben. Politik