Rheinische Post - Wesel/Dinslaken
Neues Gesetz bringt Huawei in Defensive
Schlechte Nachricht für Telekom, Vodafone und Co.: Der Kauf von Anlagen für die Zukunfttechnik 5G wird schwieriger.
BERLIN Der seit Jahren tobende Streit um Lieferungen von Huawei für das neue 5G-mobilfunknetz in Deutschland endet mit einem vorläufigen Rückschlag für den chinesischen Konzern. Der Bundestag hat in einem am Freitag verabschiedeten „Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme“zwar kein Verbot von Lieferungen des Technikkonzerns ausgesprochen. Er hat aber festgelegt, dass ein Lieferverbot für neue Komponenten möglich ist, wenn ein „Hersteller unmittelbar oder mittelbar von der Regierung eines Drittstaates kontrolliert wird“. Genau dieses Kriterium kann laut Gesetz dazu führen, dass man Lieferungen eines Unternehmens als mögliche „Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ansehen könne.
„Diese Entscheidung bringt starken Gegenwind für Huawei“, sagt der Duisburger Wirtschaftsprofessor Torsten Gerpott. Achim Berg,
Präsident des Digitalbranchenverbandes Bitkom, warnt vor „politisch-regulatorischem Gutdünken“bei künftigen Entscheidungen: „Das Gesetz untersagt zwar nicht, neue Komponenten bei Huawei zu kaufen, aber es macht Einkaufsverbote leicht denkbar. Als Ergebnis werden Telekom, Vodafone oder auch Telefónica keine Alternative haben, als eher bei den anderen Zulieferern wie Ericsson oder Nokia zu bestellen“, sagt Gerpott.
Der wunde Punkt von Huawei ist, dass das Risiko staatlicher Einflussnahme auf das Unternehmen schwer zu leugnen ist. Der Konzern gehört zwar nicht dem von der kommunistischen Partei gesteuerten autoritären Staat sondern den Mitarbeitern, aber im Falle weiterer Konflikte zwischen dem Westen und China könnte Berlin Ernst machen. Der Cdu-bundestagsabgeordnete Christoph Bernstiel kündigte bereits an, er sähe große Probleme für Huawei, falls China weiter „so agiert“wie in Hongkong oder gegenüber der uigurischen Minderheit.
Über künftige Lieferungen wird die nächste Bundesregierung entscheiden müssen. Und während sich die scheidende Bundeskanzlerin Merkel und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (beide CDU) dagegen aussprechen, zu viel Streit mit China zu riskieren, dringen die Grünen als denkbarer künftiger Koalitionspartner auf eine harte Linie. Deren Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock sagte am Wochenende: „Wenn die chinesische Regierung von chinesischen Konzernen, wie von Huawei zum Beispiel, verlangt, europäische Daten und Informationen weiterzugeben, können wir Produkte von solchen Herstellern nicht in europäische Infrastruktur einbauen.“
Tatsache ist zwar, dass es bisher keinerlei Beweise dafür gibt, dass China das Unternehmen Huawei dazu nutzt, um in Europa Spionage zu betreiben. Doch das große Misstrauen der denkbaren Kanzlerin oder zumindest Vizekanzlerin ist frappierend.
Huawei und die Telefonkonzerne versuchen, das Beste aus der Lage zu machen. Huawei betont, jede Initiative für eine höhere Sicherheit der Mobilfunknetze zu unterstützen. Es sei gut, dass es nun „für alle Anbieter höhere und einheitliche Sicherheitsstandards geben“werde. Das Unternehmen habe sich „seit vielen Jahren als vertrauenswürdiger Partner beim Ausbau der Mobilfunknetze und von Festnetzinfrastrukturen bewährt und etabliert“. Dies wolle man bei 5G fortführen.
Obwohl Telekom, Vodafone und Telefónica Huawei sehr schätzen, nehmen sie wegen des Drucks der Politik Komponenten des Unternehmens nicht in das Kernnetz des 5G-netzes auf. 5G-funkstationen von Huawei wollen sie alle aber nutzen, weil diese leistungsfähig und preisgünstig sind. Gleichzeitig wollen die Telefonkonzerne einen offenen Standard für den Bau dieser Funkstationen durchsetzen, um die Preise zu senken und um mehr Auswahl zu haben. Das soll die Marktmacht von Huawei abschwächen, aber auch die von Nokia aus Finnland sowie Ericsson aus Schweden.