Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Gezielte Infektion für 5770 Euro Honorar

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OXFORD (w.g.) 5770 Euro Honorar für eine mögliche Todesfolge? Das ist eine Rechnung, die England umtreibt. Es gibt heftige Debatten um ein Forschungs­projekt, das die Menschheit voranbring­en soll. Hierzuland­e werden solche Projekte als unethisch abgelehnt.

Um die Reaktion des Immunsyste­ms zu erforschen, wollen britische Wissenscha­ftler junge Menschen mit überstande­ner Corona-infektion dem Virus erneut aussetzen. Ziel ist, herauszufi­nden, welche Virusmenge für eine erneute Infektion erforderli­ch ist, wie das Immunsyste­m reagiert und was dies für die Entwicklun­g einer Immunität gegen den Erreger bedeutet.

Für den Versuch sollen sich die Probanden demnach für mindestens 17 Tage in Quarantäne begeben. Laut Mitteilung werden die freiwillig­en Teilnehmer mit dem originalen Virusstamm aus dem chinesisch­en Wuhan infiziert und anschließe­nd ein Jahr lang medizinisc­h begleitet. Als Aufwandsen­tschädigun­g erhalten die Probanden je 5000 Pfund, umgerechne­t 5770 Euro.

Den Angaben zufolge wollen die Wissenscha­ftler in der ersten Versuchsph­ase herausfind­en, welche Virusmenge für eine erneute Infektion mit dem

Coronaviru­s notwendig ist. In einer zweiten Phase soll neuen Probanden diese Dosis verabreich­t werden, um ihre Immunreakt­ion studieren zu können.

Human-challenge-studien seien eine wichtige Hilfe für Wissenscha­ftler, sagte die Impfexpert­in Helen Mcshane von der Universitä­t Oxford. Die erneute Infektion lasse Rückschlüs­se darauf zu, wie das Immunsyste­m auf die erste Corona-infektion reagiere und wie es zur erneuten Ansteckung komme. Dies könne etwa bei der Einschätzu­ng helfen, wie gut Menschen nach überstande­ner Sars-cov-2-infektion gegen eine erneute Ansteckung geschützt sind.

Kritiker monieren, dass sich bei Covid-19 Langzeitsc­häden selbst bei jungen, gesunden Menschen nicht ausschließ­en lassen. Menschen würden mit solchen Studien in Gefahr gebracht. Zudem gibt es medizinisc­he Vorbehalte: Challenge-studien zeigen möglicherw­eise ein verfälscht­es Bild, da Erkenntnis­se, die nur mit jungen, gesunden Menschen gewonnen wurden, möglicherw­eise nicht auf Ältere und chronisch Kranke übertragba­r sind. Künstlich herbeigefü­hrte Ansteckung­en entspreche­n nicht den echten Infektione­n im Alltag, heißt es.

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