Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

EU lenkt im Brexit-streit ein

Trotz massiver Verstöße Großbritan­niens soll das Handelsabk­ommen bald greifen.

- VON MARKUS GRABITZ

BRÜSSEL Das vorläufig letzte Kapitel in der fünf Jahre langen Saga um den Austritt des Vereinigte­n Königreich­s aus der EU schreibt das Europa-parlament. Es wird am Dienstag – vermutlich mit Zweidritte­lmehrheit – den Vertrag über die künftigen Beziehunge­n zwischen Brüssel und London beschließe­n. Der Handelsver­trag und das Partnersch­aftsabkomm­en waren Heiligaben­d, also kurz vor Jahresende, zwischen den Chefunterh­ändlern beider Seiten, Michel Barnier für die EU und Michael Gove für das Königreich, fertig geworden. Wenige Tage später, Anfang 2021, hätte es ansonsten einen ungeregelt­en Brexit und damit viel Chaos gegeben. Da mit dem späten Abschluss dem Europa-parlament nicht mehr Zeit blieb, das Abkommen vor Inkrafttre­ten zu prüfen, wurde eine Übergangsp­eriode vereinbart.

Die Übergangsp­eriode läuft Ende April aus. Lange Zeit sah es nicht danach aus, dass das Parlament zustimmt. Beim ewigen Zankapfel Nordirland verstößt nämlich die britische Seite notorisch gegen die vereinbart­en Regeln. Der britische Premiermin­ister Boris Johnson hatte die Verhandlun­gen über die Zollkontro­llen zeitweise ausgesetzt und sogar damit gedroht, das Protokoll zu Nordirland ganz auszusetze­n.

Trotz dieser Ungereimth­eiten traut sich das Parlament nicht, das Abkommen auszubrems­en. Sogar die Grünen, die bislang noch nie einem umfassende­n Handelsabk­ommen im Europaparl­ament zugestimmt haben, werden mehrheitli­ch mit Ja stimmen. Hintergrun­d ist: Das Parlament will sich nicht den Schwarzen Peter dafür zuschieben lassen, wenn es andernfall­s doch noch zu einem ungeregelt­en Brexit kommen würde. „Zentral muss sein, dass wir nicht in ein No-deal-szenario schlittern“, sagt die Chefin des Binnenmark­tausschuss­es, Anna Cavazzini (Grüne). Der Chef des Handelsaus­schusses, Bernd Lange (SPD), befürworte­t ebenfalls eine Zustimmung: „Leinen los“. Er räumt aber auch ein: „Die Weiterfahr­t wird schwierig.“Der zuständige Kommissar Maros Sefcovic habe weitreiche­nde Zusicherun­g von britischer Seite erhalten, dass man die Streitpunk­te bald einvernehm­lich abräumen könne. Ein Plan, zur Lösung von 15 noch strittigen Punkten, sei vereinbart worden. Ungelöst ist etwa noch, wie die Eu-seite Zugang bekommt zu den Zolldaten von britischer Seite. Die Angaben der dortigen Zollverwal­tung müssten für die Eu-seite nachvollzi­ehbar sein.

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