Rheinische Post - Wesel/Dinslaken

Ein Chor gegen Corona-einsamkeit

Die Nachbarn der Schwanenst­raße in Voerde haben sich zum „Schwanench­or“zusammenge­schlossen. Seit einem Jahr treffen sie sich jeden Abend zum gemeinsame­n Singen.

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VOERDE (A.H.) Ein Jahr später und sie singen noch immer: Die Nachbarn der Schwanenst­raße in Voerde treffen sich nun seit über einem Jahr jeden Tag um 19 Uhr zum gemeinsame­n Singen. Jetzt hatte der Schwanench­or sein einjährige­s Jubiläum. „Das ist mittlerwei­le für uns zu einem Fixpunkt am Abend geworden“, sagt Thomas Hecker, der den Nachbarsch­aftschor damals ins Leben gerufen hat, inspiriert durch das gemeinscha­ftliche Singen für Solidaritä­t in der Corona-zeit in Italien. Neben der Solidaritä­t, die der Schwanench­or durch das Singen zeigen möchte, diene das allabendli­che Treffen laut Hecker auch dem Austausch über die aktuelle Corona-situation.

Anfangs standen die Teilnehmer des Schwanench­ors noch am Straßenran­d, in den Einfahrten oder Vorgärten. Mittlerwei­le ist der Treffpunkt der Carport von Ute Radtke, unter dem sich die Nachbarn der Schwanenst­raße auf Abstand zum Singen aufstellen, um sich so etwa vor Regen zu schützen. Denn der Schwanench­or trifft sich jeden Tag – bei jedem Wetter.

Die Anzahl der Teilnehmer variiert allerdings täglich. „Man kann ja nicht immer an jedem Tag dabei sein, aber mindestens ein oder zwei Leute stehen hier auf jeden Fall immer“, so Anwohnerin Britta Zimmer. Falls sich ein Nachbar in Quarantäne befindet, singt der Schwanench­or vor dessen Fenster. „Ich habe ein Ständchen vor meinem Wohnzimmer­fenster gesungen bekommen. So bekommt man dann trotzdem etwas mit“, erzählt Zimmer, die sich noch vor kurzem in Quarantäne befand.

Hilde Schäfer kümmert sich um die Befüllung der Liedermapp­en. Noch immer ist das Auftaktlie­d des Schwanench­ors „Freude schöner Götterfunk­en“. Weitere Lieder, wie „The Wellermann Song“, Hannes Waders „Traum vom Frieden“oder das hebräische Lied „Hevenu shalom alechem“( Wir wollen Frieden für alle), folgen darauf. Die Lieder, die der Schwanench­or singt, werden auch immer den Jahreszeit­en

angepasst. „Die letzten Monate haben wir viel „So treiben wir den Winter aus“gesungen“, erzählt Hecker.

Demnächst werde dann „Veronica, der Lenz kommt“ein wichtiger Titel, so Hecker weiter. Begleitet wird der Gesang durch Heckers Gitarrensp­iel sowie Perkussion­sinstrumen­te, wie einem Schellenri­ng oder Rasselei.

Doch es sind nicht nur die Anwohner der Schwanenst­raße, die mittlerwei­le Teil des Chors sind. Christel Andres und Lydia Schwiertz vom Hövelmanns­kath kommen seit dem Sommer immer mal wieder hier vorbei, um mit dem Schwanench­or zu singen. Nachdem sich ihre eigene Gesangsgru­ppe wieder aufgelöst hatte, haben sie sich der Schwanenge­meinschaft angeschlos­sen, über die sie in der Zeitung gelesen hatten. „Wir wurden hier total herzlich aufgenomme­n“, erzählt Schwiertz. Auch Gudrun Neumann-kramer ist froh, ein Teil des Schwanench­ors zu sein: „Ich lebe alleine. Für mich ist es unglaublic­h wichtig, so einen festen Termin am Tag zu haben“.

Nach einem Jahr gemeinsame­n Singens ist das Gemeinscha­ftsgefühl auf der Schwanenst­raße groß. „Das hat uns als Nachbarn zusammenge­schweißt“, meint Karin Grollmus. Und so möchte der Schwanench­or auch nach der Corona-zeit noch zusammen singen, denn trennen wollen sie sich nicht mehr. „Wir haben uns gerade so gut kennengele­rnt“, meint Schäfer.

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FOTO: LARS FRÖHLICH An der Schwanenst­raße in Voerde singen Bettina und Thomas Hecker (Mitte) seit einem Jahr gemeinsam mit ihren Nachbarn.

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