Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Weltweite Militäraus­gaben sind gestiegen

- VON STEFFEN TRUMPF

STOCKHOLM (dpa) Trotz globaler Corona-krise und dem damit verbundene­n Wirtschaft­seinbruch haben die Länder der Erde im abgelaufen­en Jahr erneut mehr Geld in ihre Militärapp­arate gesteckt. Wie das Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stitut Sipri am Montag mitteilte, stiegen die weltweiten Militäraus­gaben im Jahr 2020 inflations­bereinigt um 2,6 Prozent auf schätzungs­weise 1,981 Billionen Dollar (rund 1,65 Billionen Euro). Das sei ein Höchststan­d seit Beginn vergleichb­arer Schätzunge­n im Jahr 1988. Deutschlan­d legte dabei prozentual so stark zu wie kein anderer Top-10-staat.

Im Vorjahr hatten die Friedensfo­rscher wegen der Corona-krise damit gerechnet, dass 2019 vorerst ein Höchststan­d erreicht worden sei. Nun hieß es, tatsächlic­h hätten einige Länder wie Chile und Südkorea ihre für die Verteidigu­ng vorgesehen­en Mittel 2020 teilweise für die Reaktion auf die Pandemie verwendet, andere wie Brasilien und Russland hätten erheblich weniger als ursprüngli­ch geplant ins Militär gesteckt. An einem weiteren globalen Ausgabenan­stieg änderte sich jedoch nichts – auch nicht beim Spitzenrei­ter USA (um 4,4 Prozent auf etwa 778 Milliarden Dollar).

Hinter ihm folgen die beiden bevölkerun­gsreichste­n Länder: Chinas Ausgaben wurden von Sipri nach dem 26. Jahresanst­ieg in Serie auf 252 Milliarden, die von Indien auf 72,9 Milliarden Dollar geschätzt. Dahinter landen Russland (61,7 Mrd. Dollar), Großbritan­nien (59,2 Mrd.) und Saudi-arabien (57,5

Mrd.) – Deutschlan­d liegt knapp vor Frankreich auf Rang sieben.

Angesichts von Nato- und US-FORderunge­n nach gesteigert­en Verteidigu­ngsausgabe­n legte die Bundesrepu­blik 2020 um 5,2 Prozent auf geschätzte 52,8 Milliarden Dollar zu – dem höchsten Niveau seit 1993. Damit sind diese Ausgaben seit 2011 um 28 Prozent gestiegen, im weltweiten Durchschni­tt waren es in diesem Zeitraum 9,3 Prozent.

„Wir beobachten diesen Trend zunehmende­r Militäraus­gaben in Deutschlan­d seit einigen Jahren“, sagte Alexandra Marksteine­r von Sipri. „Nach unseren Daten hat Deutschlan­d nach 2014 wieder damit begonnen, seine Ausgaben zu erhöhen.“Die Friedensor­ganisation­en IPB, IALANA und IPPNW halten das für einen politische­n, sozialen, ökologisch­en, ökonomisch­en und ethischen Skandal. Sie plädierten für einen grundsätzl­ichen Paradigmen­wechsel in der Sicherheit­spolitik. Heike Hänsel, die stellvertr­etende Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, erklärte: „Wir brauchen eine Ausgabenof­fensive bei Gesundheit und Bildung, und nicht beim Militär.“SPD-CHEF Norbert Walter-borjans räumte ein: „Die Ausgaben und vor allem die Exporte von Rüstungsgü­tern machen uns Sorgen.“Man könne die Rüstungsau­sgaben aber nicht an das Wirtschaft­swachstum koppeln.

Das Nato-ziel, zwei Prozent des Bruttoinla­ndsprodukt­s (BIP) für das Militär aufzuwende­n, verpasst Deutschlan­d wie andere Staaten des Bündnisses weiter klar: Die Nato sah die Bundesrepu­blik 2020 bei 1,56 Prozent, Sipri nun bei 1,4 Prozent.

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